Die Rabbinerin der israelitischen Gemeinde Bambergs, Dr. Antje Yael Deusel, ging in Ebern auf Geschichte und rituelle Bedeutung der Beschneidung ein. Sie schilderte den historischen Wandel bei der Ausübung des Rituals und reflektierte die aktuelle Diskussion in Deutschland aus Sicht der Jüdin und der Urologin.
Schon die Ankündigung ihres Vortrages hatte im Vorfeld zu kontroversen Diskussionen auf dem Internetportal dieser Zeitung (www.infranken.de) geführt. Und auch nach ihrem Referat musste sich die Bamberger Rabbinerin Dr. Antje Yael Deusel am Donnerstagabend im evangelischen Gemeindehaus kritischen Fragen stellen.
Dabei "ging es doch gar nicht darum, dass wir uns jetzt alle beschneiden lassen, sondern rein um die Information", wie Pater Rudolf Theiler resümierte. Dennoch erregte die Streitfrage, ob es sich bei der Beschneidung um ein religiöses Ritual unter Juden oder um eine Körperverletzung handelt, die Gemüter.
Die Rabbinerin aus Bamberg, die in Haßfurt aufwuchs und nun für eine Gemeinde von rund 900 Juden im Bereich zwischen Hof, Schweinfurt, Coburg und Erlangen zuständig ist, gilt als ausgewiesene Expertin: Sie ist Fachärztin für Urologie am Klinikum in Bamberg und veröffentlichte jüngst
ihre Master-Arbeit als Buch zu diesem Thema. "Kaum war das Buch heraus, folgte 14 Tage später das umstrittene Urteil des Landgerichtes Köln", stellte Antje Deusel aktuelle Bezüge her, die sie unverhofft in das Licht der Öffentlichkeit rückten.
Gesetzgeber reagiert Die Rabbinerin ist eine Verfechterin des Rituals. Und setzt nach dem Richterspruch auf den laufenden gesetzgeberischen Prozess, den die Bundesregierung eingeleitet habe. "Deutschland wäre das einzige Land auf der Welt, wo die Beschneidung verboten würde", sagte die Referentin bei der Gemeinschaftsveranstaltung von VHS sowie evangelischer und katholischer Kirchengemeinde vor rund 50 Zuhörern.
Dabei berief sie sich auch auf das Grundgesetz, das "die Freiheit des Praktizierens jeden Glaubens" festschreibe.
Dass die Brit Mila (hebräisch für Bund der Beschneidung) weder ein Krankenkassen-Betrug noch eine Körperverletzung, sondern als Zeichen des immerwährenden Bundes betrachtet wird, machte die Rabbinerin mit einem geschichtlichen Exkurs deutlich, der von Abraham über Cicero und Tacitus bis in die Neuzeit reichte.
Einige tausend Jahre in einer Stunde, was Pfarrer Bernd Grosser mit einem "Wow" und als "kompakten Marsch durch die jüdische Geschichte" kommentierte und auch starken Applaus nach sich zog.
Im urigen Akzent und mit so manchem fränkischen Idiom wurden die Denkweisen von Alexander dem Großen oder Epiphanes wort- und gestenreich erläutert.
Aber auch die modernen Methoden der Medizin vorgestellt, da sehr auf Anästhesie und Sterilität geachtet werde, was zu Zeiten des Marsches durch die Wüste ins verheißene Land nicht möglich war.
Körperverletzung bei Wehrlosen? Wurden früher die Jungen kurz vor Beginn der Pubertät beschnitten, so wurde dieser "Akt der kultischen Reinheit", der für die "Absonderung Isreals von den anderen Völkern der Welt" steht, später auf den achten Tag nach der Geburt vorgezogen und mit der Bekanntgabe des Namens für das Kind verbunden. Deusel: "Das wurde zu einem großen Fest, weil jeder neugierig war, wie heißt er denn nun?" Im Mittelalter sei die Beschneidung fast so hoch wie ein Sakrament angesetzt gewesen. "Ein Gebot von höchster Bedeutung."
Die Begeisterung einiger Zuhörer teilte Jörg Röder gar nicht.
Er tadelte die "schnoddrige Darstellung einer Körperverletzung von Wehrlosen". Und auch Sabine Klüpfel empfang die "Darstellung der Gegenseite als sehr polemisch".
Die Referentin Werdegang Dr. Antje Yael Deusel (51) stammt aus Nürnberg, ging in Haßfurt zur Schule und machte am Regiomontanus-Gymnasium ihr Abitur, studierte Medizin in Erlangen und arbeitete ab 1988 als Fachärztin für Urologie am Bamberger Klinikum. Schon vor ihrem Studium am Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam gestaltete sie als Zweite Vorsitzende der Kultusgemeinde und als Kulturreferentin das jüdische Leben in Bamberg aktiv mit.
Studium Deusel hat Hebräisch, Aramäisch, Talmud, Midrasch, Verwaltungskunde, Didaktik und Homilektik, Jüdische Geschichte und Philosophie, Liturgie, Gemeindepraxis gelernt.
Das Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam war ab 1999 das erste Rabbinerseminar Zentraleuropas nach dem Holocaust. Einige Scheine machte die 51-Jährige in Israel, deshalb brauchte sie für das Studium nur vier Jahre. Antje Deusel ist die erste nach 1945 geborene Frau, die an einem deutschen Rabbinerseminar ausgebildet wurde. Sie ist die erste fränkische Rabbinerin. Die Ordination zur Rabbinerin erfolgte 2011.
Autorin Ihre Abschlussarbeit zu den medizinischen und halachischen Aspekten der Brit Mila erschien im Herder Verlag unter dem Titel "Mein Bund, den ihr bewahren sollt". Das Buch ist auch in Ebern erhältlich.
Tätigkeiten Dr. Antje Yael Deusel ist neben ihrer Arbeit als Gemeinderabbinerin in Bamberg auch weiterhin als Oberärztin in der Klinik für Urologie und Kinderurologie in Bamberg tätig; sie hat zudem einen Lehrauftrag im Fach Judaistik an der Universität Bamberg inne.
Soll also allein auf Betreiben zweier Religionsgemeinschaften das Grundgesetz derart ausgeweidet werden, dass künftig dieses Stück Blutmagie nicht bloß für deren Knaben, sondern denen jeglicher (!) Eltern in Auftrag gegeben werden kann. Nicht einmal das vom Ethikrat angemahnte Widerspruchsrecht älterer Jungen wird im Gesetzesvorschlag verwirklicht. Wem das nützt, lese man etwa hier: bit.ly/UDIldX
Als Rechtfertigung soll laut Frau Deusel die Glaubensfreiheit herhalten, als existiere Art. 140 nicht, und ganz gleich dass diese als Individualrecht (bisher!) keine Amputationen an fremden Körpern deckt. Oder die abseits echter Indikation in Nicht-Entwicklungsländern hinfälligen "Vorteile" einer Pathologisierung gesunder Anatomie — freilich bei gleichzeitigem Verschweigen der unerforschten, zahlreich berichteten Nachteile, denn wer hier an Gottgegebenheit glaubt, wird häufig grundsätzlich steif und fest von deren Nicht-Existenz überzeugt sein. Dann gerne auch die von keiner weiteren westlichen Pädiatrie-Vereinigung geteilte AAP-Bilanz der "Ausgewogenheit", zu deren Autoren ein Urologe gehört, der in The Jewish Week stolz anmerkt, seinen Sohn eigenhändig auf den großelterlichen Küchentisch beschnitten zu haben.
Alle Achtung, für diese Beschneidung des Rechtsstaates wird der Großteil der Bevölkerung beiden Gruppen sicherlich außerordentlich dankbar sein. Ohne jene wäre diese Körperverletzung zweifelsohne unlängst verboten.
Ging Frau Deusel darauf ein, warum im Judentum Ähnliches nicht an Mädchen ausgeübt wird? (Die weniger krassen Varianten der weiblichen Genitalverstümmelung lassen sich durchaus vergleichen, insb. würden sie nach den "Regeln der Ärztlichen Kunst" erfolgten, und ähnliche Vorteilssucherei genießen.) Das hat nichts mit Frauenliebe zu tun, im Gegenteil, es sei auf den Abschnitt "Implications for Jewish Women" in Circumcision, Encyclopaedia Judaica verwiesen. Oder auf was jüdische Philosophen wie Maimonides und Philon zur Knabenbeschneidung schrieben?
denn es wäre ihr ja nun gar zu peinlich.
Im Aufsatz "Die Beschneidung der Frau" von A.Prinz und S.Katzensteiner erschienen in Speculum (Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe) Vol. 4, Heft 2, 22-25, 1986, finden Sie dazu folgenden Hinweis gleich im ersten Absatz:
"Die weibliche Beschneidung wird etwa auch bei den koptischen Christen und den jüdischen Falascha Äthiopiens und Ägyptens, bei vielen nicht islamischen Stämmen Afrikas, in Malaysia und Indonesien sowie im amerikanischen Raum im östlichen Mexiko, in Ecuador, Peru und Brasilien gepflegt."
Das ganze wird dann dadurch kaschiert, daß man die Falascha einfach nicht als Juden anerkennt und diese, sofern sie nach Israel einwandern, erstmal umständlich "konvertieren" müssen - was nochmal zusätzlich eine Demütigung darstellt und den etwas befremdlichen Umgang Israels mit "fremden Ethnien" peinlich unterstreicht.
Ich verweise auf Wikipedai mit großer Vorsicht, aber bitte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Beta_Israel#Formale_Konversion_zum_Judentum
Ob Frau Deusel, wie von "franky75" schon ausgeführt, vom Sachverhalt schlicht keine Ahnung hat, oder, wie ich es in der Diskussion leider gewohnt bin, vorsätzlich (hier durch Weglassen) lügt, weiß ich nicht.
Beides wäre unerträglich peinlich.
Ich habe jedenfalls zunehmend den Eindruck, daß die Juden hier erstmal ihre inneren Angelegenheiten klären sollten, statt uns in Deutschland schwachsinnige Diskussionen über medizinisch, und ethisch-moralisch verwerfliche Steinzeitriten aufzuzwingen.
Detlef Bosau
Warum Religion nicht mit dem Ärzteberuf vermischt werden sollte, sehen wir hier in besonderer Weise.
Frau Kollegin, Sie haben sich genau wie ich dazu verpflichtet, keinen Schaden am Patienten zu verrichten und zu heilen. Sie verletzen dieses Gebot in besonders schwerer Weise. Dafür schäme ich mich für Sie gleich mit!
Sie sollten sich mal die neuen sehr großen Studien ansehen, die aus den USA kommen und bislang nicht widerlegt werden konnten, die verheissen gravierende Komplikationsraten mit Nachoperationen und sogar Todesfällen, wegen Säuglingsbeschneidung. Ich habe mir die mal genauer angesehen! Sie auch?
Und überhaupt, wie erklären Sie die Diskrepanz zwischen der Klitorisvorhautreduktion, genannt "Genitalverstümmelung Typ 1", die weniger komplikationsreich ist als die Zirkumzision? Die ist nämlich schon verboten in Deutschland.
Es geht doch auch hier nicht um ein "Verbot in Deutschland", sondern ein Aufschieben bis zur Religionsmündigkeit. Doch dass ist Ihnen als Rabbinerin offensichtlich zu riskant, weil sie vermutlich genau wissen, dass sich Jugendliche nicht beschneiden lassen wollen, wenn sie älter sind und darüber selbst entscheiden können. Und dann wären wir bei dem freien Willen, den sie sehr wohl voraussehen können und auch fürchten. Der vorauszusehende freie Wille allein müsste Grund genug sein, auch für Sie, mit der Operation zuzuwarten, wären Sie nicht so verschlossen. Aber Brandmarken und "Markieren", das ist ja ihr Job Frau Kollegin, oder soll ich lieber sagen, Frau Rabbinerin?
Guten Tag
Ich habe den Vorsitzenden des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Dr. Wolfram Hartmann, angeschrieben, ob der zuständige ärztliche Berufsverband nicht dazu in der Lage ist, Frau Deusel die Approbation zu entziehen bzw. ihr zumindest die Ausübung des Berufs zu verwehren.
Diese Frage richte ich auch an Sie. Es ist billig, sich als Arzt für Frau Deusel zu schämen. Nur: Was heißt das praktisch?
Frau Deusel ist Rabbinerin, das ganze läuft in evangelischen Gemeinehäusern.
Was soll der Schwachsinn?
Bleiben wir doch simpel und einfach bei den Fakten.
In Deutschland darf niemandem ohne zwingenden medizinischen Grund einem Kind Geschlechtsorgane (und die Vorhaut ist ein solches) abschneiden. Punkt. Das ist wenigstens eine einfache Körperverletzung (5 Jahre Gefängnis) wenn nicht schwere Körperverletzung (darauf stehen 10 Jahre Gefängnis).
Ich könnte hier abbrechen, denn ich habe das wesentliche gesagt.
In Köln ist ein muslimischer Junge beschnitten worden, angeblich "einwandfrei", viermal mßten in Vollnarkose Verbände gewechselt werden. Entweder wurde da gepfuscht oder eine Beschneidung ist per se Pfusch.
So. Seit diesem Urteil laufen jüdische Lobbies einem Stöckchen nach, das ihnen niemand hingeworfen haben und bezeichnen ebenso ausnahmslos wie schamlos alle Deutschen als Antisemiten, beschimpfen meine Landsleute und mich - nur weil ein deutsches Gericht gewagt hat, einem Arzt, der einem Jungen den Penis zerstört hat, wegen Körperverletzung zu verurteilen - und dabei sogar noch auf einen Verbotsirrtum erkannt und keine Strafe ausgesprochen hat.
Und jetzt beantworten Sie mir die eine Frage: Was will Frau Deusel eigentlich?
Und was hat das mit Religion zu tun, daß sich jetzt jüdische, evangelische und katholische Gemeinden wieder einmischen?
Detlef Bosau, Stuttgart.