Kalte Wärme für das Baugebiet Ziegelgärten
Autor: Guido Chuleck
Prichsenstadt, Freitag, 19. Mai 2017
Es klingt wie ein Widerspruch in sich: die Wohnhäuser im geplanten Baugebiet Ziegelgärten VI in Prichsenstadt könnten mit Kaltwärme geheizt werden.
Es klingt wie ein Widerspruch in sich: die Wohnhäuser im geplanten Baugebiet Ziegelgärten VI in Prichsenstadt könnten mit Kaltwärme geheizt werden. Diesen vermeintlichen Widerspruch lösten Alexander Wolf und Bernhard Benedikt von der ÜZ Lülsfeld in der Stadtratssitzung am Donnerstag. Die Neugier und das Interesse der Räte waren so groß, dass die Experten fast zwei Stunden anstelle der vorgesehenen 40 Minuten mit Fragen gelöchert wurden und die Räte am Ende der Sitzung weiter debattierten.
Probebohrungen geplant
Grundsätzlich ist die Kaltwärmeversorgung ein Wärmekreislauf, in dem die Erdwärme des Grundstückes für die Heizung und Warmwasserversorgung genutzt wird (siehe Infokasten). Bei angenommenen 18 Bauplätzen schätzen Wolf und Bedenk die Energiegewinnung auf 270 000 Kilowattstunden. In einem ersten Schritt würde die ÜZ eine unter anderem von einem Geologen begleitete Probebohrung vornehmen: ein Bohrloch von 18 Zentimetern Durchmesser wird in eine Tiefe zwischen 65 und 85 Meter getrieben und eine Probesonde eingeführt. 48 Stunden lang misst ein spezielles Gerät das Profil der einzelnen Erd- und Gesteinsschichten. Diese Probebohrung kostet 10 000 Euro, davon übernimmt die ÜZ die Hälfte und finanziert die andere Hälfte drei Jahre lang vor.
Erteilt die Stadt der ÜZ den Auftrag, das Gebiet mit Kaltwärme zu versorgen, und finden sich Bauherren, die die Kaltwärme übernehmen, übernimmt die ÜZ auch die andere Hälfte.
Im nächsten Schritt werden unter anderem die notwendigen Genehmigungen bei der unteren Wasserschutzbehörde eingeholt, für eine bedarfsgerechte Erschließung gesorgt und die Bauherren vor, während und auch nach dem Bau mit Sachverständigen begleitet, inklusive einer vorhergehenden Infoveranstaltung.„Die Kosten für die Bauherren dürften sich bei etwa 45 000 Euro bewegen, inklusive den Sonden im Boden, der Pumpe und der Wärmezuführung, in der Regel eine Fußbodenheizung, abzüglich von Fördergeldern aus verschiedenen Töpfen“, so Bedenk auf Anfrage von Ratsmitglied Stefan Deppisch.
Geringe Betriebskosten
Eine durchaus lukrative Sache, ergänzte Bedenk: „Wir gewinnen viel mehr Energie als aus fossilen Brennstoffen, und die Anlage hat eine Lebensdauer von gut 50 Jahren.“ Die Betriebskosten seien geringer, die Dachfläche müsste nicht mit einer zusätzlichen Solaranlage verbaut werden, und der Wärmepreis läge unter fünf Cent pro Kilowattstunde.
Beispiele für die Kaltwärmeversorgung hatten die Experten auch zu bieten. So werden sie 30 von 31 Bauherren des Wohngebietes Am Nützelbach in Gerolzhofen versorgen, in Schwebheim (Landkreis Schweinfurt) alle 13 eines Baugebietes.
Unter „Verschiedenes“ dachten die Räte laut darüber nach, auch das Baugebiet in Kirchschönbach (acht Bauplätze) mit dieser Art der Heizung einzubeziehen. Werner Klüber überlegte, alternativ die Kaltwärmeversorgung öffentlich auszuschreiben und verwies auf ein Baugebiet in Abtswind: „Da hört man nicht, dass die ÜZ dabei wäre“, sagte Klüber. Letztlich wird sich Bürgermeister René Schlehr auf dem „kurzen Dienstweg“ bei seinen Amtskollegen über deren Erfahrungen erkundigen.