Ausgetrickst und abgezockt: Trickbetrüger schlagen auch im Kreis Haßberge vermehrt zu
Autor: Teresa Hirschberg
Haßfurt, Donnerstag, 28. November 2019
Ob übers Telefon, per Mail oder direkt an der Haustür: Trickbetrüger greifen zu raffinierten Methoden, um ihren Opfern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Polizei warnt: Auch im Kreis Haßberge kommt es immer häufiger zu Betrugsfällen.
Rotzfrech sei der Mann zu ihnen gewesen. Denn wenn sich Michael Schad und Jan Stoll am Telefon als Polizeibeamte outen, schlägt die Stimmung ganz schnell um: Schon mehrmals haben sie Trickbetrüger zur Rede gestellt, wenn diese gerade versuchten, ein weiteres Opfer um viel Geld zu bringen. "Doch die sitzen irgendwo im Ausland und wissen in dem Moment genau, dass wir nichts gegen sie tun können", sagt Schad zähneknirschend. Und die Methoden der Betrüger werden immer dreister.
Stoll und Schad sind Teil der Ermittlungsgruppe, die bei der Haßfurter Polizeiinspektion Betrugs- und Vermisstenfälle, sowie Einbrüche und Internetkriminalität bearbeitet. Im Jahr 2018 stiegen die Fälle von Callcenter-Betrug im Kreis Haßberge im Vergleich zum Vorjahr um 95 Prozent an. Im Folgejahr noch einmal um 70 Prozent. Doch damit dürfte sich der Landkreis noch im bayernweiten Durchschnitt befinden.
Unter Callcenter-Betrug fallen beispielsweise Anrufe, bei denen sich Betrüger als angebliche Verwandte in Geldnot oder als falsche Polizeibeamte ausgeben. Und hat sich eine Masche erst einmal bewährt, wird sie gnadenlos ausgereizt: "Der Enkeltrick beginnt immer auf die gleiche Weise, weil die Anrufer den Namen des Enkels ja zunächst gar nicht kennen", erklärt Schad.
Auf den Namen kommt es an
Über eine geschickte Gesprächsführung und Fragen wie "Rate doch mal, wer dran ist!" geben die Opfer schließlich aus Versehen den Namen des Enkels Preis und dem Betrüger damit erst seine falsche Identität. "Es werden mit Sicherheit auch junge Leute angerufen, aber die wissen oftmals besser Bescheid und legen gleich auf", meint Stoll. Sein Kollege glaubt, dass die Täter im Telefonbuch gezielt nach weniger modern klingenden Namen suchen, hinter denen sie ältere Personen vermuten.
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Zwischen zehn und 13 Prozent der angerufenen Personen im Landkreis Haßberge fiel in den vergangenen drei Jahren auf die Callcenter-Tricks der Betrüger herein. "Und das waren alles Personen, die im Telefonbuch standen", sagt Stoll. "Wenn es einmal funktioniert hat, kontaktieren die Betrüger die Person immer wieder, weil sie ein ,gutes Opfer‘ gefunden haben." Die Beamten vermuten eine hohe Dunkelziffer, weil sich viele dafür schämen, auf den Betrug hereingefallen zu sein.
Vom Opfer zum Täter
In den elf Jahren, die Schad nun bei der Haßfurter Polizeiinspektion arbeitet, habe er von Beginn an in Fällen von Warenbetrug ermitteln müssen. Doch die Methoden der Trickbetrüger werden immer ausgefeilter und gefährlicher: Erst kürzlich habe sich eine neue Art von Gewinnversprechen gezeigt. "Wir hatten einen Fall, in dem ein Mann schon seit Ewigkeiten Lotto spielt", erzählt Schad. Dann endlich der lang ersehnte Anruf: Der Mann habe gewonnen, müsse vor der Auszahlung aber erst Geld auf ein Konto in Bulgarien weiterüberweisen, das ihm zuvor wiederum der Anrufer überwiesen hatte. Was das Opfer nicht ahnte: Über sein Konto wurde auf diese Weise Geldwäsche betrieben - und er somit zum Täter.