Geschlossene Jugendhäuser: eine „Voll-Katastrophe“

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Die Türen der Jugendhäuser im Landkreis bleiben – wie hier in Michelfeld – nach wie vor zu. 
Robert Haass
Gemeinschaft und gemeinsame Aktionen? Fehlanzeige! Bis die Wiesentheider Jugendlichen sich wieder treffen können, dauert noch. 
Berthel
Robert Ihrig wartet im Jugendhaus in Volkach auf jugendliche Gäste. Nur im Einzelfall kann er Hilfe anbieten.
Andreas Stöckinger

Party, chillen und Kumpels treffen? Fehlanzeige! Wegen Corona sind die Jugendhäuser im Landkreis geschlossen und nicht nur die Jugend leidet.

Homeschooling statt Pausenhof, in der Freizeit die Füße still halten statt am Nachmittag zum Training zu gehen. Das Jugendhaus bleibt zu, Treffen mit Freunden sind verboten – das sonst normale Leben für Jugendliche ist immer noch völlig auf den Kopf gestellt. "Bei den Diskussionen der Politik hört man immer nur Kinder, die Geschäfte oder Altenheime. Aber Jugend findet nicht statt", moniert Rebecca Rügamer vom Kreisjugendring in Kitzingen.

Wie kommen junge Leute im Landkreis mit den Einschränkungen zurecht, die auch ihnen aufgebürdet wurden? „Eine Voll-Katastrophe“ sei das für viele, beschreibt Seda Elmas, Erzieherin und Mitarbeiterin vom Jugendtreff in Wiesentheid die Situation. Sie, wie auch andere, die in der Jugendarbeit im Landkreis arbeiten, kriegt aus erster Hand mit, wie es den Teenagern geht. Die Sorgen und Probleme der jungen Leute gebe es ja weiter, durch Corona würden eher noch verstärkt.

Das bekomme jedoch kaum einer mit, weil diese Altersgruppe derzeit in den Diskussionen nicht vorkommt, stellt Robert Ihrig vom Jugendtreff in Volkach fest. Manche der Einrichtungen für junge Leute im Landkreis bieten im Rahmen ihrer eingeschränkten Möglichkeiten Hilfe an, bei anderen ruht dagegen die Jugendarbeit.  

Scheu vor dem Telefon

Im Jugendtreff in Wiesentheid haben die Mitarbeiterinnen Seda Elmas und Ivonne Berthel in den vergangenen Monaten ein „offenes Fenster“ eingerichtet. Über diese Möglichkeit konnten Jugendliche nach Voranmeldung am Treff vorbei kommen und einfach mit den Pädagogen reden. Genutzt wurde und werde das allerdings nur vereinzelt, sagt Seda Elmas. „Sie melden sich sehr sporadisch. Wir haben zu vielen keinen Kontakt.“ Aus den Gesprächen habe sie mitbekommen, dass viele Jugendliche frustriert und unmotiviert sind.  Andere haben sich laut Elmas in den vergangenen Monaten wohl doch ab und an getroffen – heimlich.

Auch Ihrig macht das Fenster für die Jugendlichen in Volkach auf. In einzelnen Fällen öffnet er auch mal die Türen des Jugendhauses. Eintreten darf man natürlich nur mit Maske. „Sie klopfen an, dann reagiere ich“, sagt Ihrig. Manche meldeten sich in den vergangenen Monaten auch per Handy, wenn sie Hilfe benötigten. Das ein oder andere lasse sich jedoch nicht am Telefon regeln, sondern nur mit einem Treffen. Dann bespricht er das Problem mit dem Betroffenen. Zuletzt habe er viel „Nothilfe“, wie er es nennt, betrieben. „Ich kümmerte mich auch schon um Not-Unterkünfte für Jugendliche oder half bei Hartz-IV-Anträgen. Manche haben wirklich niemanden, der sie unterstützt. Das muss ja weiter gehen, auch wenn Pandemie ist“, sagt er.

Seit 25 Jahren ist Ihrig im Volkacher Jugendhaus und kennt seine Pappenheimer. Mit etwa 14 Jahren kommen sie in die Einrichtung. In normalen Zeiten ist das Jugendhaus in der Nähe vom Bahnhof gut frequentiert. Um die 30 Stammbesucher hat Ihrig, dazu kommt noch die „Laufkundschaft.“ Dass wegen der Pandemie immer noch alles geschlossen ist, sei sehr schwierig für die jungen Leute, so Ihrig. „Ich bin mal gespannt, wie lange sie noch durchhalten. Sie warten förmlich darauf, dass es wieder los geht und man sich treffen kann.“

Auch in Dettelbach wartet die Jugend drauf, dass es endlich wieder losgeht. Anna Kreisel bietet als Zuständige von der Stadt Beratungen per Telefon an. Genutzt werde das kaum, viele hätten eine Scheu, sich da zu melden. Als der Treff noch offen war, habe sie mehr von den Sorgen der jungen Leute aus dem Ort mitbekommen. Wie sich die Jugendlichen fühlen, bekommt Kreisel mit, da mit Angelina Knorr und Michelle Zagorsky zwei Jugendliche Praktikum im Rathaus machen. „Das ist schon doof, wenn man sich nicht treffen kann", sagt Knorr. "Ich tanze selbst gerne bei der Garde, das ist meine Leidenschaft. Wir haben zwar online Training, aber das ist aber nicht das gleiche, da fehlt dir was."

Jugendliche haben keinen Rückzugsort mehr

Angelika Howard kennt diese Nöte. Sie ist die Leiterin des Iphöfer Jugendhauses. Seit 23 Jahren hat sie ein Ohr für die Sorgen und Bedürfnisse der Heranwachsenden. „Es ist ganz schön schwierig für die Jugendlichen", sagt Howard. „Für sie ist es echt schlimm, keinen Ort zu haben, wo sie sich mal zurückziehen können, um unter sich sein.“ Die Jugend zu erreichen, sei für die Pädagogin derzeit nicht leicht. Den ein oder anderen spreche sie an, wenn man sich zufällig begegne.  Und alle wollen wissen: "Wann macht ihr endlich wieder auf?"

Auch in kleineren Orten, wie Willanzheim, ist der Treff geschlossen. Das Zusammensein können Messenger-Gruppen nicht ersetzen, erklärt Katharina Hein, die sich als Vorsitzende im offenen Jugendtreff der Gemeinde engagiert. „Wir haben seit März 2020 geschlossen und nicht mehr aufgemacht. Das ist sehr traurig. Wir haben sonst auch Spielabende gemacht oder sind gemeinsam auf Feste gefahren“, bedauert sie den Verlust an Gemeinschaft.

Hein und ihre Kollegen hoffen, dass mit dem Frühling wieder bessere Zeiten kommen – für alle, aber besonders auch für die Jugend.