Liegen wir im Landkreis nun über 200 oder unter? Kann ich die Freundin im Nachbarlandkreis besuchen oder nicht?
Der Zeiler Peter Hamm ist nicht der erste, der sich an die Redaktion wendet, auch Ernst Albert aus Sand hat vor Wochen schon die Frage bewegt, ob bei der täglichen Angabe des so genannten Sieben-Tage-Inzidenzwertes in unserem Fränkischen Tag alles mit rechten Dingen zugeht. Denn, so Peter Hamm: "Es gibt erhebliche Diskrepanzen in der Berichterstattung zu den Corona Fallzahlen in der Berichterstattung im Landkreis Haßberge". Da gebe es einmal eine gestiegene Inzidenz, bei der Aufstellung der aktuellen Fallzahlen jedoch stehe dann beispielsweise eine gesunkene Anzahl von aktiven Fällen. "Rein rechnerisch erschließt sich das mir nicht. Meiner Meinung nach wird hier ein falscher Dreisatz zur Anwendung gebracht," so mutmaßt unser Leser. Auf unsere Anfrage beschreibt der Zeiler, dass er täglich das Infektionsgeschehen akribisch verfolge.
Die Darstellungen wichen teilweise erheblich von den Angaben des Robert-Koch-Instituts ab. Das betreibt im Internet ein so genanntes "Dash-Board", bei dem man bestimmte Abfragen einstellen kann. Etwa, nach dem Landkreis oder der Altersverteilung bei den Todesfällen. "Das kann man in alle Himmelsrichtungen sortieren", sagt Peter Hamm, der das wirklich gelungen findet. Aber: Es passt eben nicht zusammen mit den Daten über den Landkreis, die er in der Zeitung findet. Und vor dem Hintergrund der seit dem Montag verschärften Bestimmungen stellt sich für ihn natürlich die Frage: "Kann ich die Schwiegereltern, die 70 Kilometer entfernt leben, jetzt besuchen oder nicht?" Was tun, wenn der Inzidenzwert einmal über 200 liegt und einmal darunter?
Was stimmt denn jetzt?
Das Problem ist dem Chef des Gesundheitsamts, Jürgen Reimann, gut bekannt. Auch er schaut sich täglich alle Inzidenzwerte an: den des Landesamts für Gesundheit und Ernährungsmittelsicherheit (LGL), den des Robert-Koch-Instituts (RKI) und seinen eigenen. Das Gesundheitsamt Haßberge errechnet täglich auch den eigenen Wert, doch der wird nicht veröffentlicht. Von allen diesen Werten ist der des Gesundheitsamts selbst der "frischeste" Wert, der des LGL ist "langsamer" und der des RKI ist "der trägste Wert", urteilt Reimann.
Aber: Wichtig ist die Tendenz, findet der Mediziner: "Und wir sind konstant in unserem Niveau, es gibt schon mal einzelne Ausbrüche, etwa wenn Altenheime betroffen sind", aber der Landkreis bleibe einigermaßen konstant, nicht auf höchstem Niveau und auch nicht unter 100, sondern eben im bayernweiten Durchschnitt.
Jürgen Reimann, weiß auch, dass die Werte eben nie gleich sind, das liegt an der zeitverzögerten Eingabe der Daten. So wird das Gesundheitsamt zuerst durch das Labor über positive Fälle verständigt, schließlich muss von hier aus auch gelich die Nachverfolgung der Kontaktpersonen erfolgen. Dann wird erst das Landesamt informiert und im Anschluss das RKI. Das LGL meldet täglich zum Stand von 8 Uhr und nachmittags noch einmal von 14 Uhr.
Hier kann es zu Zeitverzögerungen kommen, wenn die Gesundheitsämter beispielsweise mit dem Melden nicht nachkommen. Zum Gesundheitsamt Haßberge erklärt Reimann: "Wir melden immer aktuell, weil wir auch am Wochenende im Dienst sind." Natürlich kann es wegen personeller Engpässe zu Stoßzeiten kommen, dass beispielsweise mehrere Fälle nachgemeldet werden.
Ein gutes Zeugnis stellt Reimann dabei der IT-Abteilung im Landratsamt aus: Technische Probleme hat es wenige gegeben, und auch die Software, die jetzt das automatische Einspeisen der Laborergebnisse in das EDV-System des Gesundheitsamts ermöglicht, "läuft ja jetzt erst richtig an."
Beim RKI schließlich wird immer um Mitternacht aktualisiert, erneut eine Zeitverzögerung, die den niedrigeren Wert (und Spitzen) erklären kann.
Jürgen Reimann sieht die Sache ohne Hektik und Hysterie, sondern pragmatisch: "Die Tendenz ist wichtig. Wir sind stabil."
Seit 32 Jahren im Gesundheitsamt tätig, davon 21 Jahre in Haßfurt, ist das für Jürgen Reimann die wohl arbeitsaufwendigste Phase in seinem Arbeitsleben und "sehr belastend". Alles dreht sich um Corona. Zwar ist das Amt personell kräftig aufgestockt worden und verfügt jetzt vor allem über jede Menge Telefonkräfte, doch bleibt es trotzdem ein "Riesenaufwand, es gibt zig Leute, die nur mit Corona beschäftigt sind." Froh ist der Chef des Gesundheitsamts, dass er viel Unterstützung bekommen hat und auch fachlich gute Kräfte, wie die von der Polizei, die vor allem die Corona-Positiven betreuen. Jeden Tag werden die Infizierten angerufen. Jeden Tag werden auch die 300 oder 400 Menschen angerufen, die sich "nur" in Quarantäne befinden. Dazu kommen Beratungen und Bürgertelefon.
Das Wichtigste, hält er fest: Tendenz beobachten und "Kontakte minimieren. ... Die 100 sehe ich beim Inzidenzwert noch nicht", es werde sicherlich Frühjahr werden, bis das Niveau unter 50 sinkt. Bis dahin bleibt das Leben auch für Dr. Reimann so: Arbeit, dann nach Hause und traute Zweisamkeit mit der Gattin. Ab und zu auch einkaufen gehen und dann schnell raus aus dem Markt, wenn der sich plötzlich füllt. Der Blick wandert automatisch über die Gesichter. Dass bei uns die Menschen Maske tragen, das freut und beruhigt ihn. Und dass sich die Menschen, zumindest die ohne schwere Allergien oder tiefgreifende Immunschwäche, impfen lassen werden, das erhofft sich Jürgen Reimann von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung. "Alles andere wäre verantwortungslos der Allgemeinheit gegenüber.
Kann mich dem Kommentar von Ronja nur anschließen.
Immer noch 1000 Fragezeichen und keine Antwort nach Ihrem Artikel.
Wo erfahre ich tagesaktuell den Wert, der die Grundlage für die 15 km Regelung in den Hassbergen ist? Zusatzfrage: Was GENAU ist von dieser Regelung ausgenommen?
Ja und? Wie ist jetzt die Antwort auf die Überschrift? Wo muss man sich als Bürger informieren? Oder kann ich mir das Beste für mich aussuchen? Dass es Unterschiede aufgrund der Verzögerung gibt, weiß ja mittlerweile jeder.