Lieber Lebensmittel als Leerstand
Autor: Eike Lenz
Iphofen, Dienstag, 07. März 2017
Nach Edeka und Aldi wird es in Iphofen bald auch einen 1400 Quadratmeter großen Rewe-Lebensmittelmarkt geben. Der alte Penny-Markt wird dafür abgerissen.
Nach Edeka und Aldi wird es in Iphofen bald auch einen Rewe-Lebensmittelmarkt geben. Der Stadtrat hat am Montagabend nach längerer Abwägung mit sechs Gegenstimmen den Weg für den nächsten Handelsriesen freigemacht. Der alte Penny-Markt wird dafür abgerissen und weicht einem Neubau mit rund 1400 Quadratmeter Verkaufsfläche. Bisher waren es knapp 800. Mehrere Stadträte äußerten Bedenken, ob es einen dritten Lebensmittelmarkt an dieser Stelle unterhalb der B 8 brauche. Am Ende setzten sich jene durch, die wie Bürgermeister Josef Mend auf einen „drohenden jahrelangen Leerstand“ an diesem Einfallstor in die Stadt verwiesen.
Es war ein Schaulaufen der Lobbyisten, was sich da am Montag in der guten Stube des Rathauses abspielte. An der Spitze Rewe-Expansionsleiter Alexander Pavlovic, zuständig für die Region Nordbayern, Bezirksmanager Volker Müller und zu guter Letzt Michael Krause, der das Grundstücksgeschäft für Rewe eingefädelt hat. Von einem „Filetgrundstück“ schwärmte Immobilienexperte Krause, exklusiv gelegen und perfekt angebunden an die hochfrequentierte Bundesstraße, 7500 Quadratmeter groß und damit als Marktstandort bestens geeignet. Die begehrte Fläche hat Krauses Bayreuther Unternehmen, seit mehr als 30 Jahren „Bindeglied zwischen Investor und Handelskette“, einem dänischen Fonds abgekauft.
Mitte Februar ging das Geschäft notariell über die Bühne. Es musste schnell gehen. Zwei weitere Discounter waren nach Angaben Krauses hinter dem Grundstück her.
Utopie Baumarkt
Wäre die Sache mit Rewe geplatzt, hätte Krause die Fläche zurückgeben können – und genau das war die Sorge des Bürgermeisters und der Mehrzahl der Stadträte: Was geschieht mit dem Areal dann? Sexkinos und Spielhallen an dieser Stelle haben die Räte erst vor kurzem durch eine Änderung des Bebauungsplans verhindert, aber bei einer Folgenutzung des bestehenden Gebäudes hätten sie nicht viel steuern können, ganz abgesehen von der wenig einladenden Fassade des mittlerweile verlassenen Penny-Markts. Angesichts dessen galt Rewe zwar nicht als erste Wahl, aber doch als bessere Alternative. Denn die von vielen gewünschten Fach- oder Baumärkte an dieser Stelle dürften Utopie bleiben. Dafür fehle es Iphofen an Größe und Kaufkraft.
Die angereisten Experten wussten wohl, dass sie im Stadtrat auf Widerstände treffen würden. Sie waren gut vorbereitet – mit einer Präsentation, die klar und stringent war, auf gewisse Art sogar sympathisch. Der Expansionsmanager Pavlovic aus Hirschaid plauderte in erstaunlicher Offenheit über Absatz- und Umsatzzahlen – sowohl des eigenen Ladens als auch der Konkurrenz. Wenn die Zahlen stimmen, dann lebt Rewe in Iphofen nur zu einem kleinen Teil auf Kosten der Konkurrenten Aldi und Edeka. Fünf bis zehn Prozent ihres Umsatzes werden laut Pavlovic künftig an Rewe gehen. Woher denn dann das Geschäft komme, wollte Dritter Bürgermeister Jörg Schanow wissen. Das gehe überwiegend zu Lasten von Großflächen, erklärte Pavlovic, etwa des Kauflands in Kitzingen, das zwei Millionen Euro abgeben werde.
Die Rechnung des erfahrenen Managers ist simpel: Ein Supermarkt in einer eher ländlichen Region erwirtschaftet jährlich 2500 bis 3000 Euro Umsatz pro Quadratmeter sowie eine Rendite von eineinhalb bis zwei Prozent. Aldi in Iphofen hat 1100 Quadratmeter Verkaufsfläche, Edeka 1800. Pavlovic geht für Iphofen von einem Einzugsgebiet von – „konservativ gerechnet“ – rund 10 000 Einwohnern sowie einem Kaufkraftpotenzial von 1800 Euro pro Jahr und Einwohner aus. Da sei das erreichbare Volumen von 18 Millionen Euro „nicht ausgeschöpft“. Diese Kaufkraft gehe verloren, wenn sie nicht gebunden werde. Da Rewe-Märkte fast immer inhabergeführt seien, werde man nur Standorte belegen, die sich „reell tragen“. Als Vollsortimenter wird Rewe in Iphofen künftig etwa 15 000 Artikel im Angebot haben.