Rätselhafte rote Punkte

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Um rote Laserpunkte ging es bei der Verhandlung vor den Haßfurter Amtsgericht. Symbolfoto: Thinkstock
Um rote Laserpunkte ging es bei der Verhandlung vor den Haßfurter Amtsgericht.  Symbolfoto: Thinkstock
 

Ein Rentner, der einen Nachbarn in einem Eberner Stadtteil mit einem Laser geblendet und am Auge verletzt haben soll, wurde vom Amtsgericht Haßfurt freigesprochen. Er hatte gegen einen Strafbefehl Einspruch erhoben.

Rote Punkte "geisterten" an der Wand eines Zimmers in der Wohnung eines 45-jährigen Mannes aus einer Ortschaft nördlich von Ebern hin und her. "Das geht schon lange so", sagte der 45-jährige Hauseigentümer als Zeuge bei einem Prozess vor dem Amtsgericht in Haßfurt, "und es ist uns unheimlich." Doch dem nicht genug: Einmal wurde er von solch einem Punkt im Auge getroffen und musste sich deshalb in fachärztliche Behandlung begeben.
Er schilderte dem Gericht, dass er von dem Punkt im Auge getroffen wurde und sich in Haus- und augenärztliche Behandlung begeben musste, weil er danach nichts mehr sehen konnte. Das Ganze gehe schon seit 2014 so. "Es belastet uns alle im Haus", sagte er. Nachdem er bei der Polizei Anzeige erstattet hatte, habe das aufgehört.
Der Mann, der als mutmaßlicher Verursacher der roten Punkte ausfindig gemacht worden war, musste sich jetzt vor Gericht verantworten.
Gegen einen Strafbefehl über 30 Tagessätze zu je 35 Euro (1050 Euro) hatte der 68-jährige Angeklagte Einspruch eingelegt, sodass es zu der Verhandlung kam. Sein Einspruch war letztlich von Erfolg gekrönt.


Das Auge geschädigt

Mit einem Laserpointer, so der Vorwurf der Anklagevertreterin Julia Rebhan, habe der Rentner, der in einem Anwesen gegenüber wohnt, den Geschädigten im Januar 2015 am Auge erfasst und damit in seiner Gesundheit geschädigt. Außerdem habe er ihm an einem anderen Tag "den Vogel" gezeigt, was den Tatbestand der Beleidigung erfülle.

Der Angeklagte, ein passionierter Jäger, erschienen mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Horst Soutschek, äußerte sich zum Tatvorwurf. "Ich habe und hatte nie einen Laserpointer", sagte er. Ein solcher sei auch bei einer Hausdurchsuchung von der Polizei nicht gefunden worden. Insgesamt zweifelte der Angeklagte an, dass er zu den genannten Tatzeiten überhaupt zu Hause war. Auch "den Vogel" habe er seinem Nachbarn, zumindest nicht wissentlich, gezeigt. "Ich bin viel auf Jagd und da bin ich zu den Zeiten, wo das passiert sein soll, in der Regel nicht mehr zu Hause."


War es ein Nachtsichtgerät?

Was er habe, sei ein Nachtsichtgerät: "Wenn ich zur Jagd gehe", so erklärte er dem Gericht, "lege ich mir immer alles zurecht, was ich mitnehme. Da prüfe ich dann auch, ob das Nachtsichtgerät noch funktioniert.". Zu diesem Zweck würde er mit dem Nachtsichtgerät aus dem Fenster, in Richtung des Anwesens des Geschädigten, eine dunkle Ecke anvisieren. "Nur in der Dunkelheit kann man das Gerät überprüfen." Da könne es schon sein, dass er mal "rumschwenke."

Als er den "Vogel" gezeigt haben soll, habe er sich auf dem Ansitz zur Saujagd befunden, was ein Jagdkollege bestätigen könne.

Die 64-jährige Ehefrau des Angeklagten sagte als Zeugin aus, dass sie von der ganzen Angelegenheit nichts mitbekommen habe.


Am Fenster gesehen

Auf Nachfrage der Anklagevertreterin wurde deutlich, dass sich der Angeklagte und der Geschädigte noch nie so richtig "grün" gewesen sind. Als Zeuge wurde auch der ermittelnde Beamte der Polizeiinspektion Ebern vernommen. Der Geschädigte habe angegeben, so der Polizeihauptkommissar, dass er den Angeklagten erkannt habe als dieser am Fenster stand, aus dem zuvor vermutlich mit einem Laserpointer sein Anwesen getroffen wurde. Die Polizei hatte deshalb einen Durchsuchungsbeschluss beantragt und die Räume des Angeklagten durchsucht. "Einen Laserpointer haben wir im Anwesen des Angeklagten nicht gefunden", sagte der Polizeibeamte.
Allerdings habe dieser später auf der Dienststelle ein Nachtsichtgerät vorbeigebracht. Nach entsprechender Abdunklung habe man dieses getestet, aber einen roten Punkt habe mit diesem nicht an die Wand projiziert werden können.
Als Zeuge wurde ein 68-jähriger Rentner und Jagdpächter vernommen, bei dem der Angeklagte mit einem Jagdbegehungsschein zur Jagd geht. Letztlich konnte dieser Zeuge nicht mit Sicherheit sagen, ob der Angeklagte am bewussten Tag zur tatrelevanten Zeit bei ihm gewesen ist. Möglich wäre das, weil man sich manchmal treffe, bevor man gemeinsam zur Jagd gehe, oder abspreche wer wo zur Jagd ansitzen soll.
Rechtsanwalt Soutschek legte dem Gericht die Erklärung eines Gastwirtes vor, der angab, dass an einem Tattag der Angeklagte bei ihm mit weiteren Jagdkollegen zum Essen gewesen sei.
Eine 79-jährige Zeugin wiederum bestätigte die Angaben des Geschädigten dahingehend, dass sie bei einem Besuch in einem Zimmer beim Geschädigten einen roten Punkt an der Decke gesehen habe. "Das hat mir Angst gemacht. In Filmen sieht man ja auch manchmal, dass Leute, die erschossen werden, mit einem roten Punkt anvisiert wurden."
Der Geschädigte selbst ist sich sicher, dass schon länger mit einem Laserpointer oder einer Zielvorrichtung in ein Fenster seines Anwesens gezielt wurde. Er hatte auf seinem Handy Aufnahmen dabei, welche dies belegen sollten, die auch vom Gericht in Augenschein genommen wurden. Für den Geschädigten steht, wie er sagte, fest, dass nur der Angeklagte als Täter in Frage kommen könne.
Richterin Ilona Conver allerdings konstatierte, dass die Beweisaufnahme kein "glasklares Ergebnis" erbracht habe. Niemand habe den Angeklagten direkt gesehen, ein Laserpointer wurde nicht gefunden und im Haus des Beschuldigten würden auch weitere Personen wohnen. Deshalb wurde das Verfahren gegen den Rentner mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers eingestellt. Die Kosten trägt die Staatskasse.