Pilotprojekt Immer mehr Tiere gibt es im Maintal zwischen Bamberg und Haßfurt. Um die Populationen zu verringern, suchen Bauern, Jäger, Naturschützer und Behördenvertreter die verträglichsten Wege. Ein erstes Treffen gab es in Zeil.
von unserem Mitarbeiter Günther Geiling
Kreis Haßberge/Zeil — Graugänse, Kanadagänse und Nilgänse breiten sich in Bayern aus und in einigen Regionen führt dies zu Konflikten in der Landwirtschaft oder im Tourismus. Denn Gänse fühlen sich nicht nur in den Naturschutzgebieten wohl, sie fressen mit Behagen auch den Bauern die Ernte vom Acker. In Franken ist dies vor allem entlang des Mains zwischen Bamberg und Haßfurt der Fall, wo das Naturschutzgebiet "Mainaue" eingerichtet wurde. Betroffenen und Interessenvertreter trafen sich in Zeil am Donnerstagabend zu einer Auftaktveranstaltung in der "Pilotregion Bamberg-Haßfurt". Hier soll für drei Jahre das "Management von Wildgänsen" laufen. Dabei geht es um kreative Ideen, wie man der Gänseplage Herr werden kann.
Ins Rudolf-Winkler-Haus in Zeil waren Landwirte, Naturschützer, Kiesgrubenbesitzer, Jäger und Interessensvertreter auch aus Behörden bis von Bamberg und Zapfendorf her gekommen. Das Maintal zwischen Haßfurt und Bamberg hat die Landesanstalt für Landwirtschaft vor kurzem neben dem Altmühlsee als eine der beiden Modellregionen in Bayern ausgerufen. Die Erfahrungen sollen in einen Leitfaden einmünden, um in Konfliktgebieten darauf zurückgreifen zu können.
Haßberge-Landrat Wilhelm Schneider erinnerte daran, dass sich die Population der Wildgänse seit 2000 in den Landkreisen Bamberg und Haßberge enorm ausgeweitet habe und zu einer richtigen Plage geworden sei. Der Ortsobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Rudi Ruß aus Sand, habe sich enorm engagiert.
Bis sich schließlich auch Landwirtschaftsminister Helmut Brunner überzeugen ließ. Für das "Monitoring" fand das Ministerium Projektmanager Christian Wagner und sein Team den der Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising. Schneider: "Aber ich hoffe auf pragmatische Lösungsansätze, die auch für die Landwirtschaft oder den Tourismus akzeptabel sind."
Am Anfang stand der Erfahrungsaustausch und die Frage der Entschädigung für Landwirte. Rudi Ruß aus Sand führte vor Augen, dass die Schäden von 5000 Euro im Jahr 2010 auf 22 000 Euro angewachsen seien. Für die Landwirte kritisierte er, dass es nur noch bis 2015 eine Entschädigung geben soll, und dann auch nur noch die Hälfte. "Kein anderer Arbeitnehmer würde für die Hälfte arbeiten.
Die Erhöhung der Population kann doch nicht auf Kosten der Landwirtschaft ausgetragen werden", betonte Ruß, "schließlich brauchen wir auch die Mittel, um Maßnahmen durchzusetzen, zum Beispiel für den Umbau der Insel am Altmain."
Die 120 Teilnehmer verteilten sich auf Arbeitsgruppen. Jägerin Jutta Reichel aus Baunach begrüßte, wie sie am Rande mitteilte, die Ausweitung der Jagdzeit. Das habe schon gewirkt - vor allem bei Junggänsen. Gänse bekommen ihr zufolge meist zwei Junge, und da könne man sich vorstellen, dass sich jedes Jahr ihre Zahl verdopple - das seit 14 Jahren. "Wo können wir in unserer Situation etwas bewegen, wenn die Ideen dann nicht genehmigt werden und vielleicht ein Gesetz dagegen spricht? Wenn wir hier keine Möglichkeit erhalten, die Plage einzudämmen, dann ist all unsere Arbeit umsonst und in drei Jahren sind wir genauso weit wie jetzt", meinte sie.
BBV-Geschäftsführer
Manfred Kraus (Kreis Haßberge) bohrte bei dem Naturschützer und Projektmanager nach: "Wenn Sie zu einer erfolgreichen Reduzierung der Population nicht die entsprechende Einstellung haben, wird es sicher sehr schwierig." Christian Wagner stellte klar, er wolle "die Konflikte minimieren. Dafür will ich mich einsetzen und dafür die drei Jahre arbeiten."
Diese Zeit dürfte nötig sein. Bei der Tagung wurden die Probleme ungeschminkt angesprochen. Die Gänse hinterlassen ihren Kot auf den Feldern und damit im Getreide. So kann Nahrungsmittel verunreinigt werden. Rapsfelder seien "ratzeputz" abgefressen, hieß es, der Zugang an Badeseen total verdreckt.
Die Lösungsansätze müssten durchgesetzt werden, hieß es in den Arbeitsgruppen: So muss die Bejagung ganzjährig möglich sein und revierübergreifend erfolgen. Mit einer Verringerung der Gelege ließen sich am leichtesten die Population drücken.
Ein interessanter Vorschlag war auch die "Antibaby-Pille" für Gänse, nicht zu reden vom Gänse-Essen in den Restaurants.
Projektleiter Wagner freute sich über die aktive Mitarbeit und den Ideenreichtum. Zur Entschädigung gab er zu bedenken, dass die Kreise Haßberge und Bamberg zu den fünf Landkreisen gehören würden, in denen Entschädigung überhaupt gewährt werde. Das Pilotprojekt hier sei ein weiteres Privileg für die Region.
Ferner erinnerte er daran, dass Gänse Sympathien bei den Menschen auslösen - wer gegen die Gänze vorgeht muss dafür Verständnis schaffen. Er erklärte den Grund für das Pilotprojekt: "Die Kapazitätsobergrenze der Population ist uns noch weitgehend unbekannt. Vielleicht haben wir aber auch schon diese Obergrenze erreicht.
Die Konflikte im Maintal und Altmühlsee sind dem Ministerium bekannt und deswegen wurden nun auch diese beiden Projekte beschlossen." Das Konzept sollte gesellschaftlich akzeptiert werden", betonte Wagner.
Zum Ende wurden die Mitglieder für der Projektgruppe gewählt, die mit Vertretern aus Landwirtschaft, Jagd, Naturschutz, Naherholung und Behörden die Strategie erarbeiten soll. Ihr gehören an: Rudi Ruß, Sand; Manuel Mühlfelder, Sand; Andreas Klarmann, Oberhaid; Heinrich Braun, Ebing; Klaus Pieroth, Bayerischer Bauernverband (für den Bereich Landwirtschaft); Erich Schmitt, Augsfeld; Günter Mendel, Haßfurt (Bereich lokale Flächennutzer); Thomas Stahl, LBV; Dietmar Will, Bund Naturschutz Haßfurt, sowie Bernhard Zenk, Bischberg und Jürgen Seyfried, Kirchaich (Jagdvertreter).
Christian Wagner kündigte an, dass die Gruppe im März beginnt, ein regionales Konzept für ein Gänse-Management zu
erarbeiten; dabei sollen lokale Besonderheiten berücksichtigt werden, die Maßnahmen sollen Akzeptanz in der Region finden. Rudi Ruß bilanzierte: "Jetzt ist der Grundstock für die Umsetzung vieler Ideen gelegt. Nun gilt es, einen Konsens zu finden. Die Arbeit geht also jetzt erst richtig los. Dabei bin ich zuversichtlich, dass wir zu guten Lösungen kommen."
Am Niederrhein finden sich Wildgänse in einer Zahl, wogegen die hier in Rede stehende Größenordnung nicht der Rede wert ist. Der Tourismus profitiert (Gänseexkursionen), die Landwirte werden weit höher entschädigt als tatsächlicher Schaden eintritt.
Denn, so hieß es anläßlich einer Exkursion, die Gänse zupften zwar die oberirdischen Triebe der Wintersaaten ab. Die Pflanzen würden hierdurch aber nicht nachhaltig geschädigt. Der Kot wird als willkommener Dünger betrachtet.
Wie dieser das Getreide, also die erntereife Frucht verschmutzen soll, kann ich mir schwerlich vorstellen. Keine Gans sitzt (so hoch) auf dem Halm. Und die größeren Vogelscharen dürften auch eher im Winter auftauchen, da viele Brutgebiete weit entfernt im Norden bzw. Nordosten liegen.
Wenn ich mir den Bericht so durchlese und auch neulich bei quer in BR höre ich nur die Bauern jammern und das nur zu einem Zweck: Noch mehr Geld zu kassieren! Wirtschaftlich sind die Bauern eh nicht, sondern nur da um EU Mittel zu erhalten.
Man muß sich das mal vorstellen: Da wird mit großem finanziellen Aufwand (EU-Fördergelder) das Naturschutzgebiet "Mainauen" geschaffen - und dann kommen doch tatsächlich zahlreiche Gänse und fühlen sich hier wohl.
Nun wird daraus eine "Gänseplage". Für wen eigentlich?
Wer hier am lautesten einen Abschuß der Gänse fordert, sind Bauern und Jäger/innen. (Wieviele eigentlich?)
Meines Wissens erhalten Landwirte bereits nicht geringe EU-Subventionen zum Erhalt unserer Kulturlandschaft.
Und in diesem spez. Fall eine zus. Entschädigung, wenn acuh nur bis 2015.
Es gehr hier um finanzielles Interesse und Schießfreudigkeit einiger weniger. Eine intensive Bejagung zwingt die Tiere im übrigen dazu, sich umso intensiver zu vermehren. Und die Verschmutzung der Badeseen hält sich meiner Beobachtung nach in überschaubaren Grenzen (und wird durch den Abschuß auch nicht gelöst).
Meine Meinung: Hier steht das (nicht existenzgefährdente) finanzielle Interesse einiger weniger
dem (gewollten) Naturschutz im Sinne der Allgemeinheit gegenüber. Was wohl mehr zählt?
k.T.