Auf gewaltiges Interesse stieß das 19. Arzt-Patienten-Seminar in der Kitzinger Synagoge. Im Mittelpunkt standen diesmal die Behandlungsmethoden rund um die "koronare Herzkrankheit".
Die Beschwerden kommen sehr leise. Fast unbemerkt sendet unser Herz die Signale aus, dass etwas nicht stimmt. Der Alltag mit seinen unterschiedlichen Belastungen ist dafür oft zu laut. "Dabei ist gerade unser Lebensstil zu 80 Prozent für eine koronare Herzkrankheit verantwortlich", verriet Dr. Wolfgang Karmann, Chefarzt für Innere Medizin der Klinik Kitzinger Land.
Er hatte mit seinen Kollegen und der Volkshochschule Kitzingen zum 19. Arzt-Patienten-Seminar am vergangenen Samstag in die Kitzinger Synagoge eingeladen. Das Thema traf in der Tat mitten ins Herz: Rund 250 Zuhörer wollten erfahren, wie sich die koronare Herzkrankheit erkennen und behandeln lässt.
Oft zu spät erkannt Nach Berechnungen des Robert-Koch-Instituts leiden in Deutschland etwa 5,5 Millionen Menschen an der Verkalkung der Herzkranzgefäße, der koronaren Herzkrankheit.
Die Ablagerungen an den Wänden der Herzkranzgefäße, die das Herz mit Blut versorgen, sind tückisch: Symptome wie Brustschmerzen oder Atemnot treten in der Regel erst auf, wenn ein Herzkranzgefäß schon zu zwei Dritteln verstopft ist. Ist die Ader dicht, stirbt der von der Durchblutung abgeschnittene Herzmuskelanteil ab. Die Folge ist der Herzinfarkt. Rauchen, hoher Blutdruck, Übergewicht, Bewegungsarmut und Stress sind die Faktoren, die das Herz über Jahre in Bedrängnis gebracht haben und manchmal eine tödliche Wirkung entwickeln.
Neueste Untersuchungstechniken decken die Problemstellen punktgenau auf und verringern die Belastung für den Patienten. Dr. Ralph Gelardi von der MainRadiologie Kitzingen/Ochsenfurt stellte die Möglichkeiten der Cardio-CT-Untersuchung anschaulich dar.
"Wir können heute eine genaue Aussage darüber treffen, wieviel Kalk in den Herzkranzgefäßen ist und in welchem Zustand die Gefäßwände sind", erklärte der Radiologe. "Wer weiß, wie sein Organ aussieht, entwickelt auch ein Verständnis für die Behandlungen."
Für ein Verständnis ganz anderer Art warb Dr. Christian Sommer, Funktionsoberarzt für Anästhesie und Intensivmedizin an der Klinik Kitzinger Land. "Über die Techniken der Wiederbelebung sollte jeder Bescheid wissen", so der Mediziner. "Sie selbst retten in erster Linie das Leben eines Herzinfarkt-Opfers", appellierte der Mediziner direkt an seine Zuhörer. "Jede Minute, in der keine Erste Hilfe geleistet wird, verringert die Überlebenschance um etwa zehn Prozent."
Er erklärte die Technik der Herzdruckmassage und demonstrierte den Einsatz des Defibrillators.
"Ich überlege mir ernsthaft, ob ich mir so ein Gerät nicht selbst anschaffe", erklärte Ferdinand Scheller in der Pause. "Das Geld dafür ist besser angelegt als auf der Bank." Der 65-jährige, selbst Herzpatient, hat alle zwei Jahre bei der Firma Knauf einen Erste-Hilfe-Kurs belegt, zuletzt vor drei Jahren.
Stent oder Bypass Den Abschluss der Veranstaltung bildeten zwei Gastreferenten der Universitätsklinik Würzburg. Oberarzt Dr. Björn Lengenfelder bot dabei einen Überblick über die Behandlung mit so genannten Stents, Gefäßstützen, die die Ader wieder weiten und offen halten. Er betonte die hohe Erfolgsquote insbesondere der zweiten Generation von Stents, die medikamentenbeschichtet sind und das Risiko einer Stentthrombose, dem erneuten Verschluss einer geweiteten Arterie, entgegen wirken.
Ferner stellte er die Schlagkraft des "Herzinfarktnetz Mainfranken" dar. War die frühere Rettungskette vom Notruf bis zum Eintreffen im Herzkatheter-Labor noch von vielen Zwischenstationen geprägt, sind heute alle Rettungsfahrzeuge der Region mit einem Funk-EKG ausgestattet. "70 Prozent aller Herzinfarktpatienten kommen heute ohne Umwege ins Herzkatheter-Labor", berichtete der Mediziner. "42 Minuten später ist der Stent an Ort und Stelle."
Was geschieht, wenn der Stent nicht ausreicht, verdeutlichte Herzchirurg Professor Ivan Aleksic. Er war für Professor Rainer Leyh eingesprungen, der aufgrund einer Notfall-OP verhindert war, und zeigte Videos von Bypass-Operation am Herzen. Mancher Zuhörer wollte es soweit nicht kommen lassen und den Rat der Experten beherzigen, durch eine gesunde Lebensweise vorzubeugen. Dr. Aleksic hatte diese Wirkung beabsichtigt, schließlich seien "Herzchirurgen Menschen, die Sie gar nicht kennenlernen wollen".