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Ein streitbarer Interessensvertreter feiert


Autor: Regina Sterk

Iphofen, Dienstag, 03. Oktober 2017

Seit 70 Jahren gibt es den VdK in Bayern – wie könnte man dieses Ereignis besser feiern, als beim alljährlichen Sozialforum des Kitzinger Kreisverbandes.
Bei der Podiumsdiskussion des Sozialforums des VdK drehte sich alles um das 70-jährige Bestehen des Verbandes. Mit dabei waren Ehrenkreisvorsitzender Gustav Patz, Landrätin Tamara Bischof, Moderator Jürgen Gläser vom Bayerischen Rundfunk, die stellvertretende Landesgeschäftsführerin Ingrid Müller und Kreisgeschäftsführer Klaus-Peter Mai (von links).


Seit 70 Jahren gibt es den VdK in Bayern – wie könnte man dieses Ereignis besser feiern, als beim alljährlichen Sozialforum des Kitzinger Kreisverbandes. Die Knauf-Halle in Iphofen war gut besetzt am Sonntag und illustre Gäste aus dem Verband und der Politik hatten sich eingefunden.

Kreisvorsitzender Hartmut Stiller freute sich über den guten Besuch trotz des Sonntags vor dem Brückentag. Aber am 1. Oktober ist nun mal der „Tag der älteren Generation“, den die UN 1990 ausgerufen hatte. Der passende Tag also, um über die Bedürfnisse und Sorgen eben dieser Generation zu reden, der sich der VdK seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges annimmt.

9948 Mitglieder

Stiller zeigte sich stolz, dass der Kitzinger Kreisverband zu den mitgliederstärksten in Bayern zählt. Mit 9948 Menschen ist die magische 10 000 fast erreicht, die die verstorbene Kreisgeschäftsführerin Roswitha Kramer immer als großes Ziel ausgegeben hatte. Ihr Vermächtnis war am Sonntag präsent. Landrätin Tamara Bischof drückte das mit einem „Danke, Roswitha!“ aus und stellte das Engagement der Verstorbenen als großes Beispiel für alle Ehren- und Hauptamtlichen heraus. Die fehlenden 52 Mitglieder hätte sie bestimmt noch an Ort und Stelle versucht zu finden.

Als erstes bot sich da Hilar Burkard an. Der Iphöfer Stadtrat vertrat den Bürgermeister und erinnerte sich, welchen Stellenwert der VdK in seiner Familie hatte. „Ich bin noch kein Mitglied“, schmunzelte er.

Aus München war die stellvertretende Landesgeschäftsführerin Ingrid Müller zu Gast. Sie zeichnete die Geschichte des VdK von Kriegsversehrtenhilfe zum modernen Sozialverband nach. Mit 668 000 Mitgliedern allein in Bayern ist der Verband ein starker Fürsprecher von Rentnern, Müttern und sozial Benachteiligten. Wenige Jahre nach der Gründung wünschte der damalige Bundespräsident Theodor Heuss dem Verband, dass er „verschwinden möge und nie wieder entstehen müsse“ – seine Arbeit also nicht mehr notwendig sein müsse.

Wichtige Lobbyarbeit

Das Gegenteil ist der Fall. Zwar geht es heute nicht mehr um Kriegsversehrte, aber dennoch leistet der VdK wichtige Lobbyarbeit für all jene, die keine Stimme haben. Sein Einfluss in Politik und Gesetzgebung sei nicht zu übersehen. Müller stellte klar, dass der VdK auf einige Meilensteine der Sozialgesetzgebung Einfluss genommen hatte. Ob das Benachteiligungsverbot von Menschen mit Behinderung 1994 oder das Rentenpaket mit Mütterrente und Rente mit 63 im Jahr 2014 und dann die Pflegereform 2017 – immer hatte der VdK ein Wörtchen mitzureden.

Als „streitbarer Interessensvertreter“ habe der VdK sich immer für seine Mitglieder eingesetzt, so Ingrid Müller. Dennoch sei die Arbeit noch lange nicht vorbei. Barrierefreiheit, die wirkliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und ähnliche Themen stehen nach wie vor auf der Agenda.

Gerade mit Blick auf die Bildung einer neuen Regierungskoalition in Berlin versprach sie, dass der Verband auch weiterhin der Politik auf die Füße treten und sie an ihre Versprechen erinnern werde.

Neben der großen Politik sind es vor allem die unermüdlichen Helfer in den Ortsverbänden, die wertvolle Arbeit leisten. Das stellte Kreisgeschäftsführer Klaus-Peter Mai in der anschließenden Podiumsdiskussion klar. Sie seien die ersten Ansprechpartner für Hilfesuchende und könnten oft den Kontakt zur Geschäftsstelle vermitteln. Denn allzu oft scheuen sich die Menschen Hilfe in Anspruch zu nehmen, die ihnen eigentlich zustehe. Vor allem Frauen, denen in der Rente die Altersarmut drohe, wollten über die Rente hinaus selten Forderungen stellen „um dem Staat nicht auf der Tasche zu liegen“. Sie für ihre Rechte zu sensibilisieren und ihnen dazu zu verhelfen, das sei eine der der Haupttätigkeiten der Geschäftsstelle.

Nur eine Entwicklung betrachten die Verantwortlichen mit Sorge: Immer öfter treten Menschen dem VdK bei um in einer bestimmten Sache Hilfe zu bekommen. Sind dann alle Anträge durch und Ansprüche geltend gemacht, treten sie wieder aus. Das widerspricht dem Gedanken einer Solidargemeinschaft, die nur deshalb so effektiv handeln kann, weil viele ihren Beitrag leisten.

Für die Zukunft sieht sich der Verband dennoch gut aufgestellt. Ingrid Müller erklärte auf die Frage von Moderator Jürgen Gläser, dass sich der Verband natürlich jüngere Mitglieder wünsche. Vor allem weil er mit mehr Nachdruck handeln könne, wenn er alle Bevölkerungsschichten vertrete.