Ende einer Ära: Rebitzer geht
Autor: Andreas Stöckinger
Castell, Montag, 18. Juli 2016
Gerade wird in Castell das 47. Weinfest gefeiert. Es ist gleichzeitig das letzte für Karl-Heinz Rebitzer. Wenige Tage später geht der Leiter des Weinguts nach fast 50 Arbeitsjahren in den Ruhestand.
Gerade wird in Castell das 47. Weinfest gefeiert. Es ist gleichzeitig das letzte, für das Karl-Heinz Rebitzer verantwortlich zeichnet. Wenige Tage später geht der Leiter des Weinguts nach fast 50 Arbeitsjahren in den Ruhestand. Anlass genug für den 64-Jährigen, auf eine besondere Zeit zurück zu blicken.
„Die 50 Jahre sind gefühlt wie gestern. Es ist immer schön gewesen, an der Entwicklung des Ganzen teil haben zu können“, bekennt er in der ihm eigenen Ruhe. Kaum einer kennt Castell, den Betrieb, die Fürstenfamilie, die Weinberge so gut wie Rebitzer.
Hoch oben auf dem Schlossberg, dem Fleck mit der schönsten Aussicht über den Ort und die Gegend, lässt er den Blick schweifen. „So ein Platz – hier steht die Zeit. Das ist mein Lieblingsort“, sagt er und schaut sich um. Kein Wunder, dass dort, zum Beispiel bei Weinproben oder Führungen, die Gäste tief beeindruckt sind.
Ja, der Wein. Zunächst sah es nicht so aus, als würde Rebitzer bei ihm landen. Aus einfachen Verhältnissen stammt er, die Eltern Flüchtlinge, der Vater arbeitete als Maurer für Albrecht Fürst zu Castell-Castell. Ihn besuchte Karl-Heinz schon als kleiner Junge des Öfteren. Was auch verbindet: Rebitzer steigt noch heute in Castell über Treppen, die sein Vater einst gemauert hat.
Seinen Berufsweg in Castell startete Rebitzer im Alter von 16 Jahren in der Buchhaltung. Der angehende Bürokaufmann fuhr von seinem Wohnort Rüdenhausen mit dem Fahrrad zur Arbeit und zurück. Es war die Zeit, als es noch Durchschreibesysteme und wöchentliche, mit der Hand geschriebene Lohnabrechnungen samt Lohntüte gab. Es wurde viel mehr mit der Hand gearbeitet als jetzt, in allen Bereichen des Betriebs.
Heute verläuft nahezu alles in einem ganz anderen Tempo: Auch der Weingutsleiter muss ständig erreichbar sein, was er nicht immer als angenehm empfindet. Im Urlaub oder in der Freizeit bleibt das Handy deshalb gerne mal aus. Zwei bis drei Wochen im Sommer stieg er immer mal „aus dem Rad aus“, wie er sagt. Es gebe nahezu nichts, was nicht zwei Wochen warten könne.
Über den Wein und das Weingut weiß Rebitzer nahezu alles. Und doch: „Man lernt immer, man lernt von der Natur, von den Winzern.“ Einen Vorteil habe die Natur, haben die Reben. Sie lassen sich nicht von der Schnellebigkeit anstecken. „100 Tage nach der Blüte ist die Lese, das ist Fakt.“ Als Winzer brauche man eben Geduld, ein anderes Zeitgefühl.