Ein besseres Leben ohne Plastik? Nadine Schubert aus dem Kreis Haßberge lebt es vor

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Autorin und Plastikgegnerin Nadine Schubert hat dem Plastikmüll den Kampf angesagt. Zum Einkaufen im Unverpackt-Laden bringt sich die 38-Jährige eigene Gläser und Behälter mit. Foto: Dunja Neupert
Autorin und Plastikgegnerin Nadine Schubert hat dem Plastikmüll den Kampf angesagt. Zum Einkaufen im Unverpackt-Laden bringt sich die 38-Jährige eigene Gläser und Behälter mit.  Foto: Dunja Neupert

Die 38-jährige Nadine Schubert lebt im Kreis Haßberge. An sich nichts besonderes. Doch ihr Leben ist anders. Sie lebt ohne Plastik. Plastikmüll sucht man bei ihr vergebens.

Vor Jahren hat Nadine Schubert dem Plastik den Kampf angesagt. Die 38-Jährige hat sich nicht nur vorgenommen weitestgehend auf Plastik zu verzichten - es ist ihr Lebensstil. In ihrem Haushalt findet sich keine herkömmliche Zahnbürste, kein flüssiges Shampoo, kein Tetra Pak. Die Bestseller-Autorin des Ratgebers "Besser leben ohne Plastik" aus dem Kreis Haßberge hatte es 2013 satt. Plastik in den Meeren, Weichmacher in Plastikprodukten und viel zu viel Müll. Im Durchschnitt produziert der Deutsche pro Jahr rund 37 Kilo Plastikmüll. Eine erschreckende Zahl.

Nadine Schubert im Interview mit inFranken.de

Dunja Neupert hat die Oberauracherin im Unverpackt-Laden in Bamberg zum Interview getroffen und sie bei ihrem Einkauf begleitet.

Seit rund sechs Jahren verzichten Sie nun schon auf Plastik. Wie kam es zu diesem Entschluss?

Nadine Schubert

: Als ich 2013 mit meiner Tochter schwanger war, habe ich eine Reportage über Plastikmüll gesehen. Und mich hat das erschüttert. Es wurden Tiere gezeigt, die gestorben sind an gefressenem Plastik. Es ging um die furchtbar vermüllten Ozeane und Plastik in der Natur und um die Gesundheit. Der Gesundheit der Kinder wegen habe ich deshalb gesagt "Schluss damit". Dann habe ich angefangen zu recherchieren und mich einzulesen und mich - mehr oder weniger - in dieses Abenteuer gestürzt. Damals hat noch niemand über dieses Thema gesprochen.

Wie haben denn ihr Mann Ihr damals achtjähriger Sohn darauf reagiert?

Gut! Ich habe es für alle beschlossen - so geht es einfacher (lacht). Mein Mann hat mich dann gefragt, was jetzt seine Aufgabe bei dem Ganzen ist. Er sollte ab sofort Getränke in Glasflaschen kaufen - wo er auch sofort dabei war. Meinem Sohn musste ich es erklären, warum ich jetzt keine Gummibärchen mehr kaufen will und Cornflakes.

Und wie hat er das aufgenommen?

Ich habe ihm Bilder gezeigt von den Tieren und dem Plastikmüll. Und dann die Vereinbarung mit ihm getroffen, dass es noch ab und zu Cornflakes gibt. Bis ich eine Alternative gefunden habe. Alles andere war gestrichen. Irgendwann habe ich dann angefangen Knuspermüsli selbst zu machen und das fand er dann sogar so gut, dass er von sich aus gesagt hat, dass ich keine Cornflakes mehr kaufen brauche. So sind wir dann zu unseren Lösungen gekommen.

Also war die Umstellung nicht von "heute auf morgen", sondern ein längerer Prozess?

Doch, bei mir war das schon mehr oder weniger "holtertipolter", weil ich sofort alles weglassen wollte, was in Plastik eingepackt ist. Eigentlich hatte ich nur geplant, das bei Lebensmitteln zu machen. Welche Ausmaße das annimmt, wusste ich da noch nicht. Bis auf die besagten Cornflakes habe ich sofort nichts mehr mit Plastikverpackung gekauft. Und das war doch recht viel auf einmal - das würde ich so keinem raten. Lieber Schritt für Schritt.

Wenn jemand morgen auch damit anfangen will, Plastik zu vermeiden - wo sollte er dann anfangen?

Am besten immer in der Küche. Lebensmittel verbraucht man viel schneller, als Produkte aus der Drogerie. Hier geht der Umstieg schnell. Wenn die Milch im Tetra Pak am nächsten Tag leer ist, kann man ganz einfach Milch im Glas kaufen. Genauso beim Joghurt und der Sahne. Wenn dann auch die Flüssigseife oder das Duschgel leer wird - einfach auf feste Seife umsteigen. So spart man sich Verpackungsmüll und Mikroplastik. Und schon nach kürzester Zeit stellen sich sichtbare Erfolge ein. Der Müll ist plötzlich nicht mehr voll. Und das ist doch die beste Motivation.

Wie sieht es in Ihrem Bad aus? Shampoo, Duschgel oder auch dekorative Kosmetik sind in der Regel aus Plastik...

Wenn die Küche erst einmal ohne Plastik ist, kann man das auch im Rest des Hauses nicht mehr gut sehen. Zunächst habe ich wirklich viel aufgebracht. Und das hat echt lange gedauert. Dann wird einem auch erst einmal bewusst, wie viel Zeug man eigentlich hat. Unmengen an Müll und Schrott, den man ansammelt. Auf der Ablage in meiner Dusche liegen jetzt zweierlei Seifen. Eine für die Haare und eine für den Körper. Außerdem ein selbstgemachtes Peeling aus Zucker und Öl sowie ein Rasier-Hobel. Ich benutze Öle statt Bodylotion und Make-Up gibt es ja auch in Glasflaschen. Die Zahnbürsten sind aus Holz, Zahnpasta mache ich entweder selbst oder kaufe sie auch im Glas. Da gibt es heutzutage wirklich viele Möglichkeiten.

Es sind ja nicht nur die Plastikverpackungen - der Großteil von Kosmetik ist voll von Mikroplastik...

Eine große Gefahr in der heutigen Zeit! Da muss die Politik dringend ran mit Verboten. Viele wissen am Supermarktregal gar nicht, dass wo überall Mikroplastik drin ist und wie viel. Und was die Inhaltsstoffe bedeuten ist den meisten nicht klar. Zum Duschen brauchen wir kein Plastik in Duschgel und Shampoo. Und das schlimme ist: Wir wissen auch nicht, was die Unmengen an Mikroplastik anrichten, wenn sie in der Natur landen. Das löst sich ja auch nicht auf und die Kläranlagen können es nicht filtern. Das nervt mich, dass sich seitens der Politik nicht längst was tut.

Auf Ihrem Blog "Besser leben ohne Plastik" schreiben Sie viele Tipps und Rezepte zum Plastiksparen...

Ich will den Leuten zeigen, wie es anders geht. Wie kann ich Zwieback selbst backen? Der ist ja auch in Plastik verpackt, wenn ich ihn im Laden kaufe. Oder wie mache ich Wasch- und Putzmittel selbst? Oft geht das viel einfacher, als man denkt. Und das will ich weitergeben.

Gibt es Bereiche in Ihrem Leben, in denen der Plastikverzicht nicht klappt?

Natürlich, aber das sehe ich nicht so eng. Da ich keinen Schneeanzug ohne Kunststoff finden werde, schaue ich mich nach einem gebrauchten um. Ebenso wie bei dem Schulranzen für meine Tochter, die jetzt eingeschult wird. Die Ranzen aus Leder sind viel zu schwer und so suche ich nach einem gebrauchten Schulranzen, um diesen nachhaltig weiter zu nutzen. In diesem Fall kann ich dann auch sehr gut mit Kunststoff leben. Außerdem haben wir natürlich auch einen Staubsauger aus Plastik zuhause - den gibt es eben einfach nicht aus Holz (lacht). Aber darum geht es ja auch nicht. Auch Lego und Playmobil für die Kinder sind kein Wegwerfplastik. Und das ist es, was ein Problem für die Umwelt darstellt - der Rest nicht.

Ist plastikfrei Einkaufen nicht viel teurer und aufwendiger?

Nein, aufwendiger auf keinen Fall. Ich weiß ja mittlerweile wie es geht und wo ich was bekomme. Das meiste kaufe ich beim Bäcker im Nachbarort. Da bekomme ich alles, was die Backstube hergibt, unverpackt und in Gläsern. Ebenso Milch, Joghurt oder Kaffee. Quasi mein Unverpackt-Laden. Da mache ich auch meinen Wocheneinkauf und brauche dafür nur eine Viertelstunde. Ich glaube, da verbringen andere Leute viel mehr Zeit beim Einkaufen. Auch das Selbermachen von Wasch- und Putzmitteln geht schneller, als es einzukaufen. Ein Sack Seifenflocken hält ewig und muss nur einmal heimgeschleppt werden. Und durch das Selbermachen spare ich am Ende Geld, was ich an anderer Stelle ausgeben kann für bessere Lebensmittel. Vor allem gebe ich weniger Geld aus, weil ich jetzt viel bewusster einkaufen gehe. Ich werde nicht mehr "verführt" von Angeboten, die meistens sowieso in Plastik verpackt sind. Für meinen Wocheneinkauf für eine vierköpfige Familie gebe ich im Schnitt 70 bis 90 Euro aus und denke, das ist sportlich. Da geben andere sicherlich mehr Geld aus.

Kann man da dann noch spontan einkaufen gehen oder ist alles geplant?

Naja ich schreibe mir schon auf was fehlt und kaufe danach ein. Aber ich weiß auch, was ich immer wieder nachkaufe. Die Menge an Milch, Joghurt oder Kaba bleibt die gleiche. Damit kann man super kalkulieren. In meiner Bio-Kiste mit gerettetem Obst und Gemüse ist sozusagen meine Überraschung, denn da weiß ich nie genau, was kommt. Das ist quasi meine Spontanität.

Wie Sie gehen mittlerweile auch immer mehr Menschen mit ihrer Dose an eine Frischetheke und kaufen Fleisch, Fisch oder Käse...

Das ist so wichtig, dass sich die Leute das trauen. Viele scheuen sich davor und trauen sich nicht zu fragen. Dabei ist das das Natürlichste der Welt. Früher wurde auch so eingekauft und ist gar kein Problem. Dabei wird auch keine Hygienevorschrift verletzt. Aber es sollte einfach besser kommuniziert werden, damit es jeder weiß.

Also gibt es bei Ihnen auch Mehrwegbehälter und Tupperschüsseln?

Ich benutze ganz viele Weckgläser von der Oma aus dem Keller und musste ich somit auch nicht neu kaufen. Und auch doppelstöckige Dosen aus Edelstahl, die ich dann zum Einkaufen mitnehme. Aber es gibt natürlich auch die klassischen Tupperschüsseln in meinem Schrank. Aber eben viel weniger als früher. Denn sind wir mal ehrlich: Verwenden wir diese Schüsseln und Dosen alle? Der Schrank quillt über - dabei reichen uns eigentlich vier oder fünf davon. Also habe ich aussortiert und die Ungenutzten verkauft, denn Plastik ist auch was wert und das sollte uns bewusst werden. Plastik ist zu schade, um es einfach wegzuwerfen.