Vor 50 Jahren wurde der Elysee-Vertrag unterzeichnet. Bis heute ist seine Wirkung in unserer Region zu spüren.
Christine Gumann ist seit sieben Jahren die Vorsitzende des Partnerschaftskomitees Rouillac-Wiesentheid. "Die Städtepartnerschaft wird von beiden Seiten und von allen Generationen gelebt", erklärt sie. Im vergangenen Jahr blickten beide Städte auf eine 40-jährige Freundschaft zurück. "Viele Vereine und Gruppierungen - die Kolpingfamilie, die Musikkapelle oder die Jungbauern - besuchen sich mindestens einmal im Jahr", so Gumann. Alle fünf Jahre trifft man sich zu einem größeren Fest, mal in Rouillac, mal in Wiesentheid.
Zu normal geworden? Rund 80 unterfränkische Städte oder Gemeinden haben eine Partnerstadt in Frankreich. Im Landkreis Kitzingen ist Marktbreit mit Fléac verbunden, Sommerach mit Dizy und Kitzingen mit Prades. Es hat schon eine Spur von Normalität, mit einer Gemeinde in Frankreich verbunden zu sein. Und genau darin liegt auch eine Gefahr.
"Schüler in Frankreich lernen zurzeit eher Englisch und Italienisch, Schüler in Deutschland reisen lieber in die USA", warnt Christine Gumann. "Der Austausch unter uns Nachbarn muss weitergehen. Die heutige Jugend muss wieder Lust auf Frankreich bekommen".
Eine Selbstverständlichkeit war das Papier ganz gewiss nicht, das die beiden Staatsmänner, der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer, am 22. Januar 1963 in Paris unterzeichneten. Fünf Kriege hatten beide Länder in den 200 Jahren zuvor gegeneinander geführt. 1956 noch stritten beide Länder diplomatisch aber heftig um das Saarland. Und nun sollte ausgerechnet ein Vertrag die Freundschaft zwischen Deutschen und Franzosen besiegeln.
Er tat es. Und wie. Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag war wie eine Schleuse zwischen zwei Ländern, die endlich aufging.
Seitdem treffen sich die Staats- und Regierungschefs mindestens zwei Mal pro Jahr, die Minister teilweise alle zwei Monate. Geradezu Epochales hat der Elysee-Vertrag im Bereich der Jugend und der Kultur geschaffen.
Dass unsere heutige Generation sich einen Krieg zwischen Deutschen und Franzosen nicht einmal ansatzweise vorstellen kann, geht zu großen Teilen auf die Leistungen dieses Vertrages zurück. Eine neue Generation wuchs heran, die die Kraft hatte, das vom Krieg verzerrte Bild der Alten über den Nachbarn zu wandeln. Für unzählige Jugendliche wurde Frankreich das Reiseland schlechthin.
Während Deutschland auf wirtschaftlichem Terrain den Nachbarn überflügelte, übertrumpfte Frankreich seinen Nachbarn im kulturellen und künstlerischen Bereich. Deutsche Sänger oder Bands, die sich in Frankreich einen Namen machten, waren und sind bis heute rar gesät.
Gelebte Partnerschaft "Tokio Hotel war die letzte Band, wegen der Franzosen Deutsch lernen wollten", erzählt Christine Gumann. "Das ist aber schon ein paar Jahre her". Fast scheint es, als sei die Französisch- und Lateinlehrerin am Gymnasium in Wiesentheid ein Kind des Elysee-Vertrages. Sie kennt beide Länder gut, war unzählige Male in Frankreich. Die französische Musik hat auch bei ihr die Liebe zum Klingen gebracht. Seit 15 Jahren hat sie einen französischen Partner.
Mit Bernard Dumas tritt sie in beiden Ländern auf, begleitet ihn mit der Geige oder dem Saxophon, wenn er französische Chansons interpretiert. Menschen wie sie sind die Idealbesetzung für die Organisation deutsch-französischer Städtepartnerschaften.
Wo sie kann, wirbt sie daher für das gemeinsame Kennenlernen.
In Wiesentheid spürt sie die Unterstützung überall. "Die Gemeinde war und ist immer zur Stelle, wenn es um die Städtepartnerschaft geht", lobt die gebürtige Bambergerin. "Und für französische Gäste steht in Wiesentheid immer und überall ein Bett frei".
Ihr Fazit zum Elysee-Vertrag fällt ganz und gar positiv aus: "De Gaulle hat Recht gehabt. Sein Ziel, dass aus einstigen Feinden Freunde werden können, ist erreicht worden". Ziemlich beste Freunde sogar!