Druckartikel: Die Hand am Steuer

Die Hand am Steuer


Autor: Diana Fuchs

Geiselwind, Dienstag, 10. Mai 2016

Vom Bauern zum Großunternehmer: Anton Strohofer über Liebe, Geld, Mut und Demut
Herlinde und Anton Strohofer.


Er lenkt die Dinge mit Wagemut und Weitblick. Der Mann am Steuer ist Anton „Toni“ Strohofer, Begründer des Strohofer-Imperiums an der A3, Ausfahrt 76, Geiselwind. Fast 200 Hektar umfasst das Strohofer-Areal entlang der Autobahn. Beim Besichtigungstermin tritt der Seniorchef aufs Gaspedal.

Der Feldweg ist steil und schräg. Andere würden ihn höchstens mit dem Unimog befahren. Toni Strohofer scheucht seinen Mercedes hinauf. Wenn der Beifahrer sich am Türgriff festkrallt, grinst der Unternehmer wie ein Lausbub. Auf dem Hügel oberhalb der Autobahnausfahrt, die eine Riesenbaustelle ist, weil die A3 auf sechs Spuren erweitert wird, blickt Strohofer hinab. „Was der Nil für die Ägypter, ist die A3 für die Familie Strohofer.“

1962 hat alles begonnen. Damals stand fest: Die A3 wird genau durch die landwirtschaftliche Fläche „Goldacker“ führen. Ein Fluch? Nicht für Toni und Herlinde Strohofer. Die beiden kannten sich aus der Schulzeit, hatten 1960 geheiratet. „Den Kopf in den Sand zu stecken, kam für uns nicht in Frage.“ Die Strohofers bauten einen Autohof mit Rastanlage, Tankstelle, Lkw-Stellplätzen, Werkstatt, Hotel und Event-Halle, der sich zu einem der größten in Europa entwickelte.

Ihr Vater ist aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zurückgekehrt. Sie waren 14 Jahre alt, also auch ihr älterer Bruder Hans starb. Nun mussten plötzlich Sie den elterlichen Hof übernehmen. War das nicht eine riesige Bürde?

Anton Strohofer: Wenn man so etwas als Bürde sieht, dann wird es nichts. Natürlich frage ich mich, wo in der Welt ich wohl gelandet wäre, wenn der Hans nicht verunglückt wäre. Ich hatte ja schon den Ausbildungsvertrag zum Elektriker in der Tasche. Aber wissen Sie was? Ich habe damals nicht lange gezögert, sondern gesagt: Wenn es so sein soll, dann mach' ich eben Bauer.

Sie haben aber nicht einfach nur „Bauer gemacht“. Durch Pacht und Flächenkauf haben Sie den Hof stetig vergrößert, „Urlaub auf dem Bauernhof“ angeboten, erfolgreich Bullen gezüchtet...

Ich mach' aus allem was. Ich glaube, wenn man vom Leben früh geprägt wird, ist man mit 14 schon ein Stück weiter als andere, die mit 40 noch nicht wissen, wohin die Reise gehen soll. Für mich ist Geldverdienen keine Schande, egal, ob als Bauer oder Unternehmer. Man braucht allerdings eine Familie, die zusammenhält, und die richtige Frau an seiner Seite: eine, die Visionen mit in die Tat umsetzt. So wie meine Herlinde.

Sie sind seit 55 Jahren verheiratet – und offenbar auch noch glücklich und zufrieden. Respekt!

Ja, wir sind jetzt beide 75 und seit 55 Jahren verheiratet. Wir haben fünf Kinder, 18 Enkel, sechs Urenkel. Zum 55-jährigen Ehejubiläum hab' ich meiner Frau 50 rote Rosen und fünf weiße geschenkt. Die fünf weißen standen für die fünf wunderbaren Kinder, die sie mir geschenkt hat.

Ihre Töchter Manuela und Ruth arbeiten im Unternehmen mit; Emil und Angelika haben eigene Geschäftsideen umgesetzt. Wo ist Ihr fünftes Kind?

Anton ist als junger Mann bei einem Autounfall tödlich verletzt worden. Er war wohl kurz unaufmerksam, kam aufs Bankett... In der folgenden Nacht ist er im Krankenhaus gestorben. Ich sage trotzdem immer, dass wir fünf Kinder haben, denn so ist es ja auch. Für uns Eltern war das natürlich ein schreckliches Erlebnis, das nicht in den Kleidern hängen bleibt.

Wie haben Sie den Tod Ihres Kindes verarbeitet?

Wissen Sie, fast jeder bekommt im Leben „Prüfungen“ auferlegt. Uns ist der christliche Glaube in die Wiege gelegt. Der trägt einen auch durch schwere Zeiten.

Sind Sie nie an einem Punkt im Leben angelangt, an dem Sie alles hinschmeißen wollten? An dem Sie vom Schicksal enttäuscht waren?

Nein, einfach Hinschmeißen kommt für mich nie in Frage. Harte Zeiten gab es aber viele. Zum Beispiel 1981. Zwei Tage vor der Eröffnung unseres Autohofs sind Scheune, Stall und Gerätehalle des Bauernhofs abgebrannt – anscheinend hatte ein Landstreicher das Feuer verursacht. Hätte ich damals nicht Nerven wie Stahlseile und einen Kopf wie ein Gaul gehabt, wäre ich durchgedreht.

„Was der Nil für die Ägypter, ist die A3 für die Familie Strohofer.“
Anton Strohofer
Als Sie 1979 auf Ihrem „Goldacker“ damit begonnen haben, einen Rasthof zu bauen, war die zweite Ölkrise in vollem Gang. War der Bau nicht ein Wagnis?

Nein, wir haben das ja jahrelang geplant und vorbereitet. Ich habe schon 1970 als Tankwart an der Autobahn-Raststätte Steigerwald gearbeitet, dort alle Informationen über die Branche gesammelt und mir die Probleme der Lkw-Fahrer angehört.

Ich wusste, wie man den anderen, besseren Rasthof baut.

Wenn Sie auf Ihre Unternehmerkarriere schauen, bereuen Sie dann irgendetwas?

Grundsätzlich gibt es nichts zu bereuen. Wenn etwas nicht in meinem Sinn war, habe ich was daraus gemacht und es zum Guten gewendet.

Was war denn Ihr größtes Highlight als Rastanlagen-Inhaber?

Da gab es einige. Zum Beispiel haben wir mal ein Fest für ein Unternehmen ausgerichtet, das sich später als zwielichtig herausgestellt hat. Die Chefin hat mir eine hohe sechsstellige Summe gezahlt, damit wir die Gäste gut bewirten. Mitten in der Nacht sind noch die Bamberger Symphoniker und Roberto Blanco aufgetreten... und dann die Polizei. Sie hat die Chefin wegen Verdachts auf Untreue festgenommen.

Gut, dass Sie nicht zu den „Beschissenen“ gehörten, wenn man das so sagen darf, und Ihr Geld schon hatten.

Ich hatte gleich so ein seltsames Gefühl bei der Frau... Mit Geld ist es wie mit Frauen: Man braucht ein gutes Feeling dafür.

Ist Ihr Wort noch Strohofer-Gesetz?

Inzwischen verbringe ich mindestens die Hälfte meiner Zeit an meinem österreichischen Wohnsitz. Das hat sich vor ein paar Jahren so ergeben. Durch Vortrags- und Beratertätigkeiten habe ich gleich nach der Grenze eine sehr nette Wohnung gefunden. Und als man mir in Deutschland für ein halbes Jahr den Führerschein entzogen hat – ich war zu schnell unterwegs gewesen –, da habe ich mir halt den österreichischen geholt. Nach dem halben Jahr hätte ich den deutschen Führerschein wieder abholen können, zuvor hätte ich aber den Idiotentest machen sollen. Da hab' ich gesagt: „Ich bin ein Idiot, weil ich so viel arbeite. Aber Euren Idioten mach' ich nicht.“ Der Führerschein liegt also noch in Flensburg.

Heißt das, Sie kehren Ihrer Heimat immer öfter den Rücken?

Wenn ich gefragt werde, bin ich jederzeit gerne in Geiselwind, aber ich kann auch loslassen. Nur so klappt der Übergang. Ich weiß, dass unsere Kinder und Enkel auf dem besten Weg sind, das Unternehmen in unserem Sinn weiterzuführen: Mit Mut, Demut und Langmut.

35 Jahre Erlebnisrasthof

Anton Strohofer ist ein echter Geiselwinder. Hier kam er am 13. April 1940 zur Welt. Nach dem frühen Tod des Vaters und des älteren Bruders übernahm er mit 14 Jahren den elterlichen Bauernhof und machte ihn in den 50ern zu einem landwirtschaftlichen Vorzeigebetrieb. Vor 35 Jahren gründete er den Erlebnisrasthof an der A3.

Herlinde Strohofer, geborene Dorbert, kannte ihren Anton schon aus der Schulzeit. Sie schenkte ihm fünf Kinder, blieb aber nicht nur Hausfrau und Mutter, sondern bringt sich bis heute als Großhandels- und Bankkauffrau aktiv ins Unternehmen ein. Während ihr Mann eher extrovertiert ist, zieht sie im Hintergrund die Fäden.

Erlebnisrasthof: 200 Mitarbeiter und Subunternehmer arbeiten an den Tankstellen, Waschanlagen, im Hotel, Restaurant, Schnellrestaurant, in der MusicHall und auf dem Open-Air-Gelände. Zum Trucker-Fest an Pfingsten werden heuer ein Bogenschießplatz, ein Kletterwald, ein Amphitheater für Konzerte und ein Soccerpark eröffnet.