Auf der Suche nach Auszubildenden
Autor: Ralf Dieter
Kitzingen, Montag, 03. November 2014
Die aktuellen Zahlen auf dem Arbeitsmarkt sind gut. Überraschend gut. Doch in die Aussichten mischt sich ein wenig Sorge. Woher kommen die motivierten und engagierten Auszubildenden der Zukunft? Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Die aktuellen Zahlen auf dem Arbeitsmarkt sind gut. Überraschend gut. Doch in die Aussichten mischt sich ein wenig Sorge. Woher kommen die motivierten und engagierten Auszubildenden der Zukunft? Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
„Wir haben den stärksten Rückgang an Arbeitslosen seit dem Jahr 2005.“ Der Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Würzburg, Richard Paul, ist zufrieden. Ein Rückgang der Zahlen im Herbst ist nor-
mal. Aber in diesem Ausmaß? Bei 2,8 Prozent liegt die Arbeitslosenquote im Agenturbezirk, zu dem die Landkreise Kitzingen, Würzburg und Main-Spessart sowie die Stadt Würzburg zählen. Zum Vergleich: Bayernweit liegt die Quote bei 3,4 Prozent, im Bund sogar bei 6,3 Prozent. „Das entspricht bei uns faktisch einer Vollbeschäftigung“, sagt Paul. Also alles in bester Ordnung? Ganz so einfach ist es nicht. Es gibt auch eine Kehrseite der Medaille.Seit mehr als 50 Jahren entwickelt, fertigt, montiert und verkauft die Göpfert Maschinen GmbH in Wiesentheid Wellpappenverarbeitungsanlagen in alle Welt. Stetig ist die Zahl der Mitarbeiter gestiegen. Von anfänglich sechs auf 70 im Jahr 1986 und 110 in 1992 bis zum aktuellen Stand von 310 Mitarbeitern. Ein Ende ist nicht in Sicht. „Wir bauen weiter aus“, kündigt Geschäftsführer André Göpfert an. Noch in diesem Jahr sollen eine neue Fertigungs- und Lagerhalle sowie ein weiteres Verwaltungsgebäude errichtet werden. Göpfert rechnet mit dem Bezug Ende 2015. Die Erweiterung schafft in erster Linie mehr Raum für Maschinen und Arbeitsabläufe. „Aber in der Regel ist mit einer Erweiterung auch eine Erhöhung der Mitarbeiterzahl einhergegangen“, sagt der Geschäftsführer. Bei der Suche nach Fachkräften wird er es nicht leicht haben.
2966 offene Stellen hat es im Bezirk der Agentur Würzburg Ende Oktober gegeben. 13 Prozent mehr als im Vorjahr. „Wir haben gerade eine sehr hohe Dynamik im Arbeitsmarkt“, sagt Paul. Alleine im Oktober haben sich 3000 Beschäftigte neu arbeitslos gemeldet. Ihnen standen allerdings 3800 Menschen gegenüber, die eine Arbeit gefunden haben. „Es ist ein ständiger Ausleseprozess“, sagt Paul. „Die stärksten Bewerber kommen gleich wieder in Beschäftigung. Die Schwächeren haben es schwer.“ Das Zauberwort lautet deshalb: ständige Fortbildung. Denn die Nachfrage nach qualifizierten Kräften ist in ganz Mainfranken da. Über alle Branchen hinweg. Die Suche startet schon früh. Bei den Auszubildenden.
310 Mitarbeiter hat die Göpfert Maschinen GmbH. Fast zehn Prozent sind Auszubildende. Auch für das Ausbildungsjahr 2015 sucht die Firma wieder zehn neue Azubis. „Es wird nicht einfacher“, sagt Erwin Offner, der Ausbilder in der Sparte Elektronik. Die Bewerberzahlen sind seit Jahren rückläufig. 150 waren es zu Höchstzeiten, 2013 waren es nur noch rund 100. „Für das nächste Jahr müssten eigentlich jetzt schon deutlich mehr Bewerbungen da sein“, sagt André Göpfert. Doch die Schulabgänger von heute haben deutlich mehr Möglichkeiten als noch vor 10 oder 20 Jahren. Paul spricht von einem Wandel in Richtung Bewerbermarkt. Die Zahlen unterstreichen das: 3756 Bewerber hatten im Agenturbezirk die Wahl aus 3980 Ausbildungsstellen.
Letztendlich sind gerade mal 49 Jugendliche nicht versorgt worden. Im Landkreis Kitzingen waren es sechs junge Menschen, bei denen Wunsch und Wirklichkeit nicht zusammenpassten. 78 angebotene Stellen blieben offen. Besonders schwer tun sich Branchen wie Gastronomie, Metzger oder Bäcker. Bereiche mit unregelmäßigen Arbeitszeiten sind für die meisten Jugendlichen eben nicht attraktiv.
Aber selbst florierende und expandierende Unternehmen wie die Göpfert Maschinen GmbH in Wiesentheid tun sich schwer, geeignete Bewerber zu finden. Die Konkurrenz von Großbetrieben in Schweinfurt oder Würzburg ist ein Grund, die veränderte Lebensplanung der Jugendlichen ein anderer. In manchen Realschulen gehen mehr als die Hälfte der Absolventen auf weiterführende Schulen.