Seniorenheim St. Elisabeth: Endlich Zeit zum Aufatmen
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Donnerstag, 04. März 2021
Vier Wochen lang tobte im Seniorenheim St. Elisabeth das Coronavirus. Bewohner und Mitarbeiter waren sehr gefordert. Ein Rückblick in Trauer und Dankbarkeit.
Das Aufatmen ist beinahe mit Händen zu greifen. Vier Wochen lang mussten Bewohner und Mitarbeiter im Seniorenheim St. Elisabeth in Kitzingen durch harte Zeiten gehen. Jetzt ist Corona besiegt. Und so soll es auch bleiben.
Elisabeth Müller hätte sich einen anderen Abschied gewünscht. Seit beinahe 26 Jahren arbeitet sie im Seniorenheim im Herzen der Stadt, seit 16 Jahren als Heimleiterin.
An diesem Donnerstag ist ihr letzter Arbeitstag. „Die letzten Wochen waren für uns alle sehr anstrengend“, sagt sie. 14 Bewohner sind verstorben, 21 Mitarbeiter und fast 50 Bewohner waren zwischenzeitlich positiv auf Covid-19 getestet worden. Ein großer Pandemiebereich ist eingerichtet worden, die meisten Senioren durften ihre Zimmer rund vier Wochen nicht verlassen. „Seit Anfang der Woche dürfen sie wieder in den Garten“, sagt Bianca Hahn und die Freude ist ihr auch mit Maske anzusehen. Seit dem gestrigen Mittwoch dürfen die Bewohner auch wieder den Wintergarten benutzen und gemeinsam essen. „Natürlich unter strengen Sicherheitsvorkehrungen“, betont Hahn, die Elisabeth Müller als Heimleiterin beerbt.
Während sich Müller in den letzten Wochen vor allem um die Organisation gekümmert hat, um die Zusammenarbeit mit Gesundheitsamt, Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und Bayerischem Roten Kreuz, war Hahn an „vorderster Front“, mitten drin im Pandemiebereich. „Wahnsinnig anstrengend“, bilanziert sie. Acht Stunden in voller Schutzmontur hinterlassen ihre Spuren – aber nicht nur physisch. Es gab Kolleginnen, die während ihrer Schicht nichts getrunken und gegessen haben – aus einer diffusen Angst vor einer Ansteckung heraus. „Dabei ist man nach einer halben Stunde völlig verschwitzt“, weiß Hahn.
14 Menschen sind in diesen vier Wochen in St. Elisabeth gestorben – so viele wie normalerweise in einem ganzen Winter. „Unsere Pflegekräfte sind mit dem Ableben der Bewohner vertraut“, sagt Elisabeth Müller. „Aber natürlich muss diese Trauer erst einmal verarbeitet werden.“ Zumal die christliche Bestattungskultur, die in St. Elisabeth normalerweise gepflegt wird, wegen Corona ausgesetzt werden musste. „Wir konnten mit den Bewohnern nicht mehr in Kontakt kommen, wir durften sie nicht mehr für den letzten Weg herrichten“, nennt Müller zwei Beispiele. Normalerweise steht im Erdgeschoss ein Kondolenzbuch mit Bildern von den Verstorbenen, in der hauseigenen Kapelle kann ihrer gedacht werden. All diese gewohnten Rituale konnten aus Angst vor einer Ansteckung nicht durchgeführt werden. „Das Sterben war in diesen Tagen sehr steril“, bestätigt Hahn und nickt traurig.
Immerhin: Die Angehörigen durften ihre Sterbenden auf dem letzten Weg begleiten, wenn sie in voller Schutzmontur in den Pandemiebereich gehen wollten. „Dieses Angebot haben alle Betroffenen angenommen“, sagt Müller, die sich über die Rückmeldungen der meisten Angehörigen gefreut hat.
Nach einer anfänglichen Phase, in der Unverständnis und Verärgerung überwog, kippte die Stimmung. „Wir haben in den letzten Tagen viel Verständnis und Unterstützung erhalten“, freut sich Bianca Hahn und dankt vor allem dem BRK und Rene Kinstle vom Seniorenhaus Mühlenpark, der zwei Mitarbeiter für neun Tage zur Verfügung stellte. Manche Angehörige brachten Kuchen, Handcreme oder andere Aufmerksamkeiten für die Kolleginnen mit.