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Bahn kippt Pläne der Stadt


Autor: Harald Meyer

Kitzingen, Freitag, 05. Februar 2016

Die Deutsche Bahn AG will den Kitzinger Bahnhof verkaufen und kippt damit die millionenschweren Pläne der Umgestaltung des Umfelds durch die Stadt Kitzingen.
Der provisorische Parkplatz am Kitzinger Bahnhof nach dem Regen vom Dienstag.  Das Bild zeigt, es herrscht dringender Handlungsbedarf. Allerdings ist die Stadt jetzt erst einmal mit ihren Plänen für eine Umgestaltung ausgebremst worden. Die Bahn will den Bahnhof verkaufen. FOTO: Siegfried Sebelka


Die Deutsche Bahn AG will den Kitzinger Bahnhof verkaufen und kippt damit die millionenschweren Pläne der Umgestaltung des Umfelds durch die Stadt Kitzingen – vorerst – vom Tisch. Diese Nachricht erwischte den Kitzinger Stadtrat am Donnerstagabend kalt – kurz vor der Sondersitzung zur Bahnhofsumgestaltung.

Die böse Überraschung gab's erst mal fürs Gremium hinter verschlossenen Türen. Und als die sich öffneten, erfuhren die Zuhörer eine Geschichte, zu der Ödp-Stadtrat Jens Pauluhn das passende Fazit zog: „Auf die Bahn ist kein Verlass.“

„Das trägt nicht dazu bei, dass das Image der Bahn in der Bevölkerung besser wird.“
Siegfried Müller Kitzinger Oberbürgermeister

Den Beweis lieferte OB Siegfried Müller. Der Gestattungsvertrag mit der Bahn, der die Überplanung des Vorplatzes und der 30 Bahn-Parkplätze an der Friedenstraße erlaubt hätte, sei nach langen Verhandlungen „unterschriftsreif“ gewesen. Am 28. Januar habe die Bahn in einem Schreiben die Kehrtwende vollzogen, den Verkauf des Bahnhofs angekündigt und den Vertrag vom Tisch gefegt.

Damit war klar, dass alle Planungen auf den Flächen an der Friedenstraße (Norden), Busbahnhof, Pendlerparkplatz und Bahnhofsvorplatz, auf Eis liegen.

Stadt soll Interesse anmelden

Das könnte sich ziehen. Laut Bernhard Stöcklein von DB Immobilien soll der Verkauf der 2500 Quadratmeter Bahngelände bis November vorbereitet werden: „Anschließend gehen wir aktiv in den Verkauf.“ Hier könne auch die Stadt tätig werden, die im Juni 2014 – als der Bahnhof erstmals zum Verkauf stand – ihr Interesse angemeldet habe. Was die Bahnvertreter trotz Kritik im Stadtrat betonten: Der Gestattungsvertrag sei nach Anweisung des DB-Vorstandes nicht mehr möglich.

Mit klaren Worten gab OB Müller den Bahnvertretern eine Botschaft an den Vorstand mit. Mit ihrem Vorgehen habe die DB der Stadt Kitzingen „Knüppel zwischen die Beine geworfen“, obwohl die Stadt das Umfeld des Bahnhofs habe verbessern wollen und ein Vertrag vor dem Abschluss stand: „Das trägt nicht dazu bei, dass das Image der Bahn in der Bevölkerung besser wird“, betonte Müller mit nur mühsam unterdrückter Wut.

Mit dem Stillstand im Norden, steht planerisch nicht alles auf Null: Weiter machen kann die Stadt auf dem Gelände an den Kleingärten im Süden. Ob hier ein rund 1,3 Millionen Euro teurer Pendlerparkplatz mit 119 Stellplätzen entstehen wird, ist aber noch unklar. Ideen von einem Parkdeck an dieser Stelle kamen – als Folge der Bahn-Entscheidung – bei der Diskussion wieder ins Spiel. Was passieren könnte, soll laut Müller in einer Sitzung nach den Etatberatungen diskutiert werden.

Pendlerparktplatz

Klar ist da nur, was die Stadt – nach Ratsbeschluss – plant: den Pendlerparkplatz. Das Areal, das zum Ausgleich des starken Gefälles in Teilen aufgefüllt und mit Stützmauern stabilisiert werden soll, könnte laut Tiefbauamtschef Dieter Richter im September in Bau gehen und nach etwa einem Jahr fertig sein.

Dies sei deutlich später als geplant und eine „Inflation der Zeit“, kritisierte nicht nur CSU-Fraktionschef Andreas Moser. OB Müller verteidigte den Verzug: Der zuständige Mitarbeiter sei bisher durch die Arbeit am Marshall Heights-Erschließungsvertrag stark gebunden gewesen.

Der überraschende Planungs-Stopp im Norden brachte in der Diskussion alte Ideen wieder zum Vorschein: Parkdeck oder Parkhaus, beides vor Jahren mit Mehrheit abgelehnt, kamen in Stellungnahmen aus KIK, UsW, FW-FBW und Ödp wieder ins Spiel. Keine Sympathie für die Rolle rückwärts in eine „Grundsatzdiskussion“ zeigten OB Müller, CSU- und SPD-Fraktion. Stadtentwicklungsreferent Thomas Rank sprach sich gegen eine „Vollbremsung“ der Planung und für den Parkplatzbau neben den Kleingärten aus.


Standpunkt

Wer sich auf die Bahn verlässt . . .

Stadtrat braucht neuen Anlauf für Bahnhofspläne

Von unserem Redaktionsmitglied
Harald Meyer

Klar: Erst mal ist es ein Schock, wenn ein Partner wie die Bahn einen unterschriftsreifen Vertrag zum Müll wirft. Aber die Wut und Enttäuschung muss nicht gleich dazu führen, dass der Kitzinger Stadtrat alle seine Mehrheitsentscheidungen zur Umgestaltung des Bahnhofsumfelds in Frage stellt.
Sicher kann man auf der Fläche an den Kleingärten statt der ebenerdigen 119 Stellplätze ein Parkdeck hinstellen. Allerdings für deutlich mehr Geld als die bisher geschätzten 1,3 Millionen Euro. Und die Pendler werden darauf deutlich länger warten, als für die Einfachlösung geplant.
Trotzdem kann es hier ebenso wenig ein Denkverbot geben wie für den Vorschlag, auf den geplanten Busparkplatz  zu verzichten. Allerdings sollte der Stadtrat eines beachten: Nach zehn Jahren Planen sollte wenigstens ein Projekt schnell kommen – ein Parkplatz an den Kleingärten. Beim Rest hat die Stadt Zeit: Bus- und Pendlerparkplatz an der Friedenstraße stehen erst ab 2019 im Finanzplan.
Das ist viel Zeit, um die Bahnhofspläne neu zu überdenken. Und vielleicht einen Plan B in der Schublade zu haben, wenn die Stadt den Bahnhof nicht kaufen kann oder die Bahn wieder irgendeinen Rückwärtssalto macht. Kitzingen muss erst einmal für sich und mit eigenem Grund und Boden planen und beim Rest auf das Prinzip Hoffnung setzen; denn: Wer sich erneut auf die Bahn verlässt, der ist verlassen – und zwar von allen guten Geistern.