Gefahr durch Wildwechsel: So verhalten Sie sich bei einem Wildunfall richtig
Autor: Matthias Litzlfelder
LKR Haßberge, Mittwoch, 07. Oktober 2020
Für Autofahrer sind der Oktober und der November die Monate, in denen es auf Landstraßen besonders gefährlich werden kann. Doch wie verhält man sich nach einer Kollision mit einem Reh oder einem Wildschwein?
Ach, wäre man doch vorsichtiger gefahren! Schließlich ist es bekannt, dass sich gerade jetzt im Oktober und November - neben April und Mai - die meisten Zusammenstöße von Autofahrern mit Wild ereignen. Tempo 80 statt 100 hätte vielleicht schon genügt. Immerhin verringert sich dann der Bremsweg um 35 Meter.
Aber zu spät: Es hat gekracht. Das Reh kam wie aus dem Nichts auf die Straße. Statistisch gesehen passieren die meisten Wildunfälle im Tagesverlauf morgens zwischen 5 und 8 Uhr sowie abends zwischen 17 Uhr und Mitternacht. Vorsicht ist aber immer geboten, insbesondere wenn es entlang unübersichtlicher Wald- oder Feldkanten oder direkt durch den Wald geht.
Wildunfall: Was Autofahrer wissen sollten
Folgendes sollten Autofahrer bei einem Wildunfall unbedingt beachten:
1. Die Unfallstelle absichern
Wenn ein Unfall passiert ist, hat vor allem eines Priorität: die Sicherheit an der Unfallstelle. "Häufiger Fehler ist, dass der Autofahrer die Unfallstelle nicht richtig absichert", sagt Thomas Schreder, Sprecher des Bayerischen Jagdverbandes. Die Leute versuchten dann oftmals, ein totes Tier schnell von der Straße zu ziehen. Aber zunächst gelte es, das Warnblinklicht einzuschalten und ein Warndreieck aufzustellen.
Achtung: Totes Wild von der Fahrbahn zu räumen, um Folgeunfälle zu verhindern, kann außerdem mit Gefahren verbunden sein. "Einen toten Hasen kann ich mit Schutzhandschuhen sicherlich noch ziehen. Aber ein wehrhaftes Tier wie ein Wildschwein oder ein Rehbock kann unter Adrenalin plötzlich den Autofahrer, der sich an ihm zu schaffen macht, verletzen", sagt Schreder. Es soll vereinzelt schon Fälle gegeben haben, in denen Oberschenkel aufgespießt wurden.
2. Die Polizei verständigen
Ist die Unfallstelle abgesichert, sollte der Autofahrer die Polizei benachrichtigen - also die Nummer 110 wählen. "Die Polizeidienststellen haben die Listen aller Jagdpächter", erklärt Schreder. Die Polizei gebe dann auch Anweisung, ob der Autofahrer am Unfallort bleiben müsse oder ob lediglich eine Meldung an den zuständigen Jagdpächter erfolgt. "Das Wild im Kofferraum mitzunehmen, geht natürlich nicht", stellt der Jagdverbandssprecher klar. Denn: "Das ist Wilderei."
3. Nicht einfach weiterfahren
Sehr oft komme es vor, dass ein Tier nach einer Kollision wegspringt und weiterläuft. "Bitte in solchen Fällen nicht weiterfahren", appelliert Schreder. In der Regel sei das Tier schwer verletzt. "Jeder Wildunfall sollte der Polizei gemeldet werden, nicht nur aus Versicherungsgründen, sondern auch aus Gründen des Tierschutzes."
Ist ein verletztes Tier weitergelaufen, organisieren Polizei und Jagdpächter eine sogenannte Nachsuche, das heißt ein Jäger lässt seinen Jagdhund zeitnah nach dem Tier suchen, um es dann von seinen Schmerzen erlösen zu können. Damit dies funktioniert, sollte die genaue Stelle des Unfalls so exakt wie möglich gemeldet werden.
Der Bayerische Jagdverband hat dazu einen Flyer erstellt, der im Internet unter www.jagd-bayern.de/wpfd_file/wildunfall-flyer/ zu finden ist. "Je detaillierter die Meldung, desto besser", sagt Schreder. "Es hilft nichts, zu sagen, es sei zwischen Nürnberg und Erlangen passiert."
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Vielmehr solle sich der Autofahrer an den Stationszeichen orientieren, die alle 500 Meter am rechten Fahrbahnrand stehen. Damit und mit Hilfe der Leitpfosten am Straßenrand, die im Abstand von 50 Metern aufgestellt sind, lasse sich der Unfallort genau beschreiben. Mitunter stünden auch die Daten eines Navigationsgeräts zur Verfügung.
Sinnvoll sei es in diesem Zusammenhang auch, die Unfallstelle am Fahrbahnrand für den Jäger mit einem weißen Taschentuch oder dem stehengelassenen Warndreieck zu markieren.
Wildunfall-Statistik: Landkreis Haßberge bayernweit im vorderen Drittel
Wildunfälle Die vielen Wildwechsel stellen im Landkreis Haßberge ein großes Gefahren- und Unfallpotenzial dar, wie die Sachbearbeiter für Verkehr an der Polizeiinspektion Haßfurt, Stefan Scherrer und Werner Rottmann, erklären. "Mit über 900 Wildunfällen im Jahr liegen wir in Bayern im vorderen Drittel."
Fahrweise Autofahrer müssten immer damit rechnen, dass Wildtiere die Straße queren. "Mit einer umsichtigen Fahrweise lässt sich mancher Unfall vermeiden", erklärt ein Sprecher der HUK-Coburg. "Konkret heißt das, die Straßenränder im Auge behalten und immer bremsbereit sein." Oft tauche das Wild in einer Entfernung von 20 Metern oder weniger vor der Kühlerhaube auf - und das meist im Rudel.
Teilkasko Nach Erfahrungen der HUK-Coburg kostet ein Wildschaden durchschnittlich 2500 Euro. Für Schäden, die durch eine Karambolage mit Tieren jeglicher Art entstehen, ist die Teilkasko-Versicherung zuständig, wie der Sprecher des Versicherers erklärt.
"Oft kollidiert ein Fahrzeug aber gar nicht direkt mit dem Tier, sondern der Autofahrer erschrickt und verreißt das Lenkrad." Oder der Autofahrer weiche bewusst aus, um größeren Schaden zu vermeiden. Auch hier zahle die Teilkasko-Versicherung.
Gemäß der aktuellen Rechtsprechung müsse der Fahrer aber den Zusammenprall mit einem größeren Wildtier vermieden haben und einen Zeugen benennen können. Eine Vollkasko-Versicherung zahle normalerweise auch bei Ausweichmanövern gegenüber kleineren Wildtieren.
red/bex
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