Experten aus den Haßbergen vermissen Kontinuität beim FCN

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Ihre Zeit am Valznerweiher ist abgelaufen: Das Nürnberger Trainergespann Michael Wiesinger (links) und Armin Reutershahn wurde entlassen. Richtig oder falsch, und worin liegt der Nürnberger Niedergang begründet? Fußballexperten aus dem Kreis sagen ihre Meinung dazu. Foto: David Ebener/dpa
Ihre Zeit am Valznerweiher ist abgelaufen: Das Nürnberger Trainergespann Michael Wiesinger (links) und Armin Reutershahn wurde entlassen. Richtig oder falsch, und worin liegt der Nürnberger Niedergang begründet? Fußballexperten aus dem Kreis sagen ihre Meinung dazu.  Foto: David Ebener/dpa
Ludwig Müller
Ludwig Müller
 
Erwin Albert
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Joachim Kraft
Joachim Kraft
 

Fußball-Experten aus dem Landkreis Haßberge nehmen Stellung zur Entlassung von Trainer Michael Wiesinger beim Bundesligisten 1. FC Nürnberg. Der ehemalige Club-Profi Ludwig Müller wünscht sich große Sorgfalt bei der Suche nach einem Nachfolger.

Alarm beim 1. FC Nürnberg: Der einzige fränkische Fußball-Erstligist hat die Notbremse gezogen und Trainer Michael Wiesinger entlassen. Nach acht Saisonbegegnungen hat der sieglose Club nur fünf Punkte aufzuweisen, das 0:5 zuletzt gegen den Hamburger SV hat Verein und Fans erschüttert. War die Trainerentlassung die richtige Entscheidung? Wo liegen die Ursachen für die sportliche Talfahrt? Welchen Trainer oder Trainertyp braucht der FCN jetzt? Zu diesen Fragen nahmen Fußballexperten aus dem Kreis Haßberge Stellung.

Zu wenig Erfahrung

Ex-Nationalspieler Ludwig "Luggi" Müller war mit dem Club (1968) und Borussia Mönchengladbach insgesamt dreimal deutscher Meister. Darüber, ob die Wiesinger-Entlassung die richtige Entscheidung war, "maße ich mir kein Urteil an, dafür bin ich viel zu weit weg", sagt er.
Als Grund für die sportliche Talfahrt hat er den Mangel an erfahrenen Spielern in der Mannschaft ausgemacht: "Simons, der weggegangen ist, war da zum Beispiel ein ganz wichtiger Mann." Der Club habe zu wenig Leute, die der Mannschaft in kritischen Situationen Halt geben können.

Der neue Mann muss zur Mannschaft passen

Bei der Auswahl des neuen Trainers sei ganz entscheidend, wie er zu den Spielern passt: "Dafür muss man die Mannschaft kennen. Wie reagieren die Spieler auf Härte, wie auf Streicheleinheiten?" Das könnten am besten Leute wie Sportvorstand Martin Bader beurteilen, "er ist jeden Tag bei der Mannschaft". Luggi Müller hält nichts davon, die Lage zu sehr zu dramatisieren, "jetzt mit dem Hammer draufzuhauen bringt gar nichts. Es sind ja auch erst ein paar Spiele absolviert."

Umso mehr sei es wichtig, bei der Suche nach dem neuen Mann auf der Bank größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen, "da sollte man nichts voreilig entscheiden. Ich wünsche den Verantwortlichen jedenfalls ein glückliches Händchen."

Immer wieder Neuaufbau

Erwin Albert, Ex-Profi bei Hertha BSC und dem SK Beveren in Belgien und Trainer des Landesligisten FC Sand, weiß: "Wenn eine Mannschaft über längere Zeit keinen Erfolg hat, kommt immer eine Debatte über den Trainer auf." Er sei aber, auch wenn man die Lage als Außenstehender nicht fundiert beurteilen könne, kein Freund schneller Entlassungen, sagt er. "Michael Wiesinger hat die Mannschaft ja im letzten Jahr übernommen und viele Punkte geholt. Da hat es dann geheißen, er hat hervorragende Arbeit geleistet."

Jedes Jahr ein Neuaufbau

Er sieht die Ursache für den sportlichen Misserfolg eher in der Tatsache begründet, dass der FCN in jedem Jahr viele Spieler ausleihe, die dann wieder zu ihren Stammvereinen zurück müssen oder anderweitig wechseln, und nennt aus der jüngeren Vergangenheit Beispiele wie Julian Schieber, Jens Hegeler oder Mehmet Ekici. "Jedes Jahr muss der Trainer dann eine neue Mannschaft aufbauen, das ist sehr schwer", sagt er. Zudem solle man nicht vergessen, dass der Club gegen Dortmund (1:1) und auch in Bremen (3:3 nach 0:2-Rückstand) jeweils "ein Riesenspiel gemacht" habe, "alles kann der Trainer also auch nicht verkehrt gemacht haben. So etwas wie das 0:5 gegen den HSV, das kann mal passieren."

Mehr Zeit verdient

Joachim Kraft, Trainer des Bezirksligisten TV Ebern, räumt ein, dass die Entlassung Wiesingers zu erwarten gewesen sei, sagt aber auch: "Ich finde es schade, dass man an dem jungen Trainer nicht länger festgehalten hat. Er hätte mehr Zeit verdient gehabt." Kraft verweist darauf, dass für den sportlichen Erfolg nicht nur der Trainer verantwortlich sei, "das ist ein Team, da gehört ja auch der Manager dazu." Auch der Eberner Coach sieht als Problem, dass "die Nürnberger jedes Jahr viele Leihspieler" verpflichten, "da muss der Trainer immer wieder von vorne anfangen. Ginczek hat sich verletzt, Pinola bringt nicht seine Form, Balitsch kann sich nicht unterordnen, da hat der Trainer auch nicht viele Möglichkeiten, anders aufzustellen."


Die finanziellen Mittel beim 1. FC Nürnberg sind begrenzt

Bei Werder Bremen habe der FCN in der zweiten Halbzeit "richtig stark gespielt", aber "ein 0:5 spricht natürlich auch gegen den Trainer." Joachim Kraft verweist allerdings auf die begrenzten finanziellen Mittel der Nürnberger: "Der Hamburger SV war zwar jetzt in der Tabelle gleichauf, hat aber da viel mehr Potenzial." Der Eberner erwartet, dass die Nürnberger nun einen erfahrenen Mann als neuen Trainer verpflichten werden, "wenn sie wieder einen jungen nehmen würden, hätte sich ja nicht viel geändert", meint er.