"War mein Leben": Fränkischer Edeka schließt nach 65 Jahren - Dorfbewohner nehmen rührend Abschied

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65 Jahre betrieb die Familie Sauer ihren Edeka-Markt - doch nun ist Schluss. Der Abschied fiel äußerst emotional aus: Vereine und Ortsbewohner überraschten Eric Sauer und seine Frau Renate mit einem Festzug.

Ein "Wahrzeichen des Orts" sei der "nah & gut"-Markt von Eric Sauer im Oberauracher Gemeindeteil Trossenfurt (Landkreis Haßberge) gewesen - der Inhaber selbst laut dem Bürgermeister der Gemeinde Oberaurach eine "Institution".

Doch damit ist nun Schluss: Nach 65 Jahren schloss Sauer seinen Edeka-Markt Ende März aus gesundheitlichen Gründen. Er selbst war 50 Jahre im Betrieb tätig. Während für Sauer ein Kapitel endet, beginnt im Kreis Bamberg ein neues: Edeka eröffnete dort jetzt ein seit Jahren umstrittenes Großwerk.

Emotionaler Abschied: Eric Sauer schließt "nah & gut"-Markt in Oberaurach nach 65 Jahren 

Die Ortsgemeinschaft verabschiedete den 66-jährigen Sauer und seine Frau Renate vor der Schließung des Marktes mit einer besonderen Geste. Die große Überraschung: Rund eine Woche vor der Schließung versammelten sich 15 Vereine auf dem Platz vor dem Supermarkt, berichtet Sauer im Gespräch mit inFranken.de.

Zahlreiche Oberauracher versammelten sich zum Abschied, während Kinder einen Tanz präsentierten und die Blaskapelle vor Ort spielte. Für das Ereignis wurde die Straße teilweise von der Feuerwehr gesperrt. "Ich wusste gar nicht, dass es in Trossenfurt und Oberaurach so viele Menschen gibt", sagt der Ladeninhaber mit einem Lachen, als er die Menge der Besucher betrachtet. Dies alles rührte ihn sehr.

Schließlich ist es eine Ära, die endet. Den Markt habe er 1985 von seinen Eltern übernommen, die diesen bereits seit 1960 betrieben. Seitdem erweiterte Sauer die Fläche, vergrößerte den Laden zweimal. Seine Frau Renate habe sich immer um die Büroarbeiten gekümmert - "alleine hätte ich das überhaupt nicht geschafft."

"Da hat es viele Tränen gegeben": Abschied fiel Eric Sauer schwer - im Ort war er bestens vernetzt

Den Laden nannte Sauer auch liebevoll "eine andere Galaxie". Das machte sich schon bei der Musikauswahl im Supermarkt bemerkbar: Als Gitarrist und Rockliebhaber lief bei Sauer alles von Neil Young bis Eric Clapton. In Coburg will sich eine andere Edeka-Filiale nun durch ihr Sortiment abheben und bietet darum jetzt ein Produkt an, das kaum noch irgendwo erhältlich ist.

Mitarbeiter beluden regelmäßig die Fahrzeuge der Kunden, damit die nicht so schwer schleppen mussten. Wenn Vereine am Sonntagmorgen für ihr Fest noch Käse oder Tomaten brauchten, dann öffnete Sauer den Laden eben nochmal schnell für sie. Und an Sankt Martin gab es für die Kindergartenkinder selbstgemachten Punsch - denn dieser schmecke ja viel besser als "das Zeug aus der Packung".

Kein Wunder also, dass auch der Abschied in anderen Dimensionen abläuft. Schon am Tag vor der großen Überraschung - dem 29. Hochzeitstag von Eric Sauer und seiner Frau Renate - kamen die Kindergartenkinder in den Markt, um ein selbst gedichtetes Ständchen zum Besten zu geben. "Da hat es viele Tränen gegeben", erzählt Sauer.

Gesundheit zwang Edeka-Betreiber zum Aufhören - nun läuft bei der Gemeinde Suche nach Nachfolger

Beim Abschied von seinen Mitarbeitern am 31. März sei das ähnlich gewesen. Zusammen seien sie zwischen den leeren Regalen gesessen und hätten in Erinnerungen an alte Zeiten geschwelgt. "Ich hätte gerne noch ein paar Jahre weitergemacht", sagt Sauer bedrückt.

Seine Gesundheit machte dem 66-Jährigen einen Strich durch die Rechnung. Die dringende Empfehlung der Ärzte: Stress vermeiden, nicht mehr schwer heben und die Gesundheit priorisieren.

2024 habe er daher den Entschluss gefasst, seinen Laden zu schließen. Dass seine Kinder jetzt übernehmen, sei aber keine Option gewesen. Sowohl Tochter Corinna als auch Sohn Simon seien beruflich in anderen Bereichen tätig - zudem wäre das Geschäft nicht mehr wirklich rentabel. 

"So wie es bisher war, wird es nie mehr werden": Oberauracher Bürgermeister bedauert Abschied

Die Gemeinde Oberaurach hält nun Ausschau nach einem potenziellen Interessenten - schließlich war Sauers "nah & gut"-Markt der einzige Nahversorger in dem rund 650 Einwohner umfassenden Dorf. "Das ist von zentraler Bedeutung, wenn die Leute vor Ort nicht mehr einkaufen können. Wir führen daher seit Weihnachten ununterbrochen Gespräche mit möglichen Nachfolgern", sagt Bürgermeister Thomas Sechser gegenüber inFranken.de

Man überlege, wie das bestehende Gebäude weitergenutzt werden könnte - wenn das scheitere, sei auch ein Neubau für einen neuen Nahversorger im Ort eine Option. Man sei zwar mit Interessenten im Gespräch, das ganze gestalte sich jedoch schwierig.

Sechser ist jedoch auch klar: "So wie es bisher war, wird es nie mehr werden - denn er war eine Institution im Ort." Sauer habe die örtlichen Vereine schließlich "großartig unterstützt" und sich darum gekümmert, dass das Vereinsleben aufrechterhalten werde. Selbstverständlich sei das bei weitem nicht.

50 Jahre arbeitete Eric Saucer im Markt - "das war mein ganzes Leben hier"

"Das war sein Lebenswerk", betont der Bürgermeister. Der Markt sei zudem Treffpunkt im Ort gewesen -  "das fällt in Zukunft auch weg". Die Schließung sei daher ein ziemlicher Paukenschlag.

Auch Sauer fällt der Abschied schwer: "Das war mein ganzes Leben hier. Ich bin von der Schule raus und sofort in die Lehre", erinnert er sich. Und nun soll plötzlich Schluss sein. Trotz allem müsse er jetzt seine Gesundheit in den Vordergrund stellen. 

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