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Der Kampf am Repperndorfer Berg


Autor: Frank Weichhan

Kitzingen, Dienstag, 18. August 2015

Wenigstens eines ist nicht strittig: der Ort des Geschehens. Es war eine seltsame Begegnung am Repperndorfer Berg, die am Dienstagvormittag den Kitzinger Strafrichter beschäftigte.


Wenigstens eines ist nicht strittig: der Ort des Geschehens. Es war eine seltsame Begegnung am Repperndorfer Berg, die am Dienstagvormittag den Kitzinger Strafrichter beschäftigte.

Angeklagt ist ein 72-jähriger Rentner, der sich auf der B 8 auf seiner Fahrt von Kitzingen nach Würzburg im Februar dieses Jahres mächtig aufgeführt haben soll. Die Anklage wirft dem Mann vor, ein anderes Auto ohne Rücksicht auf Verluste auf die Gegenfahrbahn gedrängt zu haben.

Der Rentner bestreitet die Vorwürfe. Seine Version geht so: Bereits am Ortsausgangsschild von Kitzingen saß ihm eine junge Frau im Nacken, die unbedingt überholen wollte und scheinbar nicht abwarten konnte, bis es zweispurig wird.

Die Frau – eine 20-jährige Schülerin – habe „mit dem Armen herumgefuchtelt“ und am Beginn des Anstiegs sichtlich erbost überholt, um mit hoher Geschwindigkeit davonzubrausen. Mehr sei nicht gewesen.

Ganz anders die Aussage der Frau: Der Rentner sei vor ihr mit 40 Stundenkilometern und somit „wirklich langsam gefahren“.

„Ich habe die Fahrspur nicht verlassen.“
Der angeklagte Rentner wehrt sich gegen die Vorwürfe

Als es dann zweispurig wurde und die Schülerin endlich zum Überholen ansetzen konnte, habe ein regelrechter Kampf begonnen: Der Rentner drückte nun seinerseits auf die Tube, um die Kontrahentin bloß nicht vorbeizulassen.

Mehr noch: Laut der Aussage der Zeugin überholte der Rentner rechts, um sich dann links vor sie zu setzen. Eine Aktion, die wohl eine Art Maßregelung darstellen sollte. Nur mit einer Vollbremsung, so die Aussage der 20-Jährigen, sei ein Unfall zu vermeiden gewesen.

Es hätte noch schlimmer kommen können: Zwischendurch sei sie nach links auf die Gegenfahrbahn abgedrängt worden, erzählt die Frau dem Gericht. Der Linksschwenk wiederum habe einen – unbekannten – Autofahrer in Bedrängnis gebracht, der gerade den Repperndorfer Berg heruntergekommen sei und nun seinerseits nach rechts ausweichen musste.

Das Problem in diesem Fall ist nicht nur, dass zwei unterschiedliche Aussagen vorliegen. Von dem Abdrängen und der wilden Fahrt etwa will der Rentner so nichts wissen: „Ich habe die Fahrspur nicht verlassen!“, stellt er klar.

Als Hauptproblem erweist sich jedoch etwas anderes: das Erinnerungsvermögen der Zeugin. Ihre Aussage vor Gericht hört sich um einiges anders an als das, was sie unmittelbar nach dem Vorfall der Polizei erzählte. Eines der Rätsel ist, dass die Frau jetzt behauptet, an der ehemaligen US-Kaserne nach links abgebogen zu sein, um dort einige Minuten zu warten.

Warum sie das tat und wie sie nach mehreren Minuten den Rentner dann doch wieder einholen konnte, bleibt ihr Geheimnis. Mehrere kunterbunte Erklärungsversuche laufen ins Leere, zu viel ist für das Gericht nicht verwertbar. Kurzum: Der Kampf am Repperndorfer Berg lässt sich nicht mehr aufklären.

Was gut für den Rentner ist: Ursprünglich sollte er 50 Tagessätze zu je 50 Euro zahlen und zehn Monate auf den Führerschein verzichten. Davon bleibt am Ende kaum noch etwas: Das Verfahren wird gegen eine Geldauflage eingestellt. Wenn der 72-Jährige 500 Euro zahlt, ist die Angelegenheit für ihn ausgestanden.