Im Rathaus von Marktbreit trafen die Bürgermeister von Marktbreit und Obernbreit auf Mitglieder des Bundestages und den zuständigen Vertreter der Deutschen Bahn. Am Ende standen Absichtserklärungen und die Erkenntnis, dass der Lärm vorerst nicht leiser wird.
Der Satz, wonach die Mühlen langsam mahlen, dürfte aus dem Mittelalter stammen. Selbst diese Mühlen aber müssten sich schneller gedreht haben als manch´ heutiges Räderwerk. Die Mühlen der Politik jedenfalls drehen sich manchmal sehr langsam. Die der Deutschen Bahn auch. Stehen beide auf einem Gleis, dann ist schwer ersichtlich, wer anschiebt und wer auf der Bremse steht. Umso schwieriger wird es auch, wenn in den Kesselräumen zu wenig Heizer stehen, die den Zug anfeuern können.
So in etwa gestaltet sich die Problematik hinsichtlich des Lärmschutzes entlang der Bahnlinie 5321 zwischen Marktbreit und Obernbreit. Um das Projekt voran zu bringen, luden die Bürgermeister beider Gemeinden zwei SPD-Bundestagsabgeordnete, Martin Burkert und Frank Hofmann, den stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzen im Bayerischen Landtag, Volkmar Halbleib, und den für Lärmschutzwände
zuständigen Projektmanager der Deutschen Bahn, Franz Poschenrieder, an einen Tisch. Zwischen ihm und den Vertretern der Politik entwickelte sich im Lauf der Sitzung manch verbaler Schlagabtausch, Sieger und Verlierer gingen aus der Besprechung aber keine hervor.
Es bewegt sich sehr wenig Bürgermeister Bernhard Brückner aus Obernbreit wollte der Erkenntnis, wonach sich leider sehr wenig bewegt habe, schlussendlich nicht widersprechen, sah aber dennoch die positiven Aspekte des Gesprächs: "Es ist immer gut, wenn miteinander um Wege zur Lösung von Problemen gerungen wird".
Sein Marktbreiter Kollege, Bürgermeister Erich Hegwein, interpretierte dies ähnlich. Beide Kommunalpolitiker setzen ihre Hoffnungen nun auf Martin Burkert, der versprach, bei den verantwortlichen Staatssekretären in Berlin eindringlich für das Lärmschutzprojekt zu werben.
So oder so wird es noch geraume Zeit dauern, bis in beiden Gemeinden die Lärmschutzwände hochgezogen werden. Die Hausaufgaben dafür seitens der Gemeinden sind alle gemacht. Ein Lärmschutzgutachten war in Auftrag gegeben worden. Keine Messung, sondern eine Berechnung hat auch das Eisenbahnbundesamt durchgeführt. Natürlich ging es in der Sitzung auch um die Dezibel, die vor allem Güterzüge auf der Strecke verursachen. "Nicht die Spitzen der Lärmbelastung sind für den Gesetzgeber interessant", verriet Franz Poschenrieder. "Er sucht sich vielmehr den Mittelwert". Selbst der ändere aber nichts an der Notwendigkeit des Vorhabens. "Dass der Lärmschutz auf der Strecke akustisch sinnvoll ist, darüber besteht absolut Konsens", sicherte der Bahnvertreter zu. Die entscheidende Frage läuft nun vor allem auf das Wann hinaus.
"Bekommen wir die Lärmproblematik nicht in den Griff", erklärte Martin Burkert, "dann werden wir in der Bevölkerung keine Akzeptanz für die Schiene bekommen". Aktuell würden rund 17 Prozent aller Güter in Deutschland auf der Schiene bewegt. Das Ziel liege bei 35 Prozent. 180 000 Güterwagen rollen jeden Tag und jede Nacht auf deutschen Schienen. Über eine Milliarde Euro wird laut Burkert für die Umrüstung ihrer Bremssohlen ausgegeben. "Ein Lärmschutz seitens des Verursachers tritt aber erst ein, wenn ausnahmslos alle Güterwagen umgerüstet sind", so der SPD-Politiker. Es reiche also nicht aus, wenn 80 Prozent aller Züge, die auf der Strecke fahren, leise treten und der Rest noch mit alten Bremsanlagen bestückt ist.
Umrüstung kostet Zeit und Geld Bis 2016 darf die Schiene fünf Dezibel mehr Lärm machen als andere Verkehrsmittel. Die Umrüstung der Bremsanlagen aber koste Zeit, Geld und Personal.
Genau an letzterem scheint es insgesamt zu haken. "Ich weiß nicht, warum der Bundesverkehrsminister seine Behörde, das Eisenbahnbundesamt, personell so schlecht ausstattet", schob der Bahnvertreter ein. Es mangele nämlich vor allem am Personal, um auch das Bahnprojekt zwischen Markt- und Obernbreit voran zu treiben. "Diverse Prioritäten liegen vor Ihrer Strecke", erklärte Poschenrieder achselzuckend. Daran könne er nichts ändern. Die Bahn habe nur in sehr engem Rahmen Handlungsfreiheit.
Ab 2014 beginne beispielsweise der Umbau des Würzburger Hauptbahnhofes. Für 2016 seien die Lärmschutzwände in Würzburg geplant.
Erst danach könne man an die weiteren Arbeiten entlang der Strecke denken. "Wenn sich die Gesetzesgrundlagen ändern", ergänzte der Bahnvertreter, "müssen wir außerdem viele Projekte nochmal überarbeiten", was dann den Zeitstrahl in die Länge ziehe.
Mit diesen weitestgehend unbefriedigenden Erkenntnissen ging die Runde nach eifriger Diskussion wieder auseinander. Für die Anwohner wird es also noch eine geraume Weile so bleiben, wie die Landtagskandidatin und Gemeinderätin aus Obernbreit, Susanne Knof, es formulierte: "Bei mir zuhause fühlt es sich manchmal so an, als rausche der Zug durchs Wohnzimmer".