Briefmarkensammler suchen Nachwuchs

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Vereinsvorsitzender Günther Sindel hält ein Stück Kitzinger Stadtgeschichte in seinen Händen. In seinen Alben hat er die Scheine des Kitzinger Notgelds (1917-1923) gesammelt. Die Scheine waren damals 20 Milliarden Mark wert - und doch konnte man sich dafür kaum etwas kaufen.
Vereinsvorsitzender Günther Sindel hält ein Stück Kitzinger Stadtgeschichte in seinen Händen. In seinen Alben hat er die Scheine des Kitzinger Notgelds (1917-1923) gesammelt. Die Scheine waren damals 20 Milliarden Mark wert - und doch konnte man sich dafür kaum etwas kaufen.
Sie alle sind Sammler aus Leidenschaft und wurden für die langjährige Treue zum Verein ausgezeichnet.
Sie alle sind Sammler aus Leidenschaft und wurden für die langjährige Treue zum Verein ausgezeichnet.
 

Sie sind stets auf der Suche nach dem besonderen Stück. Und manchmal machen sie auch den ganz großen Fang. Briefmarken- und Münzensammler aus Kitzingen und Umgebung diskutierten auf der Jahreshauptversammlung über ihre Leidenschaft und die Zukunft des Vereins.

Es soll ja Zeiten gegeben haben, da versuchte ein Liebhaber seine Angebetete mit dem Angebot ins traute Kämmerlein zu locken, er wolle ihr mal seine Briefmarkensammlung zeigen. Der Satz ist so geläufig, dass er wohl wirklich im einen oder anderen Fall zum Erfolg geführt haben muss. Darauf angesprochen, winken Briefmarken-Freunde unserer Tage lachend ab. "Heute käme da keine mehr mit", schmunzelt Günther Sindel, 1. Vorsitzender des Briefmarken- und Münzensammler-Vereins Kitzingen e.V. Wer heute mitgeht, ist meist männlich und interessiert sich in der Tat ausschließlich für Raritäten oder auch ganz neue Objekte seines Fachgebiets. Und er ist in der Regel älter. Genau diese Tatsache macht den Vereinsmitgliedern zu schaffen.

"Wie können wir junge Menschen wieder für Briefmarken oder Münzen begeistern?", fragte dann auch Dr. Eberhard Wunderlich anlässlich der Jahreshauptversammlung am Freitagabend in Kitzingen. Nun ist es sicherlich ein Trend unserer Zeit, wonach junge Menschen weder Zeit noch Lust haben, sich intensiver in einem Verein zu engagieren. Das Sammeln von Briefmarken oder Münzen wirkt da auf Jugendliche umso mehr wie ein Relikt aus alter Zeit. Wer sich aber darauf einlässt, spielt dann hin und wieder doch mit Werten, die nicht zu unterschätzen sind.

Wertvolle Stücke

"Was ich allein an Münzen zuhause habe", verrät Günther Sindel, "dürfte locker einen Wert zwischen 60 und 70.000 Euro ausmachen." Seit 1984 ist er im Verein, der 1952 als reiner Briefmarkensammler-Verein gegründet wurde. 1972 wurden die Münzensammler aufgenommen. Seitdem führen die Philatelisten und Numismatiker, wie Briefmarken- und Münzensammler im Fachbegriff heißen, ein harmonisches Neben- und Miteinander im Verein, der heute 45 aktive Mitglieder und ein Ehrenmitglied hat.

Elf Mal im Jahr treffen sie sich in der Stadt und ebenso oft in der Siedlung. Ferner wird im Sommer zusammen gegrillt und an Weihnachten zusammen gefeiert.

Was macht den Reiz des Sammelns von Briefmarken oder Münzen aus? Für wen kann dieses Hobby interessant sein? "Es hat immer auch mit Geschichte zu tun", meint Eberhard Schlerf. Der 79-Jährige ist Schriftführer im Verein, dem er seit 60 Jahren anhängt. "Und es ist interessant für Menschen, die sich für die Geschichten hinter der Geschichte begeistern können". Wenn Schlerf zu erzählen beginnt, wird deutlich, dass seine Sammlerstücke solche ganz besonderen Geschichten erzählen können. So berichtet er von einer Briefmarke, die die Schauspielerin Audrey Hepburn zeigt und die heute als eine der wertvollsten modernen Briefmarken überhaupt gilt. 14 Millionen Exemplare wurden davon gedruckt, doch kamen diese nicht zur Ausgabe. "Die Erben von Audrey Hepburn verweigerten die Zustimmung", berichtet Schlerf. Das Bild auf der Marke zeigte die Schauspielerin nämlich mit einer Zigarette.

Hepburns Söhne hielten die Marke, die zu gesundheitsschädlichem Verhalten anrege, für nicht druckreif. "Einige wenige Marken dieses Satzes mit der Zigarette sind aber durchgerutscht", so Schlerf, "und die sind heute ein kleines Vermögen wert". Rund 800.000 Euro soll eine Marke mit dem fraglichen Bild auf einer Auktion erbracht haben.

Stadtgeschichte im Detail

Das sind die Geschichten, die den Reiz des Jagens und Sammelns ausmachen, wenngleich es nur selten um derart exorbitante Werte geht. Doch auch die Objekte, denen die Vereinsmitglieder nachjagen, haben ihre Reize. Günther Sindel hält als Beweis zwei Alben hoch, die das Kitzinger Notgeld enthalten, herausgegeben und gedruckt von 1917 bis 1923. "Das ist ein Kapitel Stadtgeschichte, das ohne uns Sammler leicht in Vergessenheit gerät."

Die Kitzinger Sammler wissen daher sehr genau, welche Schätze sie da zusammentragen in all den Jahren. Und vielleicht braucht es ja auch ein gewisses Alter, um diese Werte auch richtig einordnen zu können. So wurden die Vereinsmitglieder in der Jahreshauptversammlung für ihre lange Treue zum Verein ausgezeichnet.

Eberhard Schlerf erhielt die Urkunde und die goldene Medaille für sein 60-jähriges Wirken im Verein. Jürgen Braun, Wilhelm Erhard, Rainer Hofmann, Eduard Sauer, Peter Singer und Dr. med. Eberhard Wunderlich wurden für ihre 50-jährige, Ortmin Schwab für die 10-jährige Mitgliedschaft geehrt. Weitere Auszeichnungen gingen an den langjährigen Kassier Rolf Seifert, den Neuheitenwart Peter Müller sowie den Rundsendewart Karl Götz.