Druckartikel: Schule: Allein im weiten Flur

Schule: Allein im weiten Flur


Autor: Robert Wagner

Kitzingen, Freitag, 09. Sept. 2016

Die Kinder haben frei, die Hausmeister nicht. In der Ferienzeit bringen sie die Schulen auf Vordermann.
Text


Ein bisschen gespenstisch ist es ja schon. Wo sonst unzählige Kinderfüße den Gang entlang trappeln, hallt jetzt jeder Schritt hundertfach nach. Wo sonst knapp 600 Kinder und Jugendliche spielen, lachen und streiten, ist im Moment nur Roland Friedel unterwegs. Und zwar unermüdlich – schließlich ist er als Hausmeister der Grund- und Mittelschule in der Siedlung für den letzten Feinschliff verantwortlich.

Er füllt den Kreidevorrat auf, aktualisiert die Beschriftungen der Räume, bringt Hinweise in den Gängen an. Mit Zange, Schraubenzieher und Hammer bewaffnet, zieht er von Zimmer zu Zimmer, repariert die letzten Kleinigkeiten. „Das summiert sich. Ich bin den ganzen Tag nur am laufen, laufen, laufen.“ Vor der Schule bringt Friedel einen großen Warnhinweis der Verkehrswacht an: „Vorsicht Schulkinder!“ Und dann ist da noch der etwa 60 000 Quadratmeter große Außenbereich der Schulen: Auch hier muss spätestens am Dienstag alles picobello sein.

Stressigste Zeit des Jahres

Denn dann kehren die Schüler zurück aus den Sommerferien. Während sie mit ihren Eltern in Italien am Strand faulenzten, die freien Tage im Schwimmbad genossen oder einfach den lieben Gott einen guten Mann sein ließen, war Roland Friedel schwer beschäftigt. „Die Sommerferien sind sicher die anstrengendste Zeit im Jahr“, sagt der 51-Jährige. Viele Pennäler schauen mit Wehmut auf den Schulbeginn – Ronald Friedel geht es da eher wie den Erstklässlern: Er freut sich drauf. „Dann normalisiert sich alles wieder.“

Die stressigste Zeit des Jahres beginnt für Friedel schon am letzten Schultag vor Ferienbeginn: Zusammen mit den Schülern und Mitarbeitern des Bauhofes räumt er das gesamte Mobiliar aus den Klassenräumen. In der Mittelschule ist das weniger Arbeit. Dort stehen nur Tische und Stühle. „In der Grundschule sind die Zimmer vollgepackt“, erklärt der Hausmeister. „Da gibt es ja jede Menge Spiel- und Leseecken.

“ Dafür sind die Zimmer in der Mittelschule meist dreckiger. „Da wird schon einiges vollgeschmiert – dafür ist bei den Kleinen mehr Kleber und Farbe auf den Tischen“, sagt Riedel und lacht.

Eineinhalb Wochen hat er dann erst einmal Urlaub – zu kurz um wirklich zu entspannen. „Das vermisse ich schon.“ Früher sei das noch anders gewesen: Als noch zweimal im Jahr Grundreinigung gemacht wurde, sei auch mal ein längerer Urlaub im Sommer drin gewesen. Doch aus Kostengründen konzentriere sich die Arbeit jetzt auf den Sommer.

Dreieinhalb Wochen dauert es deshalb nun, die Zimmer auf Vordermann zu bringen. „Da greifen wir richtig an.“ Friedel muss die Böden abschleifen, die sechs Putzkräfte reinigen die Klassenräume von der Decke bis zum Boden. Damit der Bodenbelag möglichst lange hält, muss ihn Friedel mindestens dreimal „einlassen“, das heißt mit Schutzmitteln versiegeln. Sind die groben Arbeiten getan, können die Putzkräfte den Rest der Ferien frei nehmen – für Friedel geht die Arbeit hingegen bis zum letzten Ferientag weiter.

Und am Ende weiß die Arbeit niemand zu schätzen? „Doch, sogar die Schüler freuen sich, wenn alles wieder sauber und ordentlich ist“, meint der Hausmeister. Allgemein habe er ein gutes Verhältnis zu den Kindern. „Sonst könnte ich das ja nicht schon so lange machen. Dann wäre ich hier fehl am Platz.“

Ab dem 1. Oktober arbeitet er das 22. Jahr an der Grund- und Mittelschule in der Siedlung. „Als ich angefangen habe, war ich einer der jüngsten Hausmeister in der Region“. Nun gehört er zu den Älteren. Die meiste Zeit hat Roland Friedel in einer Dienstwohnung direkt auf dem Schulgelände gewohnt. „Da konnte ich nie richtig abschalten.“ Jetzt wohnt er ein Stück weiter in einem Haus. Da ist er zwar immer noch in fünf Minuten da – „aber wenn die Arbeit jetzt vorbei ist, dann ist sie auch wirklich vorbei.“

Umbauten sind geplant

Eigentlich wäre immer was zu tun. Und es wird wohl auch in den nächsten Jahren nicht weniger. Auch wenn dieses Jahr mal nur drei statt vier erste Klassen anfangen. In den kommenden Jahren soll auf dem Schulgelände eine neue Küche und Mensa entstehen. Auch die Turnhalle muss erneuert werden und die Tagesbetreuung zieht in neue Räumlichkeiten um. Das bedeutet nicht nur viele Bauarbeiten, sondern auch mehr Aufgaben für den Hausmeister. „Ob ich das dann noch alles alleine schaffe, muss man mal sehen“, sagt Friedel.

Doch bis dahin ist ja noch ein bisschen Zeit. Jetzt steht erst einmal der Schulstart an. Auf eines ist Friedel dabei besonders gespannt: „Seit Jahren haben wir das Problem, dass Schüler in der Grundschule Klopapierrollen in die Toiletten stopfen“, erzählt der 51-Jährige. „Das ist schon komisch.“ Schließlich würden die Schüler ja jedes Jahr wechseln. „Ob die das untereinander weitergeben?“, fragt sich Friedel. Ab nächster Woche ist er schlauer.