Ein Akt der Nächstenliebe: Frauen aus dem Landkreis Haßberge nähen Stoffmasken
Autor: Jutta Rudel
LKR Haßberge, Donnerstag, 02. April 2020
Sie sind gegen Profitgier und Egoismus: Frauen aus dem Landkreis krempeln die Ärmel hoch und nähen - zwischen Familie und Beruf - Mundschutze. Einrichtungen wie Pflegeheime aber auch Supermärkte nehmen das Angebot dankend an.
In Österreich ist er bereits Pflicht, in Deutschland immer mehr im Kommen: der Mundschutz. Im klassischem OP-Kittel-Grün wirken die Atemschutze befremdlich, kalt und steril. Doch das muss nicht sein. Mit bunten Blümchen, Mustern oder lustigen Comicfiguren wirken Stoffmasken gleich weniger bedrohlich. Genau solche stellen Denise Krupka-Rausch aus Zeil und die Knetzgauerin Nadine Müller-Mergenthaler her. Seit dem 21. März sitzen die Frauen täglich vor ihren Nähmaschinen.
Nähen als Herzensangelegenheit
"Da ich selbst Asthmatiker bin und zur Risikogruppe gehöre, war es mir persönlich ein Anliegen", sagt Krupka-Rausch. Für gewöhnlich näht die Zeilerin Tragebekleidung für Mütter und Kinder und hat deshalb die Maschinen parat. "Dafür habe ich zwei Wochen meine Aufträge zurückgestellt. Ab der nächsten Woche nähe ich nur eine bestimmte Anzahl pro Tag, da ich mein Geschäft am Laufen halten muss." Auch so hat die zweifach Mutter mit ihren Kindern und der Teilzeitstelle in Kurzarbeit viel um die Ohren.
Auch für Nadine Müller-Mergenthaler ist das Nähen der Atemschutze eine Herzensangelegenheit: "Da sich meine älteste Tochter gerade in der Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpflegerin befindet, mein Sohn Asthmatiker war und meine Jüngste ein Frühgeborenes, weiß ich, wie es aktuell für die Personen in den Risikogruppen ist." Auf der Frühgeborenenstation waren Händedesinfektion und Mundschutz ein ständiger Begleiter. Damals hat sie unter anderem Kleidung für Frühchen genäht. "Daher die Näherfahrung und die Maschinen", erklärt sie. Auch bei der Knetzgauerin ist viel Multitasking im Alltag erforderlich: "Ich arbeite noch Teilzeit, war die vergangenen zwei Wochen im Home-Office, gleichzeitig Kinderbetreuung und Nähen, es war sehr anstrengend. Da wir uns nun beim Überstundenabbau und darauffolgender Kurzarbeit befinden, kann ich noch etwas mehr Zeit mit dem Nähen und Koordinieren verbringen."
Näherinnen und Näher für Atemschutze gesucht
Durchschnittlich 35 Stoffmasken nähen die Frauen jeweils pro Tag. "Nachdem die Kinder im Bett sind, schneide ich die Stoffe zu und bügel dann", so Krupka-Rausch. Am nächste Tag werden die Masken genäht, die Drähte und Bänder eingefügt und wieder zugenäht. "Ein einzelner Atemschutz inklusive Zuschnitt dauert etwa acht bis zehn Minuten." Dabei muss man, so Krupka-Rausch, kein Profi sein, um einen Mundschutz zu nähen: "Das kann jeder! Es gibt mittlerweile so tolle Anleitungen per Video oder per Schritt-für-Schritt-Anleitung. Wir bitten dringlichst: Macht mit!"
Wichtig sei nur, dass Baumwollstoff verwendet wird, der dann bei 60 bis 90 Grad waschbar ist. Und es gibt noch etwas zu beachten, wie Krupka-Rausch ergänzt: Die Begriffe "Mundschutz" oder "Atemschutz" sind laut der IT-Kanzlei München Medizinprodukten vorbehalten und dürfen daher nicht verwendet werden. Falls doch, drohen Abmahnungen und Strafen.
Ein Netzwerk aus Näherinnen
Allein auf sich sind die beiden Näherinnen nicht gestellt. "Ich vermittel teilweise direkt, spreche mich mit Nadine ab, die wiederum vermittelt und näht", sagt Krupka-Rausch. Unterstützt wird sie von "einer Hand voll Näherinnen und einer fleißigen Bügelhilfe". Auch ihre Mitstreiterin aus Knetzgau erhält von etwa sechs bis zehn Näherinnen Hilfe.
Müller-Mergenthaler betont: "Ich würde nicht sagen, dass ich Helfer habe. Wir wollen alle das gleiche Ziel erreichen, einer musste nur darauf aufmerksam machen, etwas steuern und lenken. Wir sind ein kleines Netzwerk, das sich versucht zu organisieren, zu helfen und zu nähen", sagt sie. Die Näherinnen bringen die fertigen Masken vorbei, die Knetzgauerin koordiniert das Ganze. "Zum Beispiel kommt eine Mitarbeiterin von der AWO Knetzgau vor ihrem Schichtbeginn vorbei und nimmt dann die fertigen Mundschutze mit."