Betroffene brauchen Tagesstruktur

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Birgit Hofmann-Betz leitet das sozialpsychiatrische Tageszentrum der Caritas in Haßfurt. Sabine Weinbeer
Birgit Hofmann-Betz leitet das sozialpsychiatrische Tageszentrum der Caritas in Haßfurt.  Sabine Weinbeer

Arbeit hat eine große Bedeutung für psychisch kranke Menschen. Dazu gibt es Angebote auf verschiedenen Ebenen.

Alle Krankenkassen weisen in ihren Statistiken eine deutliche Zunahme von psychischen Erkrankungen aus. Zum Tag des psychisch kranken Menschen am heutigen Dienstag ging die Leiterin des Tageszentrums für psychisch kranke Menschen der Caritas in Haßfurt, Birgit Hofmann-Betz, in einem Pressegespräch auf einen wichtigen Aspekt ein, nämlich die Bedeutung von festen Strukturen, am besten in Form von Arbeitsgelegenheiten, für ihre Klienten.

"Die vielschichtige Bedeutung von Struktur im Tagesablauf eines behinderten wie nichtbehinderten psychisch beeinträchtigten Menschen ist in den letzten Jahrzehnten wiederholt untersucht und beschrieben worden", erklärte Birgit Hofmann-Betz. Dabei wurde nach ihren Angaben eines deutlich: Tagesstruktur, sei es durch Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung, ist ein ganz wesentliches Element bei der Bewältigung von psychischen Erkrankungen.

Wenn es die Ausprägung der Erkrankung noch zulässt, bedeute Teilhabe am Arbeitsleben die Möglichkeit, sich in normalen sozialen Rollen zu bewegen und nicht immer Patient zu sein. Auch sei es wichtig, ein Gefühl für sozialen Status und soziale Identität zu entwickeln sowie soziale Kontakte außerhalb des Hilfesystems zu pflegen. "Nicht zuletzt ist natürlich auch das erworbene Einkommen wichtig, um die finanzielle Situation ein wenig zu verbessern", so die Sozialpädagogin.

Das Gesetz sieht Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vor mit dem Ziel, die Erwerbsfähigkeit behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wieder herzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben auf Dauer zu sichern. Für viele psychisch kranke Menschen sei eine Integration auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt allerdings nicht mehr möglich und die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit kein realistisches Ziel, räumte die Expertin ein. Viele Qualifikationen, Fähigkeiten und soziale Kompetenzen würden von psychischen Erkrankungen überlagert. "Damit die Integration in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis gelingt, das den Neigungen und Fähigkeiten eines Menschen mit psychischer Beeinträchtigung entspricht, braucht es ein funktionierendes Beratungs- und Hilfesystem", erklärte Hofmann-Betz. Denn es gelte, sowohl Über- als auch Unterforderung zu vermeiden.

In den letzten Jahren wurde das Angebot an Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten mit regionalen Unterschieden beziehungsweise Besonderheiten für die Gruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen ausgeweitet, so dass die individuellen Erfordernisse der Betroffenen besser berücksichtigt werden können. "So wird auch die Teilhabe an der Gemeinschaft umgesetzt", freut sich Hofmann-Betz.

Neben der meist stundenweisen Tätigkeit auf dem allgemeinen oder besonderen Arbeitsmarkt sind im Bereich der psychiatrischen Hilfen Möglichkeiten zur Beschäftigung und Tagesstrukturierung geschaffen worden, die einen relativ niederschwelligen Zugang ermöglichen. Dieses Angebot machen besonders die sogenannten Tageszentren oder Tagesstätten. Diese Einrichtungen ermöglichen ein breites Spektrum von Tätigkeiten bis hin zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten mit einem in der Regel geringen Entgelt. Ein solches Tageszentrum wie in Haßfurt ist eine so genannte teilstationäre Einrichtung und wird vom Bezirk Unterfranken finanziert, getragen von der Caritas. Die Besucher des Tageszentrums erhalten dort sinnvolle Beschäftigungen im Rahmen ergotherapeutischer Angebote, trainieren Lebenspraxis und erfahren umfassende sozialpädagogische Beratung und Unterstützung. Da geht es um den verantwortungsvollen Umgang mit den verordneten Medikamenten und gesunde Ernährung ebenso wie um die Bearbeitung von Behörden-Formularen, aber auch um künstlerische oder sportliche Betätigung.

Der Zugang zu einem Tageszentrum wird einem Erkrankten meist durch psychiatrische Fachkrankenhäuser, niedergelassene Facharztpraxen, gesetzliche Betreuer, aber auch auf Eigeninitiative möglich. Genehmigen muss den Aufenthalt der Bezirk Unterfranken.

Weitere Auskünfte zum Thema Arbeit und Beschäftigung für psychisch kranke Menschen gewährt der Caritasverband Haßberge unter der Rufnummer 09521/6910. Informationen sind auch im Internet unter www.caritas-hassberge.de erhältlich. Unter diesem Kontakt gibt es auch Rat und Hilfe in anderen Fragen, die mit einer psychischen Erkrankung oder der Bewältigung von Lebenskrisen einhergehen.