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Fischer sorgen sich um den Aal


Autor: Gerhard Meißner

Randersacker, Donnerstag, 17. März 2016

Die Berufsfischer in Unterfranken sind zufrieden mit der Fischfauna im Main – trotz des heißen Sommers im vergangenen Jahr. Für den Aal allerdings sieht es nicht gut aus.
Der Aal, früher „Brotfisch“ der Berufsfischer am Main, ist selten geworden. Damit Aale ihrem natürlichen Lebenszyklus folgen können, bewahren Fischer die Tiere vor dem Tod im Wasserkraftwerk, indem sie geschlechtsreife Tiere fangen und im unregulierten Rhein wieder freilassen.


Reich gedeckt ist der Tisch für die Raubfische im Main. Überraschend gut habe die Fischfauna den heißen Sommer des vergangenen Jahres überstanden, urteilte Hubert Holl, der Obmann der Berufs- und Nebenerwerbsfischer im Unterfränkischen Fischereiverband, bei einer Fachtagung in Randersacker (Lkr. Würzburg). Das lässt darauf hoffen, dass sich die Bestände zunehmend auf natürlichem Weg stabilisieren. Nur für den Aal ist eine Rettung bislang nur durch massive Hilfe des Menschen möglich.

Die kleinen Weißfische bilden die Nahrungsgrundlage für die bei Anglern besonders begehrten Räuber wie Hecht, Zander und Barsch. „So viel Brut wie im vergangenen Jahr habe ich noch nie gesehen“, berichtete Holl seinen Berufskollegen aus dem Gebiet zwischen Schweinfurt und Aschaffenburg. Die Weißfische sind aber auch wichtig für das natürliche Gleichgewicht der Arten. Nur ein angemessener Bestand an Fressfeinden ist in der Lage, die Zahl an Schwarzmeer-Grundeln in Grenzen zu halten. Der Zuwanderer aus dem Donauraum hat sich in den letzten Jahren im Main breitgemacht und schadet durch seine Vorliebe für Fischlaich den angestammten Arten.

Ein „Problem ungewissen Ausmaßes“ sei nach wie vor der Kormoran, sagt Fischereipräsident Peter Wondrak. Der Wasservogel ernährt sich überwiegend von Fisch. Während er den Main früher hauptsächlich als Winterquartier angeflogen hat, lassen sich mehr und mehr Brutpaare dauerhaft nieder. Vogelschutz gerät hier in Konflikt mit dem Schutz der Fischfauna.

Größeres Kopfzerbrechen bereitet den Fischern die Zukunft des Aales. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Staukraftwerke entlang des Mains gebaut wurden, ist die Wanderung des schlangenähnlichen Fischs in seine Laichgewässer in der Sargassosee im Atlantik östlich von Florida gestört. Auf ihrer Wanderung flussabwärts sterben die meisten geschlechtsreifen Aale in den Kraftwerksturbinen.

Aus dem jahrzehntelangen, zeitweise erbitterten Streit zwischen Kraftwerksbetreibern und Fischern ist inzwischen ein gemeinsames Bemühen um technische Lösungen geworden. Unterstützt wird dieses Bemühen durch die Vorgaben der Europäischen Union und das Aalschutzprogramm des Bundes.

Als einzig wirksames, aber zugleich aufwendiges Verfahren hat sich der Fang geschlechtsreifer Aale während der winterlichen Wanderzeit erwiesen. Die Aale werden an die Mainmündung transportiert und im unregulierten Rhein wieder in die Freiheit entlassen. 6,25 Tonnen der sogenannten Blankaale haben so im vergangenen Jahr über dieses „Catch-and-Carry“-Verfahren die Reise in Richtung Atlantik angetreten, berichtet Fischereipräsident Peter Wondrak.

Eine dauerhafte Lösung, von der auch andere Wanderfische profitieren würden, verspricht sich Wondrak von der Umstellung der Kraftwerke auf eine neue, fischschonende Turbinen-Generation. Detlef Aster, ehemaliger Präsident der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd in Würzburg und jetziger Leiter der Umweltabteilung an der Generaldirektion für Wasserstraßen in Bonn, hat allerdings wenig Hoffnung auf eine Lösung innerhalb der nächsten Jahrzehnte. Zum Einbau der neuen Turbinen müssten die Kraftwerke praktisch komplett neu gebaut werden, so Aster.

Naheliegender sind den Fischern veränderte Förderrichtlinien der EU aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds. Eine nachhaltige und umweltschonende Fischerei auf den Binnengewässern und einen Ausbau der Aquakultur will die EU damit unter anderem unterstützen, so Wolfgang Silkenat, Fischereifachberater am Bezirk Unterfranken. Gefördert werden beispielsweise der Austausch von Bootsmotoren gegen Fabrikate mit weniger Schadstoffausstoß oder Investitionen in die Verarbeitung und Vermarktung selbst gefangener Fische.

5,7 Milliarden Euro stehe in dem Förderpaket bis 2020 EU-weit zur Verfügung. Der Löwenanteil entfällt auf Atlantik-Anrainer wie Spanien mit 1,1 Milliarden Euro. Von den 11,1 Millionen Euro für Bayern sind 900 000 Euro für die Binnenfischerei vorgesehen.