Politiker nehmen zu christlichen Werten Stellung

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Die frühere SPD-Minister Dieter Haack zitierte aus Bibel und Werken von Helmut Schmidt; rechts Franz-Josef Zeheter. Foto: Ralf Kestel
Die frühere SPD-Minister Dieter Haack zitierte aus Bibel und  Werken von Helmut Schmidt; rechts Franz-Josef Zeheter. Foto: Ralf Kestel
Zum Abschied gab's einen Frankenwein für ruhige Stunden. "Die hab' ich in 35 Minuten, wenn ich daheim bin und mich nicht mehr auf Ebern vorbereiten muss", sagte Haack.
Zum Abschied gab's einen Frankenwein für ruhige Stunden. "Die hab' ich in 35 Minuten, wenn ich daheim bin und mich nicht mehr auf Ebern vorbereiten muss", sagte Haack.
 
Im Saal der Frankenstuben gab es noch viele freie Plätze.
Im Saal der Frankenstuben gab es noch viele freie Plätze.
 
Die wenigen Besucher lauschten dennoch hochkonzentriert.
Die wenigen Besucher lauschten dennoch hochkonzentriert.
 

Sie sprachen über "Gott und die Welt", oder genauer über Glaube und Politik. Ein "waghalsiges Projekt", so der Organisator Franz-Josef Zeheter startete die Volkshochschule Ebern am Montag: Eine Vortragsreihe mit Politikern aus den vier großen Parteien unter der Überschrift "Kann man mit der Bergpredigt Politik machen?".

Der erste, der darauf eine Antwort gab, war der aus Erlangen stammende Dieter Haack (SPD), der als parlamentarischer Staatssekretär und Bundesbauminister (1978 bis 1982) zehn Jahre lang dem Kabinett von Helmut Schmidt angehörte. Der promovierte Jurist (78) war von 1969 bis 1990 dem Bundestagsmitglied und fungierte danach zwölf Jahre lang als Präsident der Landessynode der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern.

Keine Wahlkämpfer im Einsatz


Die Idee zu dieser Vortragsreihe entstand bei einem Gespräch der Vertreter der VHS mit den beiden Ortsgeistlichen, Bernd Grosser und Rudolf Theiler, erzählte Fanz-Josef Zeheter, der sein ganzes Berufsleben über mit der Bildungsarbeit befasst war, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung berichtete.
"Wir haben überlegt, dass wir wegen der bevorstehenden Wahlen keine Wahlkämpfer einladen wollten, sondern Politiker, die sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen haben."

Seit März liefen die Vorbereitungen und der notwendige Schriftverkehr. "Die Kandidaten kristallisierten sich schnell heraus." Zeheter: "Das ist keine Zauberei, sondern nur Erfahrung beim Organisieren solcher Veranstaltungen." Wichtig fand Zeheter, dass Kirchen und VHS "etwas zusammen machen". Dennoch sei es "ein Blindflug", da ungewiss sei, wie viele Menschen sich von der Vortragsreihe angesprochen fühlen.

Ihm sollten die Augen schnell geöffnet werden: Rund 30 Leute verloren sich im Saal der Frankenstuben. Sie hörten besonders im ersten Teil eine intensive theologische Auseinandersetzung mit dem Thema, "über das ich mit dieser Formulierung noch nicht gesprochen habe", so Haack.

Bergpredigt: Keine Handlungsanweisung


"Es gibt keine christliche Politik, aber Leute, die ethische und moralische Werte in die Politik bringen", postulierte Haack gleich zu Beginn (und zählte sich selbst zu diesen Politikern). Deswegen sei die Bergpredigt auch keine Handlungsanweisung für praktische Politik.

Diese These machte Haack an einem praktischen Beispiel fest. "Liebe mit Gewaltlosigkeit gleich zu setzen, ist absurd, denn Unrecht und Gewalt müssen bekämpft werden und lassen sich nicht mit dem Liebesgebot besiegen."

Also nichts mit der linken und rechten Wange. Und Haack spitzte noch zu: "Politik ist ohne Machtstreben nicht möglich." Dennoch sollten auch im Wahlkampf christlich-ethische Grundsätze beachtet werden. Dabei gestand der Ex-Minister ein, dass "in einer gefallenen Welt nicht alles in Ordnung ist".

Als weltlich-ethischen Wert stellte der SPD-Politiker dabei die Kompromissfähigkeit heraus. "Die Politik muss Lösungen finden, die möglichst viele Menschen ansprechen." Nicht jeder Kompromiss sein ein fauler.
Dazu sei auch Toleranz, ein weiterer ethischer Wert, notwendig, sonst "schlagen sich die Leute die Köpfe ein".

Problemfall Pershing-Raketen


Politik sei ein Prozess des Abwägens, wobei "teilweise unter Übeln entschieden werden muss". Als konkretes Beispiel aus der eigenen Erfahrung nannte Haack die Zustimmung zur Nachrüstung und die Pershing-Stationierung als Mittel der Abschreckung. "In diesem Fall habe ich auch nach dem Sturz von Helmut Schmidt meine Meinung nicht nicht geändert und das Fähnchen nach der neuen Meinung ausgerichtet."

In der Diskussion äußerte Pater Rudolf Theiler seine Sorge, dass mit dem Ausbau der Ganztagesangeboten nur noch der Staat und nicht mehr die Eltern erziehen, "weil's die gar nicht mehr können, da sie arbeiten müssen".
Diese Gefahr sah Haack nicht. "Ich denke nicht, dass die Eltern durch den Krippenausbau nicht mehr auf ihre Kinder einwirken können, meine größere Sorge ist es, dass sie nicht mehr auf ihre Kinder einwirken mögen".