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Hof ist Schlusslicht auf etlichen Ebenen - und schlägt mit 10-Punkte-Plan Alarm


Autor: Lena Büttner

Hof an der Saale, Sonntag, 10. März 2024

Eine Stadt in Oberfranken sieht sich vor viele soziale und wirtschaftliche Herausforderungen gestellt. Nun richtet sie sich mit einem offenen Brief an das Sozialministerium - und stellt einen 10-Punkte-Plan vor.
Die oberfränkische Stadt Hof benötigt dringend finanzielle Unterstützung - und sucht Hilfe beim Sozialministerium.


"In der Stadt Hof stehen wir vor besonderen Herausforderungen", das berichtet die Stadt in einem offenen Brief an das Sozialministerium. Im vergangenen Jahr habe sich die Stadt schon einmal mit einem Schreiben an das Sozialministerium gewandt, erklärt eine Pressesprecherin. "Bisher blieb eine konkrete Antwort aus, was unsere Sorgen im Hinblick auf die soziale Situation in Hof verstärkt", so Oberbürgermeisterin Eva Döhla. 

Obwohl der ehemalige Kultusminister Michael Piazolo kurzfristig zusätzliche Unterstützung zugesagt habe, stehe Hof noch vor vielen weiteren Herausforderungen, die nicht nur in den Zuständigkeitsbereich des Kultusministeriums fallen, heißt es. Nun wurde ein 10-Punkte-Plan erarbeitet, der die "drängendsten Herausforderungen und Lösungsansätze" zusammenfasst. 

Negativ-Spitzenplätze in Bayern: Stadt Hof berichtet von vielen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen 

Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt sei "seit Jahren stark eingeschränkt", ist in dem offenen Brief zu lesen. "Wichtige Projekte der Infrastruktur und Daseinsvorsorge müssen verschoben oder über viele Jahre verteilt werden." Besonders die Sozialkosten machten zu schaffen, heißt es weiter. Der von der Stadt Hof selbst getragene Aufwand für Leistungen in diesem Bereich belaufe sich jährlich auf 25 bis 32 Millionen Euro - im Jahr 2023 seien es beispielsweise 32,1 Millionen Euro gewesen.

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Dies entspreche rund 17 Prozent des gesamten Verwaltungshaushaltes, erklärt die Stadt. "Damit liegt die Stadt Hof proportional zur Einwohnerzahl an der Spitze in Bayern." Dies sei auf demografische und wirtschaftliche Entwicklungen in Hof zurückzuführen. 

Von den 48.000 Einwohnern der Stadt hätten etwa 40 Prozent einen Migrationshintergrund. "Viele dieser Personen haben eine Fluchtbiografie, nachdem bereits 2015/2016 als auch angesichts der aktuellen Fluchtbewegungen aus der Ukraine in Hof proportional zur Bevölkerungszahl besonders viele Menschen aufgenommen beziehungsweise zugewiesen wurden (zum Beispiel: Übererfüllungsquote bei registrierten Ukrainern von rund 170 Prozent - Spitzenplatz in Bayern)", ist in dem Schreiben an das Sozialministerium zu lesen.

Arbeitslosenquote, Schüler ohne Abschluss: Stadt zählt Defizite auf

Zwar böten die Integrationsleistungen Chancen, jedoch auch Herausforderungen. Letztere hätten sich bereits in Kinderbetreuungs-, Beratungs- und Bildungseinrichtungen bemerkbar gemacht. Hinzu kämen Probleme bezüglich der wirtschaftlichen Lage der oberfränkischen Stadt: "Beim verfügbaren Haushaltseinkommen sind wir bayerisches Schlusslicht, gleiches gilt für die Arbeitsproduktivität", bezieht sich die Stadt auf den jüngsten Disparitätenbericht der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Die Stadt Hof liege außerdem bei der Arbeitslosenquote, dem Schuldnerquotienten und der Quote der Schüler ohne Abschluss "deutlich über dem bayerischen Durchschnitt", heißt es. Gleiches gelte für den Anteil der Menschen in Grundsicherung und den Anteil von unter 15-Jährigen, die SGB II-Leistungen beziehen. Letzteres ist demnach ein wichtiger Indikator für Kinderarmut. "Diese Entwicklungen sind seit Jahren zu sehen und drohen sich weiter zu verfestigen", schlägt die Stadt Alarm.

"Dabei tun wir alle gemeinsam bereits sehr viel", versichern Oberbürgermeisterin Döhla sowie weitere Unterzeichner des offenen Briefs - unter anderem Stefan Stadelmann, Leiter des Schulamtes Hof, und Christian Nowak, Geschäftsführer der Caritas in Stadt und Landkreis Hof. "Schulen, Wohlfahrtsverbände, Bildungsträger und Stadt nehmen teil an den unterschiedlichsten Programmen, um Menschen in diversen Lebenslagen zu fördern, zu beraten und ein selbständiges Leben zu ermöglichen", heißt es.

Finanzierung, Kindertagesstätten und Co.: Stadt Hof stellt 10-Punkte-Plan vor 

Beispielsweise würde die Familienarbeit durch die Einführung des Projekts "Familienklassen" in zwei Mittelschulen ausgebaut und Maßnahmen gegen Kinderarmut (beispielsweise KidsCard) aufgelegt werden. Doch das alles gehe angesichts der dargestellten Entwicklungen nicht weit genug. "Stattdessen mussten in den letzten Monaten Personalstellen abgebaut werden, nachdem Fördermittel weggefallen waren", so die Stadt. Der 10-Punkte-Plan solle die finanzielle Unterstützung, die Hof benötigt, gewährleisten. Die ausgearbeiteten Punkte beziehen sich auf grundsätzliche Aspekte wie der Finanzierung sowie auf Themen rund um Kindertagesstätten, Schulen, Jugendarbeit und besondere Zielgruppen

  1. Nachhaltige Finanzierung
  2. Entlastung bei Eigenmitteln
  3. Erhöhung des Zuschusses für Bauprojekte
  4. Erhöhung des Zuschusses bei der kindbezogenen Förderung
  5. Finanzielle, nachhaltige Sicherung und Ausbau des Projekts "Kita-Einstieg"
  6. Schnittstelle zur Kita schaffen (Elternarbeit, (Schul-)Beratung und psychologische Betreuung)
  7. Förderung für Jugendsozialarbeit an Schulen erhöhen
  8. Niederschwellige Angebote für Eltern finanziell unterstützen (zum Beispiel Familienklassen)
  9. Mehr Unterstützung für offene Kinder- und Jugendarbeit
  10. Bedürfnis- und bedarfsgerecht Handeln

Bezüglich des zehnten Punktes führt die Stadt Hof beispielhaft den Bedarf an Insolvenz- und Schuldnerberatung an, dieser sei in Hof überdurchschnittlich hoch. "Der Schuldnerquotient lag im Jahr 2022 bei 13,38 Prozent, was den Spitzenwert in Bayern bedeutet", berichtet die Stadt. Zudem werde "Unterstützung für eine auf Kontinuität ausgelegte Maßnahme für straffällig gewordene Jugendliche" benötigt, heißt es. Weitere Nachrichten aus Hof kannst du in unserem Lokalressort lesen.