Streiktag auf Schienen: Routine, Ärger und Ungewissheit – wie Fahrgäste in der Region am ersten Tag auf den Bahnstreik Nummer acht reagieren und warum ein Trainer verärgert ist.
In Würzburg zu wohnen und in Kitzingen zu arbeiten ist normalerweise kein Problem. Doch am Dienstag begann er – der 138 Stunden-Streik der Lokführer-Gewerkschaft GDL. Nummer acht. Wird das trotzdem klappen – mit dem Zug zur Arbeit fahren?? Gibt es inzwischen vielleicht sogar so etwas wie Streik-Routine?
Kurz vor 7 Uhr am Würzburger Hauptbahnhof. Es ist weniger los als an anderen Wochentagen. Das bestätigt auch die freundliche Dame am Informationsschalter, wo kaum Leute anstehen. Viele Fahrgäste würden sich über das Internet informieren, welche Züge fahren und sich darauf einrichten. Der Zug nach Kitzingen soll um 7.42 Uhr abfahren – wie an normalen Tagen auch.
Kitzingen, Taxistand. Komisch. An diesem Monster-Streik-geht-los-Morgen kann man doch annehmen, dass die halbe Welt Taxi fährt. Das Gegenteil ist der Fall: Fünf, sechs Wagen stehen unverrichteter Dinge da und warten sehnsüchtig auf Kundschaft.
Um kurz nach halb acht im Würzburger Bahnhof, Gleis 7. Der Zug Richtung Kitzingen ist schon da. Ebenso wie Gregor Schmidt. Der 51-Jährige will einen Freund in Buchbrunn besuchen. Auf die Frage, ob der heute unter dem Bahnstreik leidet, teilt der Frührentner seine persönliche Weisheit des Bahnverkehrs mit mir: „Wo eh wenig Züge fahren, können auch nur wenig ausfallen.“ Auch er hat sich auf der Webseite der Bahn informiert und fährt jetzt eben eine Stunde früher als geplant los. „Dann gehe ich eben noch ein bisschen in Buchbrunn spazieren“, sagt Schmidt gelassen. Als alter Gewerkschaftler habe er vollstes Verständnis für die Streiks der GDL.
Kitzingen, Falterturmkreuzung. Das Taxistand-Gefühl macht sich breit: Eigentlich müsste hier am Morgen doch viel mehr los sein. Hört man nicht immer wieder, dass alle Welt bei einem Bahnstreik auf das Auto umsteigt? Heute scheint das nicht der Fall. Alles ausgesprochen entspannt. Fast könnte man sagen: ruhig.
Pünktlich um 7.42 Uhr fährt der Zug in Würzburg ab – was sonst nicht immer der Fall ist. Die Abteile wirken leerer als üblich um diese Uhrzeit, freie Sitzplätze gibt es reichlich. In Rottendorf steigen in den Regionalzug zwei Männer ein, die geschäftlich nach Nürnberg wollen. Sie machen heute ihr „Standardstreikprogramm“, wie bei den letzen Malen auch – eine Stunde vorher im Internet schauen, welche Züge fahren und einsteigen. Spannender wird es für sie abends bei der Rückfahrt. Da haben sich bei den letzten Streiks über den Tag hinweg doch mal Fahrten auch im Regionalverkehr verschoben. „Aber sehr viel später sind wir bisher nie zurück gekommen“, erklären sie hoffnungsvoll. Genervt sind sie sowohl von der Bahn als auch von der GDL: „Irgendwie blockieren beide Seiten eine Einigung.“
Auf Facebook ist der Ärger groß. Unter der Kitzinger Main-Post-Seite wird heftig diskutiert . „Mehr Busfahrer einstellen!“ lautet eine Forderung. Der ganze Frust kommt auf den Tisch: „Die Bahn wird immer teurer und schmutziger“. Am ärgerlichsten aber ist und bleibt, dass Bahnkunden in Geiselhaft genommen werden. Dass auf ihrem Rücken der Kampf ausgetragen wird, wie etwa dieser Post zeigt: „Würden wir Altenpfleger streiken, würde man uns beleidigen, wir wären asozial, weil wir Menschen liegen lassen! Aber dass andere nicht zu ihrem Job kommen, interessiert die Lokführer nicht!“