Recheldorfer trauern um "Wahrzeichen"

4 Min
Von einer einst stolzen Pyramidenpappel ist nur noch der Baumstumpf zu sehen. Dort diskutierten am Samstag (von rechts) Gemeinderat Gerhard Roth, Karl-Ludwig Grell und Edwin Lutter (dritter und vierter von rechts). Mehrere Bürger brachten ihren Unmut über die Fällung zum Ausdruck. Foto: Helmut WillVon einer einst stolzen Pyramidenpappel ist nur noch der Baumstumpf zu sehen. Dort diskutierten am Samstag (von rechts) Gemeinderat Gerhard Roth, Karl-Ludwig Grell und Edwin Lutter (dritter und vier...
Von einer einst stolzen Pyramidenpappel ist nur noch der Baumstumpf zu sehen. Dort diskutierten am Samstag (von rechts) Gemeinderat Gerhard Roth, Karl-Ludwig Grell und Edwin Lutter (dritter und ...
Von einer einst stolzen Pyramidenpappel ist nur noch der Baumstumpf zu sehen. Dort diskutierten am Samstag (von rechts) Gemeinderat Gerhard Roth, Karl-Ludwig Grell und Edwin Lutter (dritter und vierter von rechts). Mehrere Bürger brachten ihren Unmut über die Fällung zum Ausdruck. Foto: Helmut WillVon einer einst stolzen Pyramidenpappel ist nur noch der Baumstumpf zu sehen. Dort diskutierten am Samstag (von rechts) Gemeinderat Gerhard Roth, Karl-Ludwig Grell und Edwin Lutter (dritter und vier...
Vorher
Vorher
 
Nachher Foto Vornberger
Nachher  Foto Vornberger
 
Der Stock der Pyramidenpappel ist gesund, wesentliche Faulstellen sind nicht vorhanden. Von daher bestand keine Gefahr, dass die Pappel umfallen könnte. Foto: Helmut Will
Der Stock der Pyramidenpappel ist gesund, wesentliche Faulstellen sind nicht vorhanden. Von daher bestand keine Gefahr, dass die Pappel umfallen könnte. Foto: Helmut Will
 
Vorher
Vorher
 
Nachher Foto: Foto: Vornberger
Nachher Foto: Foto: Vornberger
 
Gerhard Roth
Gerhard Roth
 
Matthias Ehrlich
Matthias Ehrlich
 
Enttäuscht sind die Recheldorfer über die Fällung "ihrer Pappel." Am Stock derselben diskutierten am Samstagnachmittag Karl-Ludwig Grell (rechts), Edwin Lutter (vorne links) und Matthias Ehrlich (hinten links) zusammen mit anderen Ortsbewohnern. Foto: Helmut Will
Enttäuscht sind die Recheldorfer über die Fällung "ihrer Pappel." Am Stock derselben diskutierten am Samstagnachmittag Karl-Ludwig Grell (rechts), Edwin Lutter (vorne links) und Matthias Ehrlich (hinten links) zusammen mit anderen Ortsbewohnern. Foto: Helmut Will
 

Die dorfbildprägende Pappel am Ortsrand des Untermerzbacher Gemeindeteils wurde zum Opfer der Motorsäge. Die Bürger sind empört über die unangekündigte Aktion , denn der Baum wies aus ihrer Sicht keine sichtbaren Schäden auf.

Im Untermerzbacher Gemeindeteil Recheldorf sind etliche Leute mächtig verschnupft. Nicht weil dort die Grippewelle besonders grassieren würde, sondern vielmehr, weil ihnen eine Ex- und Hop-Aktion mächtig die Nase hoch geht: die Fällung einer mächtigen, das Ortsbild prägenden Pappel am Ortseingang.

Bei der Bürgerversammlung am Donnerstag vergangener Woche in Untermerzbach hatte Bürgermeister Helmut Dietz (SPD) am Ende seiner Ausführungen ganz kurz, also eher beiläufig die Fällaktion der Pyramidenpappel am Ortseingang von Recheldorf erwähnt. "Der Baum war nicht mehr zu halten", so die Aussage des Bürgermeisters, die von den Versammlungsteilnehmern ohne Rückfragen, jedoch teilweise mit nachdenklichen Blicken hingenommen wurde. Mittlerweile allerdings erhoben sich Stimmen gegen diese Aktion, insbesondere bei den Bürgern aus Recheldorf.

Zuerst drückte am 19. März das Ehepaar Sibylla und Gerhard Vornberger aus Untermerzbach sein Entsetzen über diese Fällaktion, über den "fatalen Eingriff in das Landschaftsbild", mit einer Mail an verschiedene Stellen aus. Bei der Jahresversammlung des CSU-Ortsverbandes Untermerzbach am Freitag erhob der Recheldorfer Matthias Ehrlich verärgert seine Stimme: "Unsere Pappel ist gefällt worden, keiner hat vorher gefragt. Das war ein Wahrzeichen von Recheldorf für das wir eventuell, wenn wir mit eingebunden gewesen wären, eine Patenschaft übernommen hätten. Das war eine Aktion, die schnell über die Bühne gehen sollte, damit man vor vollendete Tatsachen gestellt ist", schimpfte Ehrlich. So könne man mit der Bevölkerung nicht umgehen.


Plötzlich weg

Nicht weit entfernt von der Stelle, an der jetzt nur noch ein Baumstumpf zu sehen ist, wohnt Thomas Kapell. "Ich bin ganz erschrocken, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Ich konnte es gar nicht glauben, da fehlte einfach was. Wir sind mit dem Baum aufgewachsen. Arbeiter waren mit der Aufarbeitung der gefällten Pappel beschäftigt. Von denen habe ich erfahren, dass der Baum krank gewesen sei. So sehe ich das nicht", sagt er enttäuscht.

Stumpf wirkt gesund

Was war passiert? Die ortsbildprägende Pyramidenpappel am Ortseingang von Recheldorf, die unmittelbar neben der Kreisstraße HAS 52 stand, wurde auf Veranlassung der Tiefbauverwaltung des Landkreises Haßberge gefällt. Jetzt ist dort nur noch ein oval grformter Baumstock mit Ausmaßen von 160 mal 100 Zentimetern zu sehen. Der Baumstock zeigt insgesamt gesundes Holz. Deshalb, so die Meinung der aufgebrachten Recheldorfer, hätte ihr "Wahrzeichen" nicht fallen müssen. Eventuell dürre Äste hätte man beseitigen können, so die einhellige Meinung. "Das passierte quasi wie bei einer Nacht- und Nebelaktion, nur dass es am Tag geschah", wurde geschimpft. Niemand aus dem Ortsteil Recheldorf sei vorher gefragt worden. So könne man mit Bürgern nicht umgehen.

Am Samstagnachmittag waren mehrere Recheldorfer Bürger am Ort des Geschehens. Auch der örtliche Gemeinderat, Gerhard Roth. "Ich war schon überrascht, dass ich und auch sonst keiner in Recheldorf gewusst hat, dass der Baum wegkommt. Aber, wenn eine Gefährdung durch den Baum für Menschen gegeben war, musste er weg. Natürlich ist es nun dem Ortsbild abträglich, dass die Pappel nicht mehr steht. Ich habe erst davon Kenntnis bekommen, als der Baum schon weg war und ich zufällig hinzu gekommen bin", sagt Gerhard Roth.
Edwin Lutter ist ebenfalls empört. Verärgert ist er, weil diese Aktion über die Köpfe der Bürger hinweg geschah. "Es ist eine Frechheit, einen Baum einfach so wegzumachen, man hätte darüber sprechen müssen. Aber man hat den Baum beim ,Untersuchen' so angesägt, dass er letztlich gefällt werden musste. Ich bin mir sicher, dass man ihn hätte erhalten können."

Kurz vorher untersucht

Karl-Ludwig Grell aus Recheldorf, selbst Dienstanbieter für Landschaftspflege und somit auch Kenner der Materie, ist sich sicher, dass der Baum nicht hätte gefällt werden müssen. "Den habe ich mir, kurz bevor er umgesägt wurde, noch angesehen, der war gesund." Wessen "Fachkenntnis", dazu geführt hat, dass die Pappel umgesägt wurde, weiß er nicht. Allerdings wäre die Pappel bei der "Überprüfung" wohl so angesägt worden, dass nichts mehr anderes übrig blieb, als den Baum umzusägen.

Bei der "Prüfung" seien am Stock Schnittflächen mit etwa einem dreiviertel Quadratmeter geschaffen worden. "Klar, wenn ich so vorgehe, bekommt der Baum Instabilität und dann bleibt nichts anderes übrig als ihn zu fällen. Grell sagt, dass die Recheldorfer gerne für den Baum eine Patenschaft übernommen hätten. Grell: "Ich finde es sehr dramatisch, dass der Bürgermeister vorher Bescheid gewusst haben soll und den Recheldorfern davon nichts sagte."

Bürgermeister weiß von nichts

Der so Gescholtene wurde am Samstagnachmittag mit den Protesten der Recheldorfer konfrontiert. Bürgermeister Helmut Dietz dazu: "Ich selber war auch nicht informiert, dass er Baum gefällt wird. Als ich zufällig vorbei kam, steckte die Motorsäge schon im Baum. Auf Vorhalt wurde mir vom Straßenmeister, Herrn Stark, gesagt, dass der Baum krank war und deshalb aus Verkehrssicherheitsgründen gefällt werden musste."
Wie er dann von seinem Verwaltungsleiter, Edgar Maier, später erfahren habe, hätte Straßenmeister Otto Stark dies am Vortag in der Gemeinde mitgeteilt. Hierüber hatte zwischen dem Bürgermeister und dem Verwaltungsleiter noch kein Austausch stattgefunden, weil man sich in der Zwischenzeit nicht mehr getroffen habe. Eine Reaktion seitens der Gemeinde war deshalb nicht mehr möglich.

Das wurde so von Edgar Maier am Samstag auf telefonische Nachfrage bestätigt. Dass der Baum so schnell fällt, habe auch ihn überrascht. Beiden, dem Bürgermeister und auch dem geschäftsleitenden Beamten Edgar Maier war anzumerken, dass sie nicht glücklich sind, wie die Sache gelaufen ist. Letztlich aber sei das Sache des Landkreises, dem die Verkehrssicherheitspflicht ihrer Straßen und Nebenanlagen obliege.

Offene Fragen

So steht eine Reihe von Fragen im Raum: Wer also hat letztlich entschieden, dass die Pyramidenpappel fallen musste? Können hierüber ein Straßenmeister oder sein Vorgesetzter eigenmächtig entscheiden? War wirklich Gefahr in Verzug gegeben? Wäre die Sache bei so einem Baum, der für Recheldorf als ortsbildprägender Baum galt, als "Wahrzeichen" des Ortes, wie er bezeichnet wurde, nicht durch einen Baumgutachter zu begutachten gewesen? Hätte nicht vorher, bevor die Säge angesetzt wurde, zumindest mit dem Bürgermeister, dem örtlichen Gemeinderat Gerhard Roth oder im Gemeinderat ein Gespräch geführt werden müssen?
Das alles nutzt jedoch nichts mehr. Das "Wahrzeichen" der Ortschaft Rcheldorf ist gefallen.