Mit dem "Kunstpreis 2012" zeichnet der Landkreis Kitzingen junge Talente bis 21 Jahre aus, die auf dem Gebiet der klassischen Musik brillieren. Am Wochenende fand das Vorspielen dazu statt. Die Sieger werden am 30. November geehrt.
Blickt man nur auf den Tisch der Juroren, die die Kandidaten beim Vorspielen beurteilen, so kann man klassische Musik geradezu körperlich fühlen. Ariadne Weigert, Dozentin für Klavier an der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen, wippt mit angestrengt konzentriertem Blick im Takt des Musikstücks mit. Fast meint man, sie möchte die Jungs und Mädchen anschubsen oder sie über die Hürden tragen, die Bach, Beethoven oder Chopin ihnen in den Weg gestellt haben. "Ich kenne die Stücke natürlich und weiß ganz genau, wo die Klippen sind", verrät Weigert. Diese Klippen kennen sie alle, ihre Kollegen in der Jury, Klavierlehrer Stephan Eitel, Kantor Karl-Heinz Sauer und Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Wolbert. Vor allem aber die jungen Musiker.
Constanze Baier ist eine von ihnen, die an diesem Samstagmittag am schwarzen Seiler-Flügel Platz nimmt.
Die Elfjährige hat sich drei Stücke ausgesucht, von Bach einen "Marsch und Polonaise", den 1. Satz aus der Sonatine in F-Dur von Beethoven und die "Serenade sur l´eau" von Jacques Ibert. Damit will sie die Jury überzeugen und einen der ersten Plätze im Musikwettbewerb der Jugend 2012 für klassische Musik des Landkreises Kitzingen gewinnen. Dazu ist sie mit ihrem Vater Thomas Baier und ihrer Klavierlehrerin Ingrid Guckenberger zum Vorspielen ins Armin-Knab-Gymnasium gekommen.
Die Nervosität schwindet schnell Im Alter von fünf Jahren hat Constanze mit dem Klavier begonnen, sechs Jahre spielt sie nun schon. Zwei Jahre arbeitet sie mit Ingrid Guckenberger zusammen. Die Klavierlehrerin an der Musikschule der Stadt Kitzingen hat neben Constanze noch zwei weitere Kandidaten im Wettbewerb. "Jungen Musikern wird es derzeit nicht gerade leicht gemacht", beklagt sie.
"Das achtjährige Gymnasium erdrückt die Talente. Jugendliche aus der 11. Klasse spielen nicht mehr Klavier, die büffeln fürs Abi".
Constanze ist zum Glück noch nicht so weit. Sie geht in die sechste Klasse. "Vier bis fünfmal pro Woche habe ich Zeit fürs Klavierspielen", verrät sie.
Jetzt aber gilt es. Karl-Heinz Wolbert begrüßt Constanze, versucht das Lampenfieber zu verscheuchen, das unter der Oberfläche der äußerlich recht cool wirkenden Pianistin lodert. Dann geht es los. Und wirklich: Das erste Stück von Bach holpert etwas. Die Töne stolpern voran, die Finger hämmern hart auf die Tasten, suchen sich mühsam jeden Akkord. Man spürt förmlich, dass sie das besser kann als hier, wo jeder zuschaut, wo sie bewertet wird.
Bei Beethoven dann plötzlich kommt die Melodie ins Laufen, kommt die Leichtigkeit zurück und plötzlich klingt alles ganz einfach.
Constanze spielt sich rein in den Wettbewerb. Auf einmal wirbeln die Finger über die Tasten, die jetzt ganz weich angeschlagen werden. Schon lange schaut sie nicht mehr auf das Notenblatt. Sie kennt das Stück auch so. Stattdessen wagt sie einen kurzen Blick zu Ingrid Guckenberger. Für einen Bruchteil lächeln die zwei sich an, dann geht es weiter. Je länger das Vorspiel dauert, desto sicherer scheint Constanze zu werden.
Nach nicht mal zehn Minuten ist alles vorbei. Wie viele der maximal 25 Punkte, die gemäß dem Beurteilungsschema von "Jugend musiziert" vergeben werden, Constanze erzielt hat, wird sie erst in der kommenden Woche erfahren, wenn die Juroren alles ausgezählt und jeden der rund 40 Teilnehmer allein aus dem Fachbereich "Klavier" angeschrieben haben. Weitere Vorspiele mit ähnlich vielen Kandidaten laufen drei Tage lang in den Kategorien der Blech- und Holzblasinstrumente, für Schlagzeug, Streich- und Zupfinstrumente.
Wettbewerb bestätigt das Talent "Ich bin sehr zufrieden", bestätigt der Vorsitzende der Jury, Ernst Oestreicher. Der Leiter der Berufsfachschule für Musik und gleichzeitig Bundesdirigent des Nordbayerischen Musikbundes sitzt abwechselnd in allen Vorspiel-Räumen hinter der Jury. "Ich erlebe hier ein ausgezeichnetes Niveau". Er hat ein Ohr für Musik und ein Herz für die, die sie spielen. "Mit Wettbewerben wie diesen bekommt der Musikunterricht ein Ziel, erhält die harte Arbeit auch ein seriöses Feedback". Constanze ist erst einmal fertig, wirkt aber nicht erschöpft. Gewinnt sie, steckt sie ein Preisgeld ein, das die Jury festlegt, oder sie kann sich Hoffnungen auf den "Walter Leibig-Preis des Lions Club Kitzingen" machen. Und sie hätte das Ticket für die ganz große Bühne auf der Alten Synagoge gelöst. Dort spielen die Sieger am Freitag, 30. November, um 18 Uhr.