Bei Deringers in Höchstädten beherrscht modernste Technik den Kuhstall. So will die Familie Wirtschaftlichkeit und das Wohl der Tiere vereinbaren.
Wie sich die Zeiten ändern. Vor fast genau 100 Jahren hat Lisset, die Urgroßmutter von Christian Deringer, an seinen Urgroßvater Georg, der im 1. Weltkrieg war, geschrieben, dass sie nun vier Kühe hätte, "die gut Milch" gäben. Christian hat derzeit in seinem Stall in Höchstädten fast 60 Kühe und in einem weiteren Stall Jungrinder stehen. Der 27-jährige Landwirtschaftsmeister hat mit seinen Kühen im Dezember 2014 einen neuen Milchviehlaufstall bezogen, der mit modernster Technik ausgestattet ist.
Was bewegt einen jungen Landwirt in einer Zeit, wo viele Landwirte sich von der Viehhaltung trennen und sich eher auf Nebenerwerb verlegen, eine hohe Investition für einen Milchviehstall zu tätigen? Christian Deringer sagt: "Ich bin mit Leib und Seele Landwirt, für mich gab es nie eine Überlegung einen anderen Weg einzuschlagen."
Sein Vater Reinhold erinnert sich, dass er auf erheblichen Widerstand bei Christian stieß, als er ihm nach seiner Mittleren Reife nahe legte, mal ein Praktikum in der Industrie zu machen. "Da biss ich auf Granit", sagt Reinhold Deringer.
Ein Jahr bis zum Spatenstich In der Ausbildungszeit zum Landwirtschaftsmeister sei die Idee für einen Milchviehstall bei ihm geboren, sagt Christian. "Eine Arbeit während der Meisterfortbildung bestand darin, für den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb eine Lösung für ein Zukunftskonzept zu erstellen", erläutert der junge Landwirt. Er habe sich hier mit einem Milchviehlaufstall beschäftigt. Er und seine Eltern, Reinhold und Gertraude, hätten sich dann mit dieser Möglichkeit auseinander gesetzt, hin und her abgewogen und schließlich entschlossen das Projekt anzugehen.
Die Zeit der Planung begann, ein Jahr etwa hat es bis zum Spatenstich gedauert. "Wir mussten alle Finanzierungsmöglichkeiten ausloten, sehen, was wir aus Förderprogrammen für besonders artgerechte Tierhaltung bekommen", sagt Christian Deringer, der nicht verhehlt, dass es sich schon um ein gewaltiges finanzielles Projekt handelt.
Neben dem Stall bohrten die Deringers einen 42 Meter tiefen Brunnen, um selbst Wasser für ihre Tiere im Stall zu haben.
Eine Hightech-Anlage ist das automatische Melksystem (AMS). Wurden Kühe früher nur morgens und abends gemolken, geht das im Stall Deringer über 24 Stunden in nur einer Melkbox. Über eine Schranke gelangen die Milchkühe dort hin. Computergesteuert erfolgt die Erfassungen der jeweiligen Kuh mit Namen, Milchleistung und leistungsbezogener Futterzuteilung. "Jede unserer Kühe hat am Hals einen Transponder, also ein Funk- und Kommunikationsgerät, mit dem all diese Daten erfasst werden", sagt Reinhold Deringer.
Gerade betritt die Kuh "Jacky" mit der Nummer 257 die Melkanlage. Vor ihr öffnet sich das Gitter und schließt sich gleich wieder, die Kuh ist in der Anlage "fixiert." Auf dem Monitor der Anlage erscheinen die Daten von "Jacky." Der Computer errechnet das Gewicht des Tieres, stellt fest, ob es an diesem Tag noch eine Ration Kraftfutter erhält. "Jacky" hat Glück. Aus dem Silo fällt das Futter in den Fresstrog.
"Manche unserer Kühe meinen, besonders schlau zu sein und gehen häufiger in die Melkbox. Allerdings hat der Computer in Sekundenschnelle errechnet, dass die Kuh kein Melkanrecht hat und es öffnet sofort wieder das Auslassgitter", sagt Reinhold Deringer.
Während sich "Jacky" Kraftfutter schmecken lässt, tritt der Melkroboter in Aktion. Zunächst werden die Zitzen des Tieres mit einer Bürste unter Zuführung von Wasser gereinigt. Das alles wird gesteuert durch einen Dreistufenlaser. Danach schließen sich die Melkbecher automatisch an den Zitzen des Tieres an. Oberhalb der Kuh überwacht eine Drei-D-Kamera jede Bewegung von "Jacky." Geht sie einen Schritt nach vorne oder zurück, wird der Melkroboter sofort nachgeführt, damit die Melkbecher sich nicht von den Zitzen lösen. Nach einiger Zeit ist der Melkvorgang beendet, das Auslassgitter öffnet sich und "Jacky" verlässt den Melkstand. "So geht das den ganzen Tag", sagt Christian Deringer und erläutert, dass die Milch in einen 5000 Liter fassenden Tank fließt.
Auf eine weitere Einrichtung weist Reinhold Deringer hin und zeigt auf die elektrische Putz- und Massagebürste, die in einem Durchgang in dem weiträumigen, 1300 Quadratmeter großen Stall angebracht ist. Es dauert nicht lange und eine Kuh geht zu diesem "elektronischen Physiotherapeuten." Ist die Kuh im Bereich der Massageanlage, beginnen die beiden waagrecht und senkrecht angeordneten Bürsten zu rotieren. Die Kuh genießt es sichtlich, als ihr beim langsamen Durchgehen seitlich die Flanke und der Rücken "gekrault" wird. "Manchmal sind kleine Nickligkeiten zu beobachten", sagt Reinhold Deringer wenn zwei Kühe gleichzeitig zur Massagebürste wollen.
Währenddessen holt Sohn Christian sein Handy aus der Tasche und ruft das Programm für den "Spaltenroboter" auf, der sich wie von Geisterhand gesteuert in Bewegung setzt. Er kann entsprechend programmiert werden und reinigt automatisch die Lauffläche im Stall, auf dem die Tiere ihren Mist absetzen. Geht die Leistung des Akkus zu Ende, fährt der Spaltenroboter automatisch an die Ladestation zurück, um neue Kraft zu tanken.
Ein Lichtprogramm für den Stall Faszinierend, welche Technik im Stall und am Hals der Tiere vorhanden ist. Auch ein "Lichtprogramm" mit energiesparender LED-Technik fehlt nicht. "Damit wird stets gleichmäßiges Sommer- oder Wintertageslicht in den Stall gebracht, ebenso für acht Stunden ein Nachtlicht", sagt der junge Landwirt Christian. Das trage dazu bei das sich die Kühe wohl fühlen und erhöhe ihre Leistungsbereitschaft hinsichtlich der Milchproduktion. Und aufs Dach kam eine Photovoltaikanlage. "Ach ja, der Milchpreis, der könnte etwas höher sein", sagt sein Vater Reinhold.