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Jugendkreistag: Digitalisierung und Orientierung


Autor: KTljw

Kitzingen, Donnerstag, 23. Februar 2017

Handys auf dem Schulgelände sind verboten. Doch die Schüler wollen Technik im Unterricht. Diese Meinung präsentierten die Jugendlichen beim Kreistag Kitzingen.
In kleinen Gruppen wurde beim Jugendkreistag intensiv diskutiert – auch mit Stefan Wolbert, dem Leiter der Dettelbacher Realschule.


Zum Schuljahr 2006/2007 ist an den bayerischen Schulen ein Gesetz in Kraft getreten, das bis heute gilt: Striktes Handynutzungsverbot auf dem Schulgelände. Das Gerät ausgeschaltet bei sich zu haben, ist offiziell das Höchste der Gefühle. Das ist aus Sicht der Schüler nicht mehr zeitgemäß. Ganz im Gegenteil: Sie fordern, Smartphones und Tablets zu einem Teil des Unterrichts zu machen.

Schüler präsentieren ihre Meinung

Schon zum 22. Mal lud der Kreistag Kitzingen Schüler aus dem Landkreis zu einer eigenen Sitzung ein. Dort können sie sich Gehör verschaffen und Themen vorbringen, die sie beschäftigen. Die beiden Fragen in diesem Jahr lauteten: „Sollten Schüler im Unterricht das eigene Smartphone oder Tablet benutzen dürfen?“ und „Die Schule ist geschafft! Was hilft bei der richtigen Berufswahl?“

Schüler aus acht Schulen machten in kurzen Präsentationen ihren Standpunkt klar. Im Vorfeld herausgearbeitete Argumente und sogar eigene Umfragen stützten ihre Ausführungen. Smartphones wären ein ausgezeichnetes Rechercheinstrument, heißt es, vielleicht ließe sich so sogar die Menge an schweren Büchern reduzieren. Außerdem müsse ein WLAN-Zugang für die Schüler her. „Das digitale Klassenzimmer ist das Modell der Zukunft“, findet die Schülerdelegation der Realschule Dettelbach.

Eine Umfrage unter den Schülern der Realschule Marktbreit hat ergeben, dass die meisten Schüler lieber auf ihre eigenen Geräte zurückgreifen würden als auf Schuleigentum. Somit wäre, aus Sicht der Antragsteller, auch der Kostenfaktor kein zu großes Hindernis.

Auch kritische Stimmen

Doch es gibt auch kritische Stimmen: Die Schüler der Berufsschule Kitzingen-Ochsenfurt argumentierten, dass die Handys nicht nur eine potenzielle Ablenkung im Unterricht wären, sondern auch eine Gelegenheit, sich in Prüfungen einen Vorteil zu erschleichen. Dennoch wünschen sie sich ebenfalls eine Lockerung des Verbots, zumindest außerhalb des Unterrichts, in Pausen oder Freistunden. Als Experten waren Markus Weis, Medienbeauftragter der Realschule Kitzingen, und Lambert Zumbrägel, Medienfachberater vom Bezirksjugendring Unterfranken, zur Unterstützung der Diskussion eingeladen.

Zumbrägel brachte die Schüler direkt auf den neusten Stand: „Die Kultusministerkonferenz hat bereits beschlossen, dass für jeden, der ab 2018 eingeschult wird, der Umgang mit digitalen Medien zur Schulausbildung gehören wird. Die Frage ist also nicht ob, sondern wie das umgesetzt wird. Da steht wirklich ein radikaler Wandel bevor.“

Er ergänzte: „Und wer bildet die Lehrer dafür aus?“ Ein Denkanstoß, der kurz darauf auch in den kleinen Diskussionsgruppen aus Schülern, Lehrern, Politikern und Experten ein Thema ist. Angeregt wird diskutiert, die Ideen und Anträge der Schulen noch verfeinert. Die Anträge, die am Ende zur Abstimmung gestellt werden, ähneln sich: Die Nutzung von Smartphones und Tablets im Unterricht soll erlaubt werden. Aber die Schüler liefern auch einige konstruktive Ansätze und Einschränkungen: Wirklich sinnvoll sei die Nutzung erst in höheren Jahrgangsstufen, zum Beispiel ab der neunten Klasse. Auch Testphasen in ausgewählten Klassen wurden vorgeschlagen. Und: Schulungen für die Lehrer seien dringend notwendig.

Schulabschluss – Und was dann?

Während die Schüler beim Thema Digitalisierung ziemlich genau wissen, was sie wollen, wünschen sie sich mehr Hilfe bei der Berufsorientierung. „Wir hätten gerne eine App, die anhand eines Tests Berufsvorschläge liefert. Außerdem sollen Auszubildende der Berufe dort Kommentare hinterlassen können“, erklären die Schüler der Realschule Kitzingen. Davon versprechen sie sich einen tieferen Einblick in die Berufe und direkte Rückmeldung, wie der Arbeitsalltag dort wirklich aussieht.

Christa Stadie, von der Kitzinger Agentur für Arbeit, betont zwar: „Solche Apps von der Agentur oder der IHK gibt es schon“, doch die Schüler wünschen sich mehr regionalen Bezug. Eine integrierte Möglichkeit, nach Praktikumsplätzen zu suchen, zum Beispiel. Allgemein solle der Zugang zu Praktika unter 16 Jahren erleichtert werden.

Die Schüler des Kitzinger Armin-Knab-Gymnasiums fordern mehr Betriebsbesichtigungen für Schüler. Davon versprechen sie sich einen früheren Eindruck davon, welche Berufe überhaupt später einmal in Frage kämen. „Stellen wir uns einen Schüler vor, der nicht allzu gute Noten hat. Vielleicht weiß er einfach nicht, für welches Ziel er lernen soll“, erklären sie in der Präsentation. Bei einer präzisen Berufsvorstellung könne frühzeitig in den entsprechenden Fächern Gas gegeben werden.

Betriebe öffnen gerne Türen

„Eigentlich öffnen Betriebe immer gerne ihre Türen“, erwidert Stefan Wolbert, Schulleiter der Realschule Dettelbach und Mitglied im Kreisrat. „Das Problem ist meist eher, Schulen und Schüler dazu zu bringen, dann auch hinzugehen.“ Hier schlagen die Schüler Zertifikate für absolvierte Betriebsbesichtigungen als Anreiz vor, die später die Bewerbungsunterlagen aufwerten könnten.

Die befürworteten Anträge werden nun ihren Weg auf die Tagesordnung der regulären Kreistagssitzungen finden, laut Landrätin Tamara Bischof im Sommer oder Herbst: „Es ist höchst spannend, was da auf uns zukommt!“