Druckartikel: Die Iphöfer Stücht bietet auch im 16. Jahr viel Lokalkolorit und hohen Unterhaltungswert

Die Iphöfer Stücht bietet auch im 16. Jahr viel Lokalkolorit und hohen Unterhaltungswert


Autor: Eike Lenz

, Sonntag, 08. Februar 2015

Gibt's einen schöneren Ort auf dieser Welt als Iphofen? Wer Gabi Klein so zuhört, möchte fast glauben, dass dies . . . Markt Einersheim ist. Sie wird nicht müde in dieser Nacht, die Vorzüge der Marktgemeinde zu preisen. Oder sollte man besser sagen: die so stolzen und reichen Iphöfer Nachbarn aufs Korn zu nehmen. Das kann Agnes Roth freilich nicht auf sich sitzen lassen, und so liefern sich die beiden als Damen vom Kitzinger (Landrats-)Amt ein herrlich schräges Duell auf Augenhöhe, von dem ihre Chefin Tamara besser nichts mitbekommen sollte. Aber das ist wieder eine andere Geschichte auf diesem 17. Stüchtball in Iphofen.
Barbie-Puppen in ihrem Element: Die Triple B's zeigen sich dem Publikum auf der Iphöfer Stücht als wahre Verwandlungskünstler.


Diashows:

Stücht Ball 2015
Stücht Ball 2015
Stücht Ball 2015

Gibt's einen schöneren Ort auf dieser Welt als Iphofen? Wer Gabi Klein so zuhört, möchte fast glauben, dass dies . . . Markt Einersheim ist. Sie wird nicht müde in dieser Nacht, die Vorzüge der Marktgemeinde zu preisen. Oder sollte man besser sagen: die so stolzen und reichen Iphöfer Nachbarn aufs Korn zu nehmen. Das kann Agnes Roth freilich nicht auf sich sitzen lassen, und so liefern sich die beiden als Damen vom Kitzinger (Landrats-)Amt ein herrlich schräges Duell auf Augenhöhe, von dem ihre Chefin Tamara besser nichts mitbekommen sollte. Aber das ist wieder eine andere Geschichte auf diesem 17. Stüchtball in Iphofen.

Jetzt geht es erst einmal darum, auf den Heimatort der anderen einzuhacken. „Unser Weinfest in Einersheim ist zertifiziert!“, stellt Gabi Klein fest. „Zertifiziert!“, entgegnet Agnes Roth, „vielleicht nach der Zahl der Magendurchbrüche und Besoffenen.“ Dann spottet Klein über die „Pissbrühe“ im Iphöfer Hallenbad am Warmbadetag, „natürlich am Freitag, damit ihr geizigen Kröpfer euch samstags die Badewanne sparen könnt“. Roth amüsiert sich über eine „Karawane watschelnder Pinguine“ jedes Jahr zum Bürgeraufzug der Einersheimer Kirchweih. So geht das munter hin und her, bis das Zwiegespräch plötzlich jäh beendet ist.

Fehde begraben

Die beiden Vorzimmerdamen drohen aufzufliegen bei ihrer Chefin. Sie hat die Bürgermeister aus Einersheim und Iphofen ins Amt bestellt. Gefahr ist im Verzug. Die Reden, die die Herren Volkamer und Mend am diesjährigen Heimatball auf ihre Orte halten sollen, triefen vor Pathos und finden keine Gnade vor den strengen Augen der Landrätin. Wenn die wüsste, wer den Herren Bürgermeistern das alles aufgeschrieben hat . . . Getrieben von dieser Sorge, beschließen die Damen, ihre Streitlust zu beenden, und rufen musikalisch dazu auf, die alte Fehde zwischen Iphofen und Markt Einersheim beizulegen.

Ein versöhnliches Ende, das in den harmonischen Grundton an diesem Abend passt. „Ja, so war'ns, die alten Rittersleut!“, singt die Stimmungskapelle Let's Dance zu Beginn. Aber so wild wie einst treiben es die als Ritter oder Burgfräuleins verkleideten Besucher dann doch nicht. Auf der Bühne wirbeln die jüngsten Stücht-Akteure als kleine Hexen übers Parkett, später werden ihnen die etwas älteren Musketiere folgen.

Und dazwischen begeben sich die Blacklights im Schein der Neonlampen auf eine etwas jüngere Zeitreise durch die Musikgeschichte. Oder die Triple B's, die sich als wahre Verkleidungskünstler erweisen. Nicht nur die Auftritte der fünf Showtanzgruppen – um Mitternacht schwingt sich noch das Männerballett auf die Bühne – zeigen die große Bandbreite der Iphöfer Stüchtler, angeführt vom Moderator Simon Roth, der in dieser Nacht ins Gewand des Hofnarren gehüllt ist.

Agnes Roth und Gabi Klein haben mit ihrem Wechsel aus Text und Gesang das Publikum bereits vor einem Jahr in ihren Bann gezogen und dieses Jahr noch einmal an Kreativität und Witz zugelegt. Jörg Kornacker hat als Bühnenneuling seinen Part als Pfaffe Jörg gut gemeistert. Im Duett mit der erfahrenen Stüchtlerin Martina Bernhardt als Pfarrerin Reeg-Ina (eine Anspielung auf Stadtpfarrer Reeg) lästert er spitzbübisch über manche Reform der Kirche („eine Pfarrerin, ts, ts, ts“). Im Gespräch über Gott und die Welt geht es um leere Kirchen, volle Klingelbeutel und den Ideenreichtum einiger Geistlicher beim Sammeln von Spendengeld. Die jungen Comedians präsentieren Iphofen später in einem bunten Vortrag als den neuen Stern der EU.

Die weltliche Seite der Gesellschaft nehmen Jürgen Popp und später Barbara Weigand ins Visier. Popp geißelt als Poppi vom Stadtgraben – diesmal verkleidet als seine Nachbarin – kleine und große Sünden von Politikern. Dass im Iphöfer Rat neuerdings eine Art Redeverbot herrsche, bringt Frau Nachbarin auf eine Idee. „Vielleicht sollte ich da mal meinen Mann schicken. Der ist von daheim nix anderes gewöhnt.“

Weigand nimmt sich der heiklen Sache Winzerfest an, das derzeit auf dem Prüfstand steht, unter anderem weil es an Helfern mangle. „Meistens sind's die alten Deppen, die die Bänke und Tische schleppen.“ Um Personal zu sparen, könnten doch künftig die Gläser wie in der Sushi-Bar auf einem Fließband im Kreis herumfahren. Der Gast müsse bloß noch zugreifen und die Zeche schließlich mit Hilfe eines Strichcodes am Glas bezahlen. Damit der Neuanfang noch deutlicher wird, empfiehlt Weigand, dem traditionsreichen Fest einen modernen Namen zu verpassen: Wie wäre es mit Josef-Mend-Event?