Anders als früher, werden heute alle Pflanzen bereits getrocknet angeliefert, berichtet Christoph Mix. "Bei uns werden sie quasi veredelt. Nur noch Wacholder kommt frisch." Wacholder? "Ja, daraus wird vor allem das Trendgetränk Gin gemacht."
Trends in Sachen Essen und Trinken spiegeln sich im Mix-Sortiment wider. "Unsere Verkäufer haben immer ein Ohr am Kunden, achten auf Signale", sagt Mix. "Wenn etwa von Dinkel- oder Weizengras die Rede ist, suchen wir nach guten Anbauern."
Und das weltweit. Aus 70 Ländern in Asien, Afrika, Amerika und Europa kommen aktuell Trockengemüse, Trockenpilze, Küchenkräuter, Gewürze, "Superfoods", Heilkräuter und Tee-Zutaten - fast ein Viertel davon bereits in Bio-Qualität. "Wir haben viele langfristige, zum Teil jahrzehntelange Lieferantenbeziehungen", betont der Chef. "Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig, deswegen werden unsere 25 Produktmanager im Einkauf von einem fünfköpfigen Expertenteam für nachhaltige Versorgung unterstützt." Das Nachhaltigkeits-Team, das bei den Anbauern, Landwirten und Wildsammlern auf ökologische und soziale Aspekte schaut, ist laut Mix "öfter unterwegs als die Einkäufer".
Christoph Mix' Sohn Bernhard, der 2010 ins Familienunternehmen einstieg, fügt hinzu: "Den Kunden wird es immer wichtiger, woher die Waren kommen. Und dass sie nachhaltig und fair erzeugt worden sind." Soziale und ökologische Aspekte hatten auch bei seinem Bruder Steffen Mix einen hohen Stellenwert. Steffens plötzlicher Unfalltod 2017 hat die Kräuter-Mix-Gemeinschaft erschüttert, aber auch zusammengeschweißt. Steffens Visionen sollen Wirklichkeit werden. Unter anderem gibt es dafür den Verein "Mix for Kids", der die Lebensbedingungen von Kindern in schwierigen Verhältnissen verbessern will.
"Hidden Champion"
Die Hälfte seiner Produkte vertreibt Kräuter Mix in Deutschland, wichtige Exportziele sind die USA, Australien, Skandinavien und die EU. Bekannte Kunden sind Unilever, Nestlé, Frutarom, Mondelez, Kontanyi, Van Hees, Twinings und Kneipp. "Wir sind ein 'hidden Champion'", sagt Bernhard Mix. "Wenn Sie einkaufen gehen, landen ziemlich sicher Mix-Produkte in Ihrem Wagen. Allerdings sehen Sie das nicht - weder in Gesundheitstees noch in Tütensuppen, weder im Käse noch in der Wurst." Dabei sei die Wahrscheinlichkeit groß, "dass etwa die Paprikastücke in der Paprikawurst in Abtswind veredelt wurden".
Lediglich ein winziger Prozentsatz der Mix-Produkte trägt tatsächlich den Namen Kräuter Mix: Unter dem Label "LebensMix" gibt es im regionalen Kerngebiet - in Naturkostläden, Apotheken, Drogerien - Tees und Gewürzspezialitäten unter dem Motto "Aus Franken - für Franken".
Aus der ganzen Welt nach Franken - und von Franken in die ganze Welt - gehen jedoch deutlich mehr Produkte. Ob Rosmarin aus Marokko, Knoblauch aus China oder Majoran aus Ägypten: Die Mitarbeiter in Abtswind verarbeiten Rohstoffe auf 30 Anlagen, die im Dreischicht-Betrieb laufen. Bevor die Kräuter und Gewürze in einer der Produktions- und Abfüllhallen landen, müssen die Waren, die meist per Lkw in Abtswind angeliefert werden, jedoch erst einmal mehrere Hürden überwinden. Die erste ist der Wareneingang.
Wie in der Ankunftshalle auf dem Flughafen sind auf einem großen Bildschirm die Anfahrtszeiten aufgelistet. Jeder einfahrende Lkw wird gewogen und kontrolliert: Gebinde werden geöffnet, Proben gezogen. "Qualität ist oberstes Gebot", stellt Produktionsleiter Axel vom Berg klar. Deshalb nehmen Sensoriker die Proben unter die Lupe, dann werden sie biochemisch und physikalisch im hauseigenen Labor analysiert und gegebenenfalls zusätzlich in unabhängigen, zertifizierten Labors auf sämtliche Inhalts- und Beistoffe geprüft.
Christoph Mix muss lächeln, wenn er an die enormen Veränderungen in Sachen Qualitätskontrolle denkt. "Vor 50 Jahren gab es noch überhaupt kein Labor. Und heute? Da arbeiten Apotheker, Lebensmittelchemiker, pharmazeutisch-technische Assistenten und Chemielaboranten an HighTech-Geräten wie Hochleistungsflüssigkeits- und Gas-Chromatographen."
Ist alles in Ordnung, werden zum Beispiel die Lemongras-Blätter in Edelstahltanks gefüllt und gesäubert. "Wir arbeiten mit Naturprodukten, da kann immer mal ein Fremdkörper dran sein", weiß Axel vom Berg. In einer Mühle im Keller werden die Blätter auf Wunschgröße zerkleinert, erneut gesiebt und mit Druckluft ein Stockwerk höher befördert, wo sie in kleine Gebinde oder große Säcke gefüllt werden, ganz wie der Kunde wünscht.
Bei besonderen Anforderungen an die Hygiene durchlaufen die Produkte zu Beginn eine Keimreduzierungsanlage - "eine Art Schnellkochtopf, in dem sie bedampft werden", erklärt Axel vom Berg. Die 30 Produktions- und Mischanlagen sehen alle ähnlich aus: Sie erstrecken sich über mehrere Stockwerke, die mit glänzenden Edelstahl-Rohren verbunden sind. Sind Siebe und Zerkleinerer durchlaufen, wird das fertige Endprodukt abgefüllt - geschnitten, gemahlen, gerebelt, gekibbelt, als ganze Ware, in Scheiben, Streifen, Würfeln oder als Granulat - und in die Versandhalle beziehungsweise ins Lager transportiert.
"Nachhaltig wachsen"
Damit die Pflanzen überhaupt optimal gedeihen konnten, mussten sich Sonne, Regen, Wind und Insekten die Waage halten. Das klappt nicht immer. "Mutter Natur ist ein unsicherer Verhandlungspartner. Die Entwicklung zu kalkulieren, ist das Spannende an unserer Arbeit", findet Christoph Mix. Auch nach 50 Jahren Erfahrung liebt er das Reisen und Verhandeln mit Lieferanten in aller Welt.
"Es ist nie etwas fertig. Alles ist im Wachsen", hat Walter Mix schon 1963 festgestellt. Zum Hundertjährigen präsentieren die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Christoph Mix und Bernhard Mix sowie Geschäftsführerin Silke Wurlitzer ein überarbeitetes Firmenlogo und den Leitsatz "Passion for Plants". Mit dieser Leidenschaft für Pflanzen "gehen wir in die Zukunft", kündigt Christoph Mix an. "Wir wollen nachhaltig weiterwachsen." Ganz wie der Opa vor 100 Jahren.
Mix in Zahlen:
23.000 Tonnen beträgt der durchschnittliche Warenbestand in den modernen Lagerhallen von Kräuter Mix.
115 Millionen Euro Umsatz haben die 420 Mitarbeiter des 1919 gegründeten Unternehmens im Jahr 2018 erwirtschaftet.
50 Prozent der Waren, die bei Kräuter Mix im fränkischen Abtswind verarbeitet werden, werden ins Ausland exportiert.