Bürgerbus: Ein Fall für Zwei
Autor: Diana Fuchs
Seinsheim, Donnerstag, 15. Oktober 2020
Zum Friseur, zu Freunden, zum Einkaufen: Der Bürgerbus fährt. Für Ausflüge kann man ihn ebenso mieten wie das „Dorf-Auto“. So geht Nachhaltigkeit auf dem Land.
Mit einem kleinen Flitzer hat alles angefangen. Schneeweiß mit schwarzen Sitzen: So sah das allererste Dorf-Auto aus, das die Gnötzheimer vor neun Jahren in Betrieb nahmen. Aus dem Ford-Fiesta mit fünf Sitzen sind inzwischen zwei VW-Busse geworden. So funktioniert Car-Sharing auf dem Land.
Erster „Motor“ des Car-Sharings war das Pfarrersehepaar Uwe und Christine Stradtner. Die Stradtners leben schon lange so umweltbewusst wie möglich – in allen Bereichen, von der Ernährung bis hin zur Mobilität. Ihr Vorbild färbte ab. Mit tatkräftiger Unterstützung von Vertrauensfrau Claudia Ott und ihrem Mann Wilhelm Ott beschloss die Gnötzheimer Kirchengemeinde, ein Gemeinschaftsauto anzuschaffen, das die Bürger bei Bedarf mieten können. Mehrere Jahre brachte der Fiesta seine Insassen zuverlässig zu ihren jeweiligen Zielen. Dann lief der Leasing-Vertrag aus.
Parallel zum „Dorf-Auto“ in Gnötzheim hatte sich in Seinsheim ein Verein gegründet, der ähnliche Ziele verfolgte. Treibende Kraft war Stefan Schwarz, der langjährige Jugendraumleiter. „Uns schwebte vor, einen Bus anzuschaffen – für Ausflüge zum Beispiel.“ Schwarz sprach mit Uwe Stradtner, der nicht nur seine Erfahrungen in Sachen Gemeinschaftsfahrzeug gerne teilte. Er hatte auch die Idee, eine Bürgerbuslinie zu etablieren.
„Ich habe daraufhin in Seinsheim und den Ortsteilen Iffigheim, Tiefenstockheim und Wässerndorf bei den Bürgerversammlungen von der Idee erzählt und dafür geworben“, erinnert sich Stefan Schwarz. „Uns war klar, dass wir zirka 20.000 Euro Kredit brauchen und dass der Bus mindestens 20.000 Kilometer pro Jahr fahren muss, damit die Sache Null auf Null ausgeht.“
Als er diese Zahlen seinen Mitbürgern präsentierte, waren die zunächst vor allem eins: skeptisch. „Das war ja etwas ganz Neues und die Finanzierung warf zunächst Fragen auf.“ Mit der Zeit aber sei immer mehr Begeisterung für die Sache entstanden. Am Ende waren mehr als zehn Vereine und Institutionen – von Feuerwehren über den Weinbauverein und die Jugend bis hin zum Kirchgadenverein – bereit, das Geld zinslos vorzustrecken.
Bereuen musste das keiner. Mittlerweile sind alle Darlehen zurückgezahlt – und der Bürgerbus fährt und fährt. Im Juli 2013 hat sich der „Generationenbusverein Seinsheim e.V.“ gegründet und wenig später, im November, ist die Linie in Betrieb gegangen – „ein neunsitziger, knallroter Bus“, berichtet Schwarz.
Gesteuert von ehrenamtlichen Fahrern aus den Gemeinden dreht der Bürgerbus seitdem montags, mittwochs und freitags stündlich von 9 bis 13 Uhr seine Runden durch die Umgebung – für den unschlagbaren Preis von einem Euro pro Fahrt. Nur: Rot ist der Bus mittlerweile nicht mehr. „Als der Rote ersetzt werden musste, war halt gerade ein Weißer zur Stelle“, erklärt Stefan Schwarz.