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Umfrage zu Ekelbildern: "Die Leute kaufen die Zigaretten trotzdem"


Autor: Ronald Heck

LKR Haßberge, Mittwoch, 08. Juni 2016

Seit Mai gilt die EU-Tabakrichtlinie: Packungen müssen Schockfotos zeigen. Raucher und Tabakhändler bezweifeln, dass die Bilder etwas bringen.
Drastische Fotos werden bald auf den Zigarettenpackungen abgebildet. Die EU-Verordnung soll vor dem Rauchen abschrecken. Foto: Jonas Güttler/dpa


Beim Griff zur Zigarettenpackung brauchen Raucher bald starke Nerven. Fotos von toten Menschen, zerfressenen Raucherlungen, verfaulten Füßen und vergammelten Zähnen zieren künftig ihre Kippenschachteln. Seit 20. Mai gilt in Deutschland eine EU-Verordnung, die Tabakherstellern vorschreibt, dass alle neu produzierten Verpackungen großflächige farbige Schockfotos abbilden müssen.

Die expliziten Abbildungen müssen mit Warnhinweis-Texten zwei Drittel der Vorder- und Rückseite der Schachteln bedecken. Verbraucher sollen vom Nikotinkonsum abgeschreckt werden. Die Politik hofft, dass vor allem Jugendliche dadurch gar nicht erst mit dem Rauchen anfangen.


Dauert bis die Ekelbilder auch bei uns ankommen

In den Regalen der Tabakhändler im Kreis Haßberge sind die Ekelbilder allerdings bis jetzt noch nicht zu sehen. Denn die Hersteller dürfen noch bis Mitte 2017 ihre bereits produzierten Packungen abverkaufen. Ein Tabakladenbesitzer aus Haßfurt sagt: "Theoretisch könnte ich bei der nächsten Lieferung schon welche haben. Aber nehmen wir an, dass die Lager voll waren, dann wird es schon noch dauern." Der Tabakverkäufer war früher selbst starker Raucher und glaubt nicht, dass die neue Verordnung den Tabakkonsum reduzieren wird. "Also mir sind die Ekelbilder egal, die Leute kaufen die Zigaretten trotzdem", ist er sich sicher.

Auf dem Marktplatz in Zeil zeigen sich Raucher durchaus angeekelt von den Gruselfotos. "Ich sammle jetzt schon die alten Packungen", sagt Doris Seufert, die aus Zeil stammt und jetzt in Schweinfurt wohnt. Sie raucht circa fünf bis zehn Zigaretten am Tag, außerdem E-Zigarette. Sie will die Bilder auch in Zukunft nicht ständig sehen müssen.


Schockbilder auf Zigarettenpackungen sind inkonsequent

Deswegen hat sie sich überlegt, die Packungen abzukleben oder extra Zigarettenhüllen zu kaufen. Doris Seufert empfindet sich als "Genussraucherin" und ihr ist bewusst, wie schädlich das Rauchen ist. Sie findet, intelligente Raucher bräuchten die Ekelbilder nicht, um die gesundheitlichen Folgen der Glimmstängel zu kennen. "Mich werden die Bilder nicht vom Rauchen abhalten", sagt sie. Doris Seufert kann sich aber vorstellen, dass die Fotos auf junge Menschen abschreckend wirken. Das findet sie gut.

Neben ihr raucht Thomas Wolf seine E-Zigarette. Der Zeiler hat rund 50 normale Zigaretten täglich geraucht, bevor er auf den elektronischen "Verdampfer" umgestiegen ist. Die Einführung der Schockbilder auf Zigarettenpackungen findet er inkonsequent und meint: "Eigentlich sollten sie dann überall drauf - auf Zigarettenfilter, Hüllen und Etuis." Thomas Wolf ist der Meinung: Wenn man Ekelbilder auf Tabakwaren einführt, dann müsste man im Grunde auch auf fettiges Essen oder Alkohol Warnhinweise machen.

Doris Seufert wirft der Politik eine "Doppelmoral" in Bezug auf Tabakkonsumten vor: Auf der einen Seite würden immer mehr Antiraucher-Gesetze wie das Rauchverbot in bayerischen Gaststätten verabschiedet, auf der anderen Seite profitiere der Staat durch die Tabaksteuer. "Die brauchen die Raucher als Zahler", sagt Doris Seufert.


Rückläufiger Zigarettenmarkt

Der Tabakwarenverkauf ging in Deutschland in den letzten zehn Jahren deutlich zurück. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2015 rund 81 Millionen Stück Zigaretten verkauft, 2004 waren es noch 111 Millionen.
Jürgen Reimann vom Gesundheitsamt in Haßfurt kennt die Zahlen und findet, der Rückgang hänge mit den gestiegenen Tabakpreisen zusammen.

Seit 2012 ist der Konsum fast gleichbleibend. Ob die Ekelbilder dazu führen, dass noch weniger Zigaretten gekauft werden, müsse sich erst noch zeigen, so Reimann. Andere Länder hätten positive Erfahrungen gemacht. Allerdings bezweifelt er, dass sich die EU-Verordnung stark auf das Rauchverhalten der Deutschen auswirken wird. Jürgen Reimann vermutet, dass "diejenigen, die auf Information und Abschreckung reagieren, jetzt schon nicht mehr rauchen."