2014 startet bundesweit die neue, fünfjährige Amtszeit der Schöffen. Bis 15. April werden Anmeldungen angenommen. Auf die Bewerber wartet ein spannendes Ehrenamt. Richter Marc Betz freut sich schon auf neue Gesichter an seinem Tisch.
In nahezu jeder Verhandlung begegnen ihr Diebe, Räuber oder Drogendealer, denen sie im zivilen Leben quasi an der nächsten Ecke begegnen könnte. Dennoch hat Katharina Riedel viel Spaß an ihrem Ehrenamt. Am liebsten würde sie noch eine weitere Periode lang Schöffin am Kitzinger Amtsgericht sein.
Fünf Jahre dauert die Amtszeit eines Schöffen. Schöffen sind Laienrichter am Amtsgericht, die über Verbrechenstatbestände verhandeln, bei denen eine Freiheitsstrafe über zwei Jahren im Raum steht. Was viele nicht wissen: Ihr Wort hat vor Gericht Gewicht, denn ein Schöffe ist dem Berufsrichter in der Hauptverhandlung gleichgestellt. Er könnte diesen im Zweifel sogar überstimmen.
Jeder Schöffe bekommt zu Jahresbeginn einen Berufsrichter und zwölf Verhandlungstage zugeteilt, aus denen je nach Lage der Fälle mal mehr, mal weniger werden können.
In Kitzingen können sich Interessenten noch bis zum 15. April im Einwohnermeldeamt auf eine Vorschlagsliste setzen lassen, aus der die
16 Schöffen gewählt werden, die dann dem Jugend- und Erwachsenenstrafrecht zugeordnet werden und im Januar 2014 erstmals am Richtertisch Platz nehmen. Jeder Richter wird dann von zwei Schöffen flankiert.
Keine Routine am Richtertisch Katharina Riedel ist Grundschullehrerin, zweite Bürgermeisterin in Albertshofen und seit 2009 Schöffin. Sie hofft, auch die nächste Sitzungsperiode wieder Richter Marc Betz zugeteilt zu werden. Riedel übt das Ehrenamt mit großer Leidenschaft aus. "Kein Fall ist wie der letzte", sagt Riedel.
"Nach so vielen Verhandlungstagen ist es immer wieder spannend, wie der aktuelle Fall gelagert ist und wie er sich in der Verhandlung entwickelt."
Für die Förderlehrerin war Neugier eine der Triebfedern, das Schöffenamt zu übernehmen. "Als Bürger nimmt man oft nicht wahr, was direkt vor unserer Haustür geschieht", erzählt Riedel. Mitleid hat sie heute nur noch selten am Richtertisch, verrät die dreifache Mutter. Heute sieht sie viele der Angeklagten nüchterner. "Diese Leute haben oft einen ziemlichen Einfluss auf andere Menschen, gerade wenn es sich um Dealer handelt", betont Riedel, die in ihrem Amt auch eine große Portion Verantwortungsgefühl der Gesellschaft gegenüber ausübt. "Der Staat ist bemüht, die gefallenen Schäfchen wieder auf die Spur zu bringen und bietet viele Chancen." Große Hoffnung, dass diese Schäfchen die Chancen nutzen, hat Riedel allerdings eher nicht.
Nicht nur in diesem Punkt ist sie mit Marc Betz auf einer Linie. Viele der angesprochenen schwarzen Schafe sind Wiederholungstäter, die dem Richter oft mehrfach gegenüber sitzen. Sie per Gerichtsbeschluss zu bessern, sei schwierig. "Im Jugendstrafrecht gilt ja noch der Erziehungsgedanke", sagt Betz, "und im Erwachsenenstrafrecht steht eher die Schuldfrage im Mittelpunkt."
Dieser geht Betz am Kitzinger Amtsgericht seit 2008 nach. Mit den Laienrichtern habe er bisher nur gute Erfahrungen gemacht. "Der Gesetzgeber hat diese Form der Mitbestimmung aus gutem Grund so gewollt", sagt Betz. "Schöffen sehen den Angeklagten oft aus einem anderen, eher menschlichen Blickwinkel." Eine Behinderung seiner juristischen Arbeit durch Laien finde ganz und gar nicht statt. Das Gegenteil sei eher der Fall.
Wie der ideale Schöffe aussieht? Betz überlegt lange.
"Er sollte gerade nicht juristisch vorgebildet sein oder irgendein juristisches Halbwissen mitbringen", betont der Richter, der sich auch aus Sicht von Katharina Riedel viel Mühe in der Zusammenarbeit mit den Schöffen gibt. "Eine Viertelstunde vor jeder Verhandlung erklärt er uns den Fall und das Strafmaß, das dem Angeklagten seitens des Gesetzes droht." Je nachdem, wie sich die Verhandlung ent-wickele, könne sich dies aber verändern.
In einem kleinen Sitzungszimmer hinter dem Gerichtssaal fällt dann nach der Verhandlung das Urteil. "Ich war überrascht", verrät Katharina Riedel, "dass meine Meinung so viel Gewicht hat." Ein gesunder Menschenverstand führe allerdings in nahezu allen Fällen dazu, dass die beiden Laien mit dem Richter konform gehen.
"In den fünf Jahren als Schöffe habe ich viel über die Rechtsprechung und auch über den Menschen gelernt", betont die dreifache Mutter. Das Amt habe sie selbst aber auch verändert. "Ich schaue sehr viel genauer hin, frage anders und achte sensibler auf die Antworten." Und das nicht nur am Richtertisch.