Druckartikel: Banken: Das liebe Geld

Banken: Das liebe Geld


Autor: Robert Wagner

Kitzingen, Freitag, 02. Sept. 2016

Nach der Finanzkrise im Jahr 2008 hat sich die öffentliche Meinung gegenüber den Banken stark verändert. Vielen fehlt es an Verständnis. Heute stehen Banken vor großen Herausforderungen. Roland Köppel (Vorstand VR-Bank Kitzingen) und Hermann Hadwiger (Vorstand Sparkasse-Mainfranken) über Probleme und Chancen. Dazu ein Kommentar.
Hans-Ewald Arndt berät eine Kundin der VR-Bank. Solche Gespräche werden seltener – das Bankengeschäft verändert sich.


Nach der Finanzkrise im Jahr 2008 hat sich die öffentliche Meinung gegenüber den Banken stark verändert. Milliarden wurden in das Bankensystem gepumpt. Anleger bekommen heute praktisch keine Zinsen mehr. Vielen fehlt es da an Verständnis. „Das Image des Bankers hat sich verschlechtert“, erzählt Hermann Hadwiger, Vorstand der Sparkasse Mainfranken – auch wenn die Kunden vor Ort weiter Vertrauen hätten. Aber wenn er heute im Urlaub jemandem erzähle, dass er bei der Bank arbeitet, ernte er schon manchmal einen schiefen Blick. Auch Roland Köppel, Vorstand der VR-Bank Kitzingen, bestätigt das: „Viele Menschen haben im Moment Vorbehalte gegenüber den Banken – aus verständlichen Gründen.“

Die Banken versuchen gegenzusteuern. Die VR-Bank befindet sich auf der Schlussgerade hin zur reinen Mitgliederbank. Im Moment habe man 23 400 Mitglieder bei insgesamt 24 500 Kunden. Die Verbleibenden 1 100 müssen sich bis Ende des Jahres entscheiden: Kaufe ich einen Geschäftsanteil der Bank – oder kündige ich mein Konto? Das Feedback sei überwiegend positiv, sagt Köppel. Es gebe aber auch vereinzelte Kritik: Warum werde ich gezwungen, Mitglied zu werden?

Die Hintergründe erklärt der Vorstand: Bereits im Jahr 2003 habe man überlegt, wie man die Trennung zwischen Kunden und Investoren, zwischen Geschäftspartnern und Dividenden-Empfängern auflösen könne. Zunächst erfolgte das über ein Bonussystem. „Mit der Mitgliederbank nähern wir uns jetzt wieder der ursprünglichen genossenschaftlichen Idee an“, erklärt Köppel. Die stammt schon aus dem 19. Jahrhundert und lautet: Aus den Einlagen der Mitglieder werden Kredite für die Mitglieder vergeben. Am Erfolg werden alle beteiligt.

„Unser Kerngeschäft ist der Fristentransfer: Die Anleger möchten möglichst kurzfristig Geld abheben können, die Kreditnehmer möglichst lange für die Rückzahlung haben. Wir vermitteln zwischen beiden“, erklärt Köppel.

Dieses Kerngeschäft wurde in den letzten Jahren immer schwieriger. Vor allem wegen den niedrigen Zinsen. „Der Zins ist praktisch der Preis des Geldes, also unserer Ware“, erklärt Hadwiger. Doch was kann man machen, wenn die eigene Ware praktisch keinen Wert mehr hat? „Das niedrige Zinsniveau schädigt das Geschäft spürbar“, bestätigt Köppel. Andererseits gelte auch hier: Des einen Leid ist des anderen Freud: „Natürlich freuen sich die Leute, wenn sie ein Haus bauen und dafür nur wenig Zinsen zahlen müssen. Wenn sie als Anleger hingegen nur knapp über 0 Prozent Zinsen bekommen, ist das nicht sehr erfreulich.“

Für die Banken sind vergebene Kredite die einzig sichere Einnahmequelle. „Alles Geld, das wir nicht durch Kredite weitergeben können, kostet uns im Moment Geld“, erklärt Hadwiger. Für sichere Anlageformen, wie deutsche Staatsanleihen, müssten im Moment Strafzinsen bezahlt werden. Und stattdessen riskante internationale Investments zu tätigen, sein nicht das Ziel lokaler Banken, so Hadwiger und Köppel.

Umso ärgerlicher findet es Hermann Hadwiger, dass sie als lokale Banken genauso von den verschärften Regularien betroffen sind, wie die Großbanken, die die Finanzkrise 2008 erst ausgelöst haben. Er gibt ein Beispiel: Die Finanzkrise in den USA ist dadurch entstanden, dass Häuslebauer ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten. Also wurde auch in Deutschland die Kreditvergabe für den Hausbau erschwert. In den USA konnten Bankkunden teilweise den gesamten Kaufpreis eines Hauses als Kredit aufnehmen. „Das ginge bei uns ja gar nicht“, sagt Hadwiger kopfschüttelnd.

Doch nun seien Regeln eingeführt wurden, die es beispielsweise älteren Menschen erschweren, Nachweise dafür zu bringen, dass sie die regelmäßigen Kreditraten leisten können. „Da ist man über das Ziel hinausgeschossen.“ Das bedeutet nicht nur für die Banken einen Verlust – vor allem Rentner werden hart getroffen, wenn sie nicht über genügend regelmäßige Einkünfte verfügen.

Das Bankgeschäft befindet sich im Wandel. Sowohl bei der VR-Bank als auch bei der Sparkasse sieht man die Digitalisierung des Bankgeschäfts als größte Herausforderung. „Schon heute macht die Hälfte unserer Kunden ihre Geschäfte Online“, sagt Hadwiger. „Ich bin davon überzeugt, dass in fünf Jahren praktisch nichts mehr bei der Bank in Papierform gemacht wird“, ergänzt Köppel. Dazu komme der enorme Kostendruck, unter denen die Banken heute stünden. Im Ergebnis werde sich das Filialnetz verändern. Bei der Sparkasse wurde gerade die Etwashäuser Filiale geschlossen. „Ich denke, in den nächsten Jahren werden weitere folgen“, bestätigt Hadwiger. Vom grundsätzlichen Ziel, gut erreichbar für die Kunden zu sein, wolle man sich aber nicht verabschieden. „Wir wollen unsere Präsenz auf dem Land erhalten – nur eben nicht in dieser extremen Form.“

Das selbe Ziel hat man auch bei der Volks- und Raiffeisenbank. „Bis zum Jahr 2020 bleibt unser Filialnetz so bestehen“, versichert Köppel. Allerdings müsse klar sein, dass nicht alle Angelegenheiten in jeder Außenstelle erledigt werden könnten und man für manche Dinge zur Zentrale in Kitzingen fahren müsse. Auch der dort geplante Bau einer Parkgarage ist in diesem Zusammenhang zu sehen. „Die Kunden haben dafür Verständnis“, ist Köppel sicher. Das habe eine Mitgliederbefragung bestätigt.

Ein kleineres Filialnetz, Digitalisierung und Spezialisierung – das klingt nach Personalabbau. „Als ich angefangen habe, hatten wir noch über 120 Mitarbeiter. Mittlerweile sind es nur noch 91, bis 2019 wollen wir unter 80 sein“, so der Vorstand der VR-Bank. Entlassungen soll es dabei nicht geben. Stattdessen sollen aus Altersgründen ausscheidende Mitarbeiter nicht ersetzt werden. Auch bei der Sparkasse bereitet man sich auf Personalschrumpfung vor: „In den letzten Jahren hatten wir immer 60 Auszubildende. Dieses Jahr sind es nur 40“, sagt Hadwiger.

Nicht nur sie sollten etwas über Geld lernen. Für Roland Köppel wird da schon in der Schulzeit einiges versäumt – das sei ein Problem in einer Gesellschaft, die auf Geld basiert. „In der Schule lernt man fast nichts über Wirtschaft und Geld.“ Gerade das Verständnis, wie der Zinseszins wirkt, sei vielen Menschen fremd – und wie er die Altersvorsorge der Menschen beeinflusst.

Hermann Hadwiger nennt ein Beispiel: Ein 20-Jähriger legt 10 000 Euro für 40 Jahre als Altersrücklage an. Bei einem Zinssatz von einem Prozent hätte der Mann mit 60 Jahren 14 888 Euro angespart. Bei einem Zinssatz von fünf Prozent wären es hingegen über 70 000 Euro.
 



Kommentar
Windige Banken?

Dem amerikanischen Schriftsteller Mark Twain wird folgendes Bonmots zugeschrieben: „Ein Bankier ist ein Kerl, der Ihnen bei schönem Wetter einen Regenschirm leiht und ihn zurückverlangt, sobald es regnet.“

Kritik an Banken ist demnach nicht neu – Mark Twain wurde 1835 geboren. Und auch Thomas Jefferson, von 1801 bis 1809 dritter Präsident der USA, hatte dazu etwas zu sagen: „Banken sind gefährlicher als stehende Armeen.“

Das klingt ganz schön hart. Doch eine Bedrohung muss ja nicht immer absichtlich herraufbeschworen sein. Nicht hinter jeden Katastrophe steht ein Bösewicht. Das sieht man in der Natur: Ohne Wind wäre Leben nicht möglich. Er transportiert warme Luftmassen dorthin, wo es zu kalt ist und sorgt damit dafür, dass es bei uns im Allgemeinen doch recht angenehm ist. Außerdem erzeugt er einen immer größeren Anteil unseres Stromes. Und Windbestäubung geht ja auch nicht ohne Wind – das sagt ja schon der Name.

Trotzdem: All das wird Ihnen herzlich egal sein, wenn ein Sturm ihr Haus abdeckt. Genauso wie Ihnen egal sein wird, dass sie jahrelang ihr Geld bei der Bank angelegt haben, wenn sie wegen der nächsten Finanzkrise Ihren Job verlieren.
Banken transportieren, schnell wie der Wind, Geld von denen, die es anlegen wollen zu jenen, die es investieren wollen – und sollen so im besten Fall einen Ausgleich beider Gruppen gewährleisten. Außerdem ermöglichen sie den Zahlungsverkehr. Genaugenommen schöpfen sie sogar erst unser Geld – im Sinne davon, dass sie es erschaffen. Logisch, das sie dafür auch etwas „abschöpfen“ wollen.

Wem das Verhalten der Banken nicht passt, dem sollte klar sein, dass er eines der wichtigsten Elemente unserer Gesellschaft kritisiert. Banken einfach abschaffen – und sich mit Mitte 30 trotzdem ein Haus bauen? Das ist schwierig. Wer das ändern will, muss schon an eine echte Revolution denken, wie jene  von der Windbestäubung hin zur Bestäubung durch Insekten.

Doch was macht Banken so mächtig? Hintergrund ist der Zinseszins – jenes Ding, das Albert Einstein einmal als „die größte Erfindung der Menschheit“ bezeichnet haben soll. Ein berühmtes Beispiel seiner Wirkung ist der „Josefpfennig“: Wenn  Josef von Nazareth im Jahre 0 einen Pfennig bei 5 Prozent Verzinsung angelegt hätte, wie viel Geld hätte er dann im Jahr 2000 gehabt? Die Lösung lässt sich in Geld nicht mehr sinnvoll ausdrücken: Es wären weit über 1 Million Sonnenmassen oder über 400 Milliarden Erdmassen puren Goldes.