Der Bürgermeister zahlte keine Steuern

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Das Wohnhaus Denningers, in dem im September 2006 ein Brand ausbrach (unser Bild), kam ebenso wie Sägewerk und Wälder am Vollstreckungsgericht in Bamberg unter den Hammer. Archivfoto: Ralf Kestel
Das Wohnhaus Denningers, in dem im September 2006 ein Brand ausbrach (unser Bild), kam ebenso wie Sägewerk und  Wälder am Vollstreckungsgericht in Bamberg unter den Hammer. Archivfoto: Ralf Kestel
Mühle auf des Messers Schneide? Die Eigentumsverhältnisse wurden für das Anwesen von Bürgermeister Denninger, zwischen Burgpreppach und Ibind gelegen, mit einer Versteigerung am Amtsgericht zunächst geklärt. Weil der Zuschlag angefochten wurde, beschäftigt das Thema das Bamberger Landgericht. Foto: Ralf Kestel
Mühle auf des Messers Schneide? Die Eigentumsverhältnisse wurden für das Anwesen von Bürgermeister Denninger, zwischen Burgpreppach und Ibind gelegen, mit einer Versteigerung am Amtsgericht  zunächst geklärt. Weil der Zuschlag angefochten wurde, beschäftigt das Thema  das Bamberger Landgericht. Foto: Ralf Kestel
 

Nach den mutmaßlichen Schüssen auf den Hund eines Nachbarn, die der Rentweinsdorfer Bürgermeister Willi Sendelbeck (SPD) abgefeuert haben soll, gerät im Haßbergkreis ein weiterer Kollege ins Kreuzfeuer der Kritik: Karlheinz Denninger (Gemeinwohl) aus Burgpreppach. Er hat seit Jahren keine Grundsteuern und Erschließungsbeiträge bezahlt. Beide Bürgermeister beschäftigen nun das Bamberger Landgericht.

Im Zusammenhang mit der Versteigerung seines Wohnhauses und Sägewerkes am Bamberger Amtsgericht droht dem hochverschuldeten Bürgermeister Karlheinz Denninger (Gemeinwohl) weiteres Ungemach. Neben dem Pleitegeier stehen Zwangsräumung, Rücktrittsforderungen und Strafanzeigen im Raum. Da die neue Eigentümerin, eine Frau aus Oberbayern, davon ausgeht, dass sie den Zuschlag zu Recht erhalten hat, setzte sie ihm über ihren Anwalt aus Rosenheim eine Frist, während der er ausziehen muss.

Der Fall birgt auch politische Brisanz: Der Versteigerungstermin brachte ans Licht, dass der Bürgermeister bei seiner eigenen Gemeinde offene Rechnungen in fünfstelliger Höhe hat. Seit Jahren wurden Grundsteuern nicht abgeführt, blieb er Erschließungsbeiträge säumig.

Der Zwangsvollstreckungstermin in Bamberg Anfang Oktober hatte es in sich. Viele Burgpreppacher wurden Zeugen einer pikanten Verhandlung. Unter den Hammer kamen Wohnhaus, Betriebsgelände, mehrere Wälder und Äcker im Gesamtwert von 450.000 Euro, wie ihn ein Gutachter ermittelt hatte. "Insgesamt ging es um neun Grundstücke", bestätigte Amtsgerichtsdirektorin Gudrun Göller gegenüber unserer Zeitung.

Es handelte sich um den zweiten Versteigerungsversuch, bei dem Gebote noch über der Fünf-Zehntel-Marke liegen müssen. Das Verfahren hatte als größte Gläubigerin die Commerzbank beantragt.

Beim ersten Termin war kein Zuschlag erfolgt, beim zweiten Anlauf gab es mehrere Interessenten, darunter auch ein Bieter aus dem Umfeld des Burgpreppacher Bürgermeisters. "Aus rechtlichen Gründen", erklärte Rechtspfleger Hofmann, kam ein Bieter gar nicht in Frage. Es fehlten Vollmachten, wissen "Prozessbeobachter". Auch Absprachen zwischen diesem Bieter und dem Vertreter der Bank wollen Zeugen mitbekommen haben.

Seitens des Vertreters der Gläubiger-Bank wurde zunächst um einen Aufschub um eine Woche gebeten, was Rechtspfleger Hofmann aus verfahrensrechtlichen Gründen ablehnte. Die Bank könne nur eine Aussetzung des Verfahrens beantragen, so dass es nach einigen Monaten erneut aufgerufen werde. Hofmann räumte lediglich eine Frist von einer Stunde ein, um die fehlenden Unterlagen beizubringen. Dies gelang dem mutmaßlichen "Strohmann" nicht.


270.000 Euro geboten

Deswegen erteilte Hofmann dem Gebot einer Frau aus Oberbayern, die übers Internet von dem Termin erfahren hatte, in Höhe von 270.000 Euro den Zuschlag. Auch der Vertreter der Bank hatte nun keine Bedenken mehr. Dem Geldinstitut dürfte es gleichgültig gewesen sein, vom wem es sein Geld bekommt.

Weil mit dem Zuschlagsbeschluss das Eigentum übergeht, galt Denninger mit sofortiger Wirkung nicht mehr als Herr seines einstigen Sägewerkes, weswegen sich in den Folgetagen mehrere Burgpreppacher wunderten, dass er dennoch auf dem Gelände weiterarbeitete und auch zu später Stunde noch Holz abgefahren wurde, das angeblich von Dritten aufgesetzt worden war und nun laut Denninger abgeholt werden muss.

Die neue Eigentümerin, die mit ihrer Familie eine private Nutzung plant, hat Denninger deshalb darauf hingewiesen, dass er die derzeitige Nutzung einzustellen habe und begehrte Unterlass, wie es im Juristendeutsch so schön heißt.

Wie Amtsgerichtsdirektorin Göller mitteilte, sei der Zuschlag "zwar erfolgt, aber noch nicht rechtskräftig, weil dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt wurde". Deswegen wurde das Verfahren mittlerweile an die Beschwerdekammer des Landgerichts Bamberg zur Entscheidung abgegeben. "Der Zuschlag wurde angefochten", ergänzte Rechtspfleger Hofmann.


Bei der Gemeinde in der Kreide

Politischer "Sprengstoff" kam bei dem Zwangsvollstreckungstermin in Bamberg auch zutage: Der Bürgermeister steht bei seiner eigenen Gemeinde in der Kreide - und zwar beträchtlich.

Unter einer Vielzahl weiterer Forderungen, die in der Verhandlung vorgetragen wurden, stehen auch rund 86.000 Euro an öffentlichen Grundstückslasten, die unter anderem von der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim angemeldet worden waren und im so genannten "geringsten Gebot" zusammen mit den Verfahrenskosten auftauchen, war aus dem Bamberger Amtsgericht zu erfahren.

Die Rede ist von vorrangigen Forderungen, die im Falle eines Zuschlags an erster Stelle abgegolten werden. Dies gilt in diesem Fall für nicht bezahlte Grundsteuern und Erschließungsbeiträge sowie Forderungen des Finanzamtes wegen nicht abgeführter Gewerbesteuern. "Eine Riesen-Verfehlung", schimpfte ein Zuhörer aus Burgpreppach. Und ein Vertrauensverlust.


Turbulente Gemeinderatssitzung steht bevor

Auch wenn das Sägewerk seit längerer Zeit keine Gewinne mehr abgeworfen hat, hätte der Burgpreppacher Bürgermeister, wenn er vorrangig das Wohl der Marktgemeinde im Sinne gehabt hätte, somit auf seinen Bürgermeister-Sold eine Lohnpfändung beantragen können, manche meinen müssen. Nun werden schon Rücktrittsforderungen erhoben und in der nächsten Sitzung des Marktgemeinderates dürfte es turbulent zugehen.

Denn: Umstritten ist die Frage, ob die Zahlungsrückstände des Bürgermeisters vom Marktgemeinderat abgesegnet, also gestundet waren. Einige der befragten Mitglieder des Gremiums können sich an Stundungsanträge nicht erinnern, andere verwiesen auf die Nichtöffentlichkeit solcher Beratung.

Ein Gremiumsmitglied hält es für eine "gewaltige Verfehlung der Verwaltung, wenn der Marktgemeinderat über solche Rückstände des Bürgermeisters nicht informiert wird". Erinnert wird dabei an den Kauf einer Wiese des Bürgermeisters durch die Gemeinde, in dessen Verlauf der Verwaltungsleiter ausdrücklich nach noch offenen Posten gefragt worden sei.

Zweiter Bürgermeister Helmut Schwappach (Gemeinwohl) indes versicherte gegenüber unserer Zeitung, dass die fälligen Zahlungen allesamt gestundet worden seien und entsprechende Beschlüsse des Marktgemeinderates darüber vorlägen. "Das ist ein heißes Eisen und auch für die Gemeinde nicht gut", bekannte Schwappach.


Was steht in den Protokollen?

Strafrechtlich relevante Vorgänge seien aber nicht erfolgt, da in Sitzungen, die er wegen der persönlichen Betroffenheit des Bürgermeisters geleitet habe, solche Stundungen beschlossen wurden. Da dürften in den nächsten Tagen etliche Sitzungsprotokolle herausgesucht und studiert werden.

Wegen der vorrangigen Forderungen der öffentlichen Hand in Höhe von rund 86.000 Euro meinte Schwappach, als früherer Bankdirektor mit der Materie vertraut, dass diese nicht allein die Gemeinde betreffen. "Da dürfte auch das Finanzamt dabei sein." Mehrere der vielen Zuhörer berichteten aus dem Sitzungssaal, dass die Forderungen der Gemeinde bei "um die 80.000 Euro liegen", wie unsere Zeitung erfuhr.

"Er tut mir leid", bedauerte Schwappach seinen Bürgermeister und Parteikollegen, da den 69-Jährigen in seinem zehnten Amtsjahr so ein persönliches Schicksal ereilt habe. Noch zu seinem 60. Geburtstag war er damals als "Fachmann in heiklen Finanzfragen" - so eine Titelzeile - gewürdigt worden.

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