Gemeinden (ver-)suchen die Zusammenarbeit
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Donnerstag, 02. Februar 2017
Sie rückten zusammen, um vom Kirchturmdenken abzurücken: Bürger aus den Gemeinden im Baunach-, Itz-, Weisach- und Lautergrund üben den Schulterschluss.
Im Rahmen der Baunach-Allianz wollen sie Gemeinsamkeiten herausarbeiten und fördern, um Schwächen abzumildern. "Wir wollen Projekte anstoßen, um die Zukunft zu gestalten", sagte Vorsitzender Jürgen Hennemann, der Bürgermeister von Ebern, bei Workshops. Dabei zerbrachen sich rund 120 Teilnehmer an zwei Tagen die Köpfe über Themenstellungen wie Siedlungsentwicklung, Daseinsfürsorge, Wirtschaft, Tourismus und Freizeit, bürgerschaftliche Engagement sowie Umwelt und Natur.
Sie rückten schon einmal zusammen. Zumindest an den Arbeitstischen, die Teilnehmer an der Gemeinde-Werkstatt, die an der Baunach-Allianz schmieden. Am Dienstag und Mittwoch fanden zwei solcher Veranstaltungen im Baunacher Bürgerhaus und der Eberner Frauengrundhalle statt.
Jeweils rund 60 Leute zerbrachen sich dabei die Köpfe, wie man Aktivitäten und Stärken bündelt, um (noch) stärker zu werden. Neben vielen Gemeindevertretern tauchten auch einige neue Gesichter im Kreis der Diskutanten auf.
Und nach über zwei Stunden gab es sogar zufriedene Gesichter. Zumindest Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) war als Allianz-Sprecher froh, dass "die grünen Filzstifte mehr gequält wurden als die roten". Denn Rot stand für negative Aspekte, grün für Pluspunkte. Schwarze Anmerkungen markierten Projekte, die im Rahmen der künftigen interkommunalen Zusammenarbeit entwickelt und möglich gut bezuschusst werden sollen.
Spektakulär neue Einfälle waren am Mittwochabend in der Frauengrundhalle zwar nicht dabei, aber einige Ansätze nahm Diplomgeograph Philipp Ruhstorfer vom zuständigen Beratungsbüro in Erfurt doch mit. In Schlagworten: Zusammenarbeit der Bauhöfe, gemeinsame Erschließung von Gewerbegebieten, Gemeinschaftswerbung, Verbesserungen beim Nahverkehr auch in Ost-West-Ausrichtung und bis nach Maroldsweisach bzw. Coburg.
Und von den Flanken kommt Unterstützung. Hatte Moderator Ruhstorfer die beachtliche Nord-Süd-Ausdehnung sowie den Sprung über die Bezirksgrenze von Unter- und Oberfranken als Besonderheit herausgestellt, sah Bürgermeister Helmut Dietz (SPD) seine Itzgrundgemeinde als "Scharnier zwischen Ober- und Unterfranken", auch als Ratgeber in Sachen kommunaler Zusammenarbeit, da schon - positive - Erfahrungen aus der Rodachtal-Initiative vorliegen.
Bereits Erfahrungen gesammelt
Ebenfalls Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen, die beispielsweise beim Beleben leer stehender Häuser gute Rezepte hervorbrachte, hat Maroldsweisachs Bürgermeister Wolfram Thein (SPD), der als einen Gedanken auch das Verknüpfen des Fernwege-Radnetzes der Hofheimer Allianz ebenso wie den Bau einer Tankstelle an einem der verbindenden Elemente, der B 279, ansprach.Einen Mangel, der fast alle Gemeinden betrifft, sprach Thein auch an: "Uns fehlen die Dorfwirtschaften in vielen Orten."
Als "Tor zum Coburger Land" sieht Bürgermeister Werner Thomas (SPD) seine Gemeinde Itzgrund, die den Zentralort Kaltenbrunn stärken will, wozu er auch eine leistungsstarke ÖPNV-Linie von Ebern nach Bad Staffelstein zählt.
Einerseits eine bessere Verkehrsanbindung, andererseits die Bundesstraße nicht mehr mitten durchs Dorf wünschen sich die Pfarrweisacher, wie Bürgermeister Ralf Nowak (ULB) für die seine Delegation erklärte. Auf deren Wunschliste stehen Bürgerbus und eine fahrbare Bankzweigstelle ebenso wie ein Dorfladen, den man sich in Verbund-Kommunen abschauen könnte.
Zu Kampfabstimmung über die Prioritäten kam es in der heterogen Eberner Delegation, deren Sprecher als Symbole für die Baunach-Allianz stehen könnten: So stammen beide, Thomas Limpert und Ulrike Zettelmeier, aus Reckendorf, wobei Zettelmeier als Lehrerin in Bodelstadt tätig war und nun die Grundschule Maroldsweisach leitet.
Die Visionen der Eberner: eine Jugendherberge, besseres Leerstands-Management, Wirtschaftsmesse und Regionalladen, ein Biodiversitäts-Zentrum sowie eine bessere Vernetzung der Buslinien, wozu Haßfurt in den Verkehrsverbund Nürnberg (VGN) aufgenommen werden sollte.
Die Diskussion in Baunach
"Wir wollen unsere Zukunft gemeinsam erfolgreich gestalten", begrüßte Bürgermeister Ekkehard Hojer (CBB) die Veranstaltungsteilnehmer aus Gerach, Reckendorf, Lauter und Kirchlauter, dem Markt Rentweinsdorf sowie der Stadt Baunach bei der Gemeindewerkstatt Süd der Baunach-Allianz. Phillip Ruhstorfer vom Büro IPU aus Erfurt unterstrich, dass mit ILEK, dem Integrierten ländlichen Entwicklungskonzept, die Entwicklungsziele der Region definiert und Handlungsfelder festgelegt werden sollten.
"Wir leben in einer wunderschönen Landschaft und in einer intakten Natur", bei diesem Punkt waren sich die Vertreter aus allen Kommunen einig. Bürgermeister Gerhard Ellner (SPD) sind eine gesicherte Infrastruktur mit medizinischer Versorgung und Einkaufsmöglichkeiten wichtig. Wünschenswert sei der Lückenschluss des Radwegenetzes bis Salmsdorf und Breitbrunn sowie die Fortführung der Dorferneuerung.
Bürgermeister Armin Postler (CSU) fand ein Gemeindezentrum sinnvoll. Wünschenswert seien Wohn- und Gewerbeflächen und eine bessere ÖPNV-Anbindung. Kümmern müsse man sich um die Leerstände und Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Als sinnvolle Einrichtung sieht er ein Blockheizkraftwerk für die öffentlichen Gebäude. Chancen beim Thema Tourismus gebe es mit dem Rennweg und einen weiteren Ausbau des Radwegenetzes, fand Postler.
Als gastfreundliche Wohngemeinde mit guter Gastronomie bezeichnete Dritte Bürgermeisterin Eva-Maria Schmitt (Junge Liste) Kirchlauter. Ziel sei es, Kirchlauter für junge Familien attraktiv zu erhalten. Dazu gehörten die Sicherung von Kindergarten und Grundschule sowie Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Die Einrichtung eines ehrenamtliche Einkaufsdienstes und eines Bürger-Cafés kann sie sich vorstellen.
Zweiter Bürgermeister Kurt Weißheimer (ÜWG) aus Rentweinsdorf wünscht für den Tourismus sich Gästebetten. Die Ansiedlung von Kleingewerbe und Handwerk und dadurch mehr Arbeitsplätze hält er für sinnvoll. Im Auge behalten müsse man die Ortsumgehungsstraße. Auf der Agenda stehe ebenfalls eine Senioreneinrichtung.
Die Stadt Baunach ist in eine schöne landschaftliche Umgebung eingebettet, fand Zweiter Bürgermeister Peter Großkopf (CSU). Bei Baugebietsausweisungen und dem Bau einer Mehrzweckhalle gebe es Schwierigkeiten wegen der Schutzgebiete, ebenfalls bei der gewünschten Ortsumgehung.
Bauland für junge Familien
Wünschenswert seien ein Mehrgenerationenprojekt, ein Ärztehaus mit Fachärzten und eine barrierefreie Poststelle. Wichtig für Baunach sei Bauland für junge Familien und der Ausbau der touristischen Möglichkeiten mit der Gestaltung des Südsees. Positiv fand Großkopf die Zahl der kulturellen Veranstaltungen im Bürgerhaus Lechner-Bräu, das Krippenmuseum, Sportanlage und Hallenbad. Bürgermeister Manfred Deinlein (SPD) und Zweiter Bürgermeister Erwin Wahl halten die Sicherung der ärztlichen Versorgung, ein Mehrgenerationenhaus sowie eine Nachbarschaftshilfe. wichtig Wünschenswert sei eine Veranstaltungshalle. Vorstellen können sie sich ein Unterzentrum für kommunale Dienste, ein gemeinsames Branchenverzeichnis, einen gemeinsamen Veranstaltungskalender und eine Tourismus-Information.