Weihnachten: Das Knöllchen weicht dem netten Hinweis
Autor: Daniela Röllinger
Kitzingen, Montag, 19. Dezember 2016
Die stade Zeit wird der Advent auch genannt, doch statt ruhig und besinnlich geht es meist hektisch zu. In einigen Bereichen kann man aber durchaus durchatmen, denn verschiedene Einrichtungen rufen vor den Feiertagen den Weihnachtsfrieden aus.
Man hetzt vom Einkauf der letzten Weihnachtsgeschenke zum Auto, ist ein paar Minuten zu spät dran und ärgert sich: Prompt spitzt ein Knöllchen unter dem Scheibenwischer hervor. Was in vielen Städten für Ärger sorgt, soll in Kitzingen nicht passieren: Bei der Verkehrüberwachung gibt es vom morgigen Mittwoch bis zum Heiligen Abend einen Weihnachtsfrieden. Wie Frank Winterstein vom städtischen Amt für Sicherheit und Ordnung mitteilt, wird statt eines Knöllchens ein grüner Zettel unter den Scheibenwischer geklemmt, der darauf hinweist, dass man hier nicht stehen darf oder die Parkzeit überschritten wird. Wer allerdings beispielsweise eine Feuerwehrzufahrt zuparkt oder sich als Nichtberechtigter auf einen Behindertenparkplatz stellt, muss auch vor Weihnachten zahlen, betont Doris Jäger von der Verkehrsüberwachung.
Während der Weihnachtsfrieden bei der Verkehrsüberwachung damit auch häufig in der Praxis umgesetzt wird, ist er im Landratsamt eher theoretischer Natur. Dort werden belastende Bescheide in diesen Tagen nicht verschickt, erklärt Pressesprecherin Corinna Petzold. Es geht dabei insbesondere um Zwangsgelder, die erhoben werden, wenn jemand einer Anordnung des Landratsamtes nicht folgt – was aber sowieso selten der Fall ist. Und wenn ein Anspruch verjährt oder Gefahr in Verzug ist, gilt der Weihnachtsfrieden nicht.
In den Finanzämtern gibt es den Weihnachtsfrieden schon seit Jahren. Finanzminister Markus Söder hat auch jetzt wieder eine entsprechende Anweisung herausgegeben: „Die Mitarbeiter der bayerischen Finanzverwaltung sehen vom 21. Dezember 2016 bis einschließlich Neujahr von allen Maßnahmen ab, die in der Weihnachtszeit als Belastung empfunden werden können.“ In der Praxis heißt das für den Kitzinger Behördenleiter Christian Neumüller und sein Team unter anderem, dass Vollstreckungsbescheide entweder vor Weihnachten oder erst im nächsten Jahr vollzogen werden. „Das gilt jedes Jahr und wir sind darauf vorbereitet“, sagt Neumüller. Der Weihnachtsfrieden werde als gute Sache empfunden und von allen Mitarbeitern akzeptiert. Zu tun haben die trotzdem genug, denn Steuerbescheide werden auch rund um Weihnachten bearbeitet und verschickt.
Die Polizei hat relativ wenig Spielraum für einen Weihnachtsfrieden. Zum einen dürfe die Sicherheit nicht vernachlässigt werden, zum anderen sei die Verfolgungspflicht bei Straftaten gesetzlich vorgeschrieben, erklärt der stellvertretende Leiter der PI Kitzingen, Joachim Schinzel. Deshalb wird auch derjenige, der sich an Heiligabend betrunken ans Steuer setzt, aus dem Verkehr gezogen. Bei Verkehrskontrollen könne dagegen eventuell auf die eine oder andere Verwarnung verzichtet werden, sagt Schinzel, zum Beispiel beim Parken oder wenn ein Autofahrer seinen Führerschein nicht dabei hat. Wenn allerdings jemand eine Anzeige erstattet, müssen die Beamten diese auch rund um die Feiertage verfolgen. „Unser Weihnachtsfrieden wird von den Bürgern selbst bestimmt“, sagt Schinzel deshalb.
Die Schüler der Staatlichen Realschule Kitzingen können schon am heutigen Dienstag durchatmen: Vom 20. bis zum 23. Dezember werden dort weder Exen noch Schulaufgaben oder Kurzarbeiten geschrieben. Den Weihnachtsfrieden gibt es heuer zum dritten Mal, das Schulforum trägt die Entscheidung mit, Lehrer und Eltern stehen dahinter. Ein Beweggrund für die Einführung war für Rektor Michael Rückel die Tatsache, dass die Schulferien erst mit dem Heiligen Abend beginnen. Ohne Atempause direkt zum Fest – das hält er nicht für richtig, zumal in den 38 Schulwochen genügend Zeit für schriftliche Leistungserhebungen sei. „Zum Schulleben gehört nicht nur der Leistungsgedanke“, sagt er. Auch der Weihnachtsgedanke solle mit einhergehen.
Am Mittwoch gibt es ein großes Weihnachtskonzert. „Das sollen alle Schüler miterleben können, ohne mit Grummeln an den nächsten Schultag denken zu müssen“, findet Rückel. Man merke den Schülern an, dass es in den Tagen vor Weihnachten keine schriftlichen Leistungserhebungen mehr gibt. „Die Stimmung ist gelöster“, sagt Rückel. Er selbst fragt die Schüler auch nicht ab, aber das könne jeder Lehrer selbst entscheiden. Regulärer Unterricht wird in der letzten Woche gemacht, der steht nur am 23. Dezember hinten an: Dann stehen in allen Klassen Weihnachtsfeiern auf dem Stundenplan.