Druckartikel: Das ist doch Scheiße

Das ist doch Scheiße


Autor: Robert Wagner

Kitzingen, Mittwoch, 11. Mai 2016

Hundehaufen verschandeln Wege, Grünanlagen und Weinberge. Das Problem ist nur schwer in den Griff zu bekommen.
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Unter der herrlichen Frühlingssonne sprießt das Grün an allen Ecken. Am Wegesrand wuchern Gräser, die Hecken strahlen saftig, auch an den Weinstöcken sieht man erste Knospen. Idyllisch ist es am Storchenbrünnlein über Sickershausen. Die Natur lädt zum Spaziergang ein – sowohl Mensch als auch Tier. Und genau hier liegt das Problem.

Manfred Hergert drückt die frischen Grashalme zur Seite. Zum Vorschein kommen mehrere schwarze Plastiktüten, fein säuberlich verknotet. „Die Leute sammeln die Hundescheiße ein, packen sie in die Beutel und werfen die dann einfach hier in die Hecken“, erklärt der Hobby-Winzer. Hinzu kommen dutzende große und kleine Haufen, die erst gar nicht eingepackt werden und als stinkende Tretminen den Weg „schmücken“.

„Wenn wir mehr Mülleimer aufstellen, entsorgen die Leute Hausmüll darin.“
Georg Günther Leiter Kitzinger Bauhof

Allein 23 Kotbeutel hat Hergert kürzlich auf knapp 200 Metern gezählt, vom Beutelspender am Anfang des Weinbergs bis zu seinen Rebstöcken. Georg Günther, der Leiter des Kitzinger Bauhofs, kann nur verständnislos den Kopf schütteln. „Wenn ich den Beutel schon in der Hand habe, werde ich ihn ja auch noch 300 Meter tragen können.“ Mülleimer gäbe es ja genügend. Doch mancher Hundehalter scheint kein Freund der Abfallentsorgung zu sein: Ein paar Meter weiter liegt ein voller Beutel, direkt neben einem fast leeren Mülleimer.

Georg Günther wirkt ein wenig ratlos: Die neuen Tütenspender am Storchenbrünnlein wurden auf Initiative eines Mitglieds des Weinbauvereins Sickershausen erst vor wenigen Wochen aufgestellt. Es sind drei von insgesamt 35 solcher „Hundetoiletten“ im Stadtgebiet Kitzingen. Noch im Jahr 2010 waren es nur sieben. Wirklich gelöst ist das Problem dadurch nicht.

Auch ein Mehr an Mülleimern sei keine Lösung: „Wenn wir mehr aufstellen, entsorgen die Leute ihren Hausmüll darin“, erklärt Günther das Dilemma. Oft würden sich Menschen beschweren, weil die Spender leer sind. „Teilweise einen Tag, nachdem sie aufgefüllt worden sind“, erzählt der Bauhofleiter. „Was machen die Leute bloß damit?“ Weit über 100 000 Tüten verteilen die Mitarbeiter des Bauhofes in einem Jahr. Und selbst wenn nur ein Bruchteil von ihnen in der Umwelt landet, bedeutet das ein immenses Problem. Schließlich verrotten die Plastikbeutel nicht.

„Hundekot ist bei uns ein Dauerthema. Man ist nirgendwo sicher.“
Frank Winterstein Leiter Ordnungsamt

Auch Frank Winterstein kennt die Beschwerden. „Allein letzte Woche waren es drei“, erklärt der Leiter des Ordnungsamtes. „Hundekot ist bei uns ein Dauerthema.“ Besonders jetzt, wenn viele Menschen die ersten warmen Tage für Ausflüge nutzen, wird es kritisch – nicht nur am Storchenbrünnlein. „Man ist nirgendwo sicher“, sagt Winterstein. „Manch ein Hundehalter scheint ein allgemeines Problem mit den Hinterlassenschaften seines Tieres zu haben.“ Sei es aus Ekel oder aus Bequemlichkeit.

Richtig eklig wird es, wenn die Mitarbeiter von Georg Günther für Mäharbeiten auf den Kitzinger Grünflächen unterwegs sind. „Die müssen fast Ganzkörperanzüge anziehen“, sagt der Bauhofleiter. Denn beim Mähen wird der Kot fein zerhäckselt und dann schön gleichmäßig über Wiese und Kleidung verteilt. Die Fäkalien gelangen so auch in die Luft.

Winterstein will nicht alle Hundehalter über einen Kamm scheren: „Der Großteil der Menschen verhält sich ja richtig.“ Kitzingen sei trotz allem eine saubere Stadt. Doch selbst ein sehr geringer Anteil reiche eben bei der großen Zahl der Hunde aus, dass Hundehaufen und Plastiktüten zu einem, im wahrsten Sinne des Wortes, unangenehmen Problem in Kitzingen führen.

Eine wirkliche Handhabe gegen die Übeltäter habe man im Ordnungsamt nicht, erklärt Frank Winterstein „Wir müssten die Verantwortlichen auf frischer Tat ertappen.“ Dann würden auch Ordnungsgelder fällig. Doch die „Aufklärungsrate“ ist gering. Aus dem selben Grund sind auch Verbotszonen schwierig. Denn auch die müssten ja überwacht werden. Dafür fehlen sowohl der Stadt als auch der Polizei die Mittel. So bleibt dem Leiter des Ordnungsamtes nur, an die Vernunft der Halter zu appellieren. Denn schön findet die Hundehaufen wohl niemand.



Kommentar: Machs doch selber weg!

Die Menschen im Mittelalter würden sich kaputt lachen. In Zeiten, in denen man aufpassen musste, dass man Morgens nicht die Notdurft des Nachbarn über den Kopf geschüttet bekam, und in denen die ganze Stadt stank wie eine Kloake, war Hundekot sicherlich das geringste Problem. Doch die Zeiten sind – Gott sei Dank – vorbei.

Heute sind die mehr oder weniger kleinen Häufchen eben doch ein Problem. Vor allem ein ästhetisches: Es gibt wohl niemanden, der das Gefühl mag, in Hundescheiße zu treten. Nie hört man Sätze wie: „Schau mal Schatz, wie wunderbar zugekotet die Blumenwiese ist!“ Die tierischen Hinterlassenschaften sind noch dazu ein gesundheitliches und ökologisches Problem. Und sie sagen etwas über unsere Gesellschaft aus.

Dass es im Mittelalter an allen Ecken und Enden stank, hatte recht praktische Gründe: Es gab einfach keine Alternative. Kein Abwassersystem, kein fließend Wasser, keine Straßenreinigung und keine Müllabfuhr. Und so arrangierte man sich eben im und mit dem eigenen Dreck.

Heute hingegen ist es anders: Wenn heute Hundekot auf den Straßn und in Parkanlagen liegt, dann nicht, weil es nicht anders ginge. Wenn Müll umherfliegt und Abfall wild entsorgt wird, dann nur, weil es irgendwer schon weg machen wird.

Was also tun? Den Dreck einfach liegen lassen? Freiwillig zurückkehren zu Verhältnissen wie im Mittelalter? Das kann nicht die Lösung sein. Stattdessen sollte sich jeder bewusst machen, welches Glück es ist, nicht mehr in solchen Zeiten leben zu müssen. Und sich und jedem anderen immer wieder sagen: Mach es selber weg!