Altort-Serie (Teil 8): Eva und Klaus Camerer haben haben einen Winzerhof in Sommerach aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Und dafür nicht nur Kräne schweben lassen.
Was macht man, wenn man ein über 350 Jahre altes Haus mit Nebengebäuden, teilweise etwas verfallen, renovieren möchte, aber ein Kran im Altortkern nicht hineinpasst? Man organisiert einen riesigen Kranwagen mit langem Ausleger, der selbst einen Kran aufgeladen hat. Dieser wird dann quer über die Hausdächer hinweg in die Mitte der Baustelle gehievt. Das war die erste Idee des Ehepaares Eva und Klaus Camerer, als sie vor gut vier Jahren ein antikes Bürgerhaus mit Scheune und Nebengebäude in Sommerach in der Maintorstraße 17 erwarben.
Eigentlich kann man die Camerers schon als Profis bezeichnen: In den 90er-Jahren hatte das Ehepaar in Schwäbisch Hall ein mittelalterliches Haus gekauft. Erbaut um das Jahr 1400. Das haben sie mit Liebe und Ausdauer über Jahre restauriert und renoviert. Die Verleihung des Denkmalschutzpreises des Landes Baden-Württemberg war die entsprechende Würdigung für die Initiative des Ehepaares.
Steiniger Weg bis zum Einzug
Eine einmalige Lebensleistung – wenn da nicht noch tief drinnen der Traum von einem barocken Winzerhof im Mainfränkischen geschlummert hätte. Und der wurde 2010 mit einer Immobilienanzeige geweckt. Ein solches Anwesen aus dem 18. Jahrhundert, mitten in Sommerach, schlummerte hier seinen Dornröschenschlaf. „Genau unser Traum“ schwärmt Eva Camerer noch heute. Doch bis zum Einzug 2014 lag noch ein langer und im wahrsten Sinne des Wortes steiniger Weg vor der Familie. „Abreißen kam überhaupt nicht in Frage“, so Klaus Camerer. „Wir suchten den Kompromiss zwischen Gebräuchlichkeit und dem Erhalt der alten Substanz.“ Das Haupthaus selbst war noch bis vor gut 30 Jahren bewohnt; alte Möbel und Einrichtungsgegenstände zeigten der Charme der 50er. „Aber eine zeitgemäße Technik fehlte überall“, erläutert der Bauherr.
Grubensystem drohte einzubrechen
Alle Räume wurden mit Öfen beheizt, Wasser lief kaum und das Abwasser war nicht am Kanal angeschlossen. Es gab hier noch die früher gebräuchliche Drei-Gruben-Technik für das Abwasser. Eva Camerer erzählt, dass ihr Auto, als sie in dem Hof parken wollten, teilweise abgesackt ist und man fast nicht mehr herausfahren konnte. Das Grubensystem drohte einzubrechen.
In der damals typischen L-Form war an das Haus noch eine Scheune und eine Kelterhalle angebaut, beide zum Teil baufällig. „Hier haben früher sehr reiche Leute gewohnt“, weiß Klaus Camerer. Erbaut wurde das Haus etwa 1750 von der Familie Pickel, die damals mit Wein handelte. Aus dieser Familie stammt der berühmte Arzt und Chemiker Professor Johann Pickel, dem in dem Ort auch eine Straße gewidmet ist.
Schnaps aus der eigenen Brennerei
Zunächst begannen die Hausherren mit der Renovierung des Haupthauses. Schwierig war, dass alles unterwölbt war. Die drei Gebäudeteile standen auf einem riesigen, wuchtigen Kellergewölbe, in dem früher Wein und Schnaps aus der eigenen Brennerei lagerten. Hinter abgebröckeltem Putz kamen Wandmalereien zum Vorschein. Angefangen von Handmalerei aus dem 18. Jahrhundert bis hin zur Schablonenmalerei aus dem 19. Jahrhundert war in jedem Zimmer etwas Interessantes zu finden. Das Landesamt für Denkmalschutz musste eingeschaltet werden. „Hier bekamen wir echte professionelle Hilfe“ so Camerer.
Für jedes Gewerk gab es eine Fachberatung. Zuerst wurde alles aufgenommen und registriert. In mühevoller Arbeit trug der Restaurator Schicht für Schicht vom Stuck ab und entdeckte immer wieder neue Zeugen aus der jeweiligen Epoche. Lustig war für die Familie, dass über das Landesamt sogar eine Ausbildungsklasse für Restauratoren bei ihnen einschwärmte und über Tage hinweg die jeweiligen Kompositionen aus Stuck und Maltechnik sicherte.