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Waldbesitzer im Kreis Haßberge: Einstiger Stolz wird zu Schadholz


Autor: Eckehard Kiesewetter

LKR Haßberge, Montag, 24. August 2020

Die Schäden in den Wäldern nehmen an Dramatik zu und bedrohen Existenzen. Wie es privaten Eignern geht, warum auch Corona eine Rolle spielt und wie der Staat zu helfen versucht.
Für den Fichtenwald gehen die Lichter aus. Die Bestände sind dem Klimastress und dem Käferbefall nicht gewachsen.  Fotos: Eckehard Kiesewetter


Nur zwei, drei Wochen zuvor hatte er hier noch selbst Holz gemacht. "Da war noch nichts von Käferbefall zu sehen", staunt Reinhold Schneider. Jetzt sind die Fichten in seinem vier Hektar großen Waldstück bei Altenstein nicht mehr zu retten. Gesundes Grün ist fahlem Graubraun gewichen. Die Dürre lässt die Baumwipfel im Sonnenlicht rot leuchten. Ein Fanal für die Folgen des Klimawandels.

"Der Borkenkäfer findet gerade ideale Bedingungen vor", erklärt Wolfgang Meiners, der die nichtstaatlichen Wälder in den Gemeindegebieten Burgpreppach, Ermershausen, Maroldsweisach und Pfarrweisach betreut: "Die Population explodiert regelrecht". Er kommt kaum mehr damit nach, die befallenen Fichten für die Fällung zu markieren: todgeweiht.

Der Forstamtsrat aus Ibind versucht die Eigentümer zu trösten, ihnen Mut für eine Investition in den Umbau des Waldes zu machen. Mit klimaresistenteren Baumarten als der Fichte, die einst von den Menschen in die heimischen Nutzwälder gesetzt wurde. Aber Waldbesitzer leben im Jetzt. Viele erleben die Entwicklung als Katastrophe.

Eigener Wald, oft über Generationen weitervererbt und nachhaltig bewirtschaftet, war stets kostbarer Besitz, sicherte die Vorräte an Brenn- und Bauholz für den eigenen Bedarf. Eiche für den Hausbau, Nadelhölzer für den Dachstuhl. Und der Verkauf wertiger Stämme warf immer wieder mal Geld für größere Anschaffungen ab.

Raus mit dem Schadholz!

Jetzt aber stehen - egal ob kleiner Eigner mit zehn oder Kommune wie Ebern mit 1000 Hektar Waldbesitz - erst mal hohe Kosten an. Eile ist geboten, um das Schadholz zu beseitigen oder kostenträchtig aus dem Wald befördern zu lassen - sofern man überhaupt noch Firmen mit freien Kapazitäten findet. Große Auftraggeber haben da mit Glück in Polen oder Tschechien Erfolg. "Aber für die Kleinen auf der Fläche ist es jetzt ganz schwierig, einen Holzmacher zu finden", sagt Meiners.

Solch eine Ausnahme ist der Holzfäller Thomas Birklein, der in diesen heißen Sommertagen Schwerstarbeit leistet. Gilt es doch die kranken Fichten so rasch wie möglich "herauszunehmen" und zugleich den Flurschaden möglichst gering zu halten. Im Privatwald liegen die Rückegassen nicht so dicht beieinander wie im Staatsforst. Drei bis vier Bäume pro Stunde, sind Birkleins beachtliches Arbeitspensum, etwa 25 Festmeter pro Tag. Aber dann?

Fuhrunternehmen transportieren das Schadholz zurzeit nicht etwa zu künftigen Abnehmern, sondern laden die Stämme auf Poldern mit teilweise riesigen Ausmaßen ab. Zigtausende von Festmetern Schadholz warten in diesen Trockenlagern auf eine Vermarktung.

Siehe dazu auch unseren Bericht über Holz in Quarantäne

Für die Beseitigung schadhaften Holzes wie auch für die Anpflanzung neuer Baumarten stellt der Staat stattliche Summen zur Verfügung. Eine Investition der Allgemeinheit aus Verantwortung für künftige Generationen.

Noch etwas Positives: Reine Nadelholzbestände sind in der Region die Ausnahme, Mischwald dominiert laut Auskunft von Förster Meiners die großen Reviere in der Region. Dort hatten Vorgänger der heutigen Revierförster Weitsicht bewiesen, den systematischen Waldumbau beizeiten vorangetrieben.

Auch Reinhold Schneider, der Elektronikentwickler aus Altenstein, hat Glück im Unglück. Sein Waldstück im Gebiet "Tannenholz", das einst dem Schwiegerwald gehörte, ist gut durchmischt. "Ein gepflegter Bauernwald, attestiert Thomas Birklein. "Um den finanziellen Schaden geht es jetzt gar nicht so sehr", sagt Schneider, er denkt an das Ökosystem und an all diejenigen, die den Klimawandel noch immer abstreiten. Und an seine achtjährige Tochter: "Die macht sich heute schon Sorgen, ob wir später noch genug Sauerstoff haben werden."

Holzpreise im Sinkflug

Was ist schneller - der Käferfraß oder der Verfall der Holzpreise? Fichte findet kaum mehr Abnehmer. Dementsprechend türmen sich die Lagerbestände, in denen das Käferholz in Quarantäne genommen werden muss.

Ausgerechnet in ohnehin schwieriger Wirtschaftslage versiegt für Kommunen mit Waldbesitz eine wichtige Einnahmequelle; Waldbauern und Waldkörperschaften plagen Existenzängste. "Das ist die Tragödie zurzeit", bestätigt Förster Meiners. Den Markt fluten auch Billigangebote aus dem Osten Europas. In Tschechien etwa gibt es reine Fichtenwälder, die jetzt komplett gerodet werden. Komplette Züge voller Holz werden laut Meiners nach Deutschland verfrachtet. Zudem habe die Corona-Krise die Exportwege in die USA oder nach Italien abgeschnitten.

Also wachsen Lagerbestände ohne konkrete Aussicht auf vernünftige Absatzchancen. Eine fatale Konstellation, in der sich Forstbetriebsgemeinschaften wie in Hofheim noch etwas leichter tun als Einzelanbieter, sagt Meiners. Mit Sammelverträgen seien sie noch am ehesten in der Lage, einigermaßen gute Preise auszuhandeln.

Der Staat hilft den Waldbauern

Die "Waldumbauoffensive 2030" des Freistaats Bayern und Förderzusagen des Bundes nach dem Waldgipfel 2019 machen den Waldbauern Hoffnung. erst Anfang August versprach das Bundeslandwirtschaftsministerium den Kommunen nochmals Hilfen aus dem Konjunkturpaket: 700 Millionen Euro für Wald und Holz und für Prämien zur Erhaltung und nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder. In Bayern gilt seit Februar ein aufgestocktes Programm für private und kommunale Waldbesitzer. Alle, die ihr Schadholz rechtzeitig aus dem Wald schaffen, können teilhaben. Der bürokratische Aufwand wurde angeblich reduziert. Regulär eingeschlagenes Holz ist ausgenommen.

Gefördert werden besonders Maßnahmen, die "dem Befall mit rindenbrütenden Insekten vorbeugen oder deren Bekämpfung dienen". Fürs Beseitigen von Käferholz gibt es 5 Euro pro Festmeter. Wenn es auf Zwischenlager transportiert, also zweimal angepackt werden muss 12 Euro/fm. Auch das Entrinden und den Aufwand für Häckselmaterial kann man geltend machen.

Klimawald der Zukunft

Ein Förderkatalog für den Waldumbau berücksichtigt die gestiegenen Kosten für Pflanzen und Arbeitsleistung. Die Richtlinie schließt die Waldrandgestaltung und das Streben nach insektenfreundlichem, arten- und strukturreichem Waldbau ein. Die Palette der förderfähigen Baumarten wurde erweitert, um die Durchmischung der Wälder voranzutreiben. Gefördert wird die Begründung standortgemäßer, klimatoleranter Wälder aus Laub- und Nadelhölzern (mindestens 30 Prozent Laubholz).

Förster Meiners nennt aus dem Stegreif eine Fülle von Arten, die dem Klima im fränkischen Trockengürtel gewachsen scheinen. "Oft sind sie in Ansätzen bereits in unseren Wäldern zu finden", sagt er: "Die Potenziale sind da". Auch Praxis-Versuche zum Anbau alternativer Baumarten unterstützt der Staat. Für die Pflanzung gibt es je nach Art zwischen 1,40 Euro (Wildlinge) und 3,25 Euro pro Stück, Zuschläge werden beispielsweise für Sträucher, Ballen- und Großpflanzen sowie seltene und insektenfreundliche Baumarten gewährt.

Gut zu wissen

Ansprechpartner ist das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt mit Außenstelle in Hofheim. Der Antrag wird über den jeweils zuständigen staatlichen Revierförster gestellt.

Internet Die Förderrichtlinie finden Sie unter http://www.waldbesitzer-portal.bayern.de/mam/cms01/wald/waldbesitzer_portal/dateien/richtlinie_waldf%C3%96pr_2020.pdf