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Absichtlich schweren Unfall gebaut: 20-Jähriger aus dem Steigerwald überschlägt sich mit 96 km/h


Autor: Martin Schweiger

Haßfurt, Donnerstag, 18. Juni 2020

In einer psychischen Ausnahmesituation hat ein damals 20-jähriger Autofahrer aus dem Steigerwald im Mai 2019 absichtlich einen schweren Autounfall gebaut, bei dem er und sein damals 15-jähriger Beifahrer schwer verletzt wurden. Dafür musste er sich nun vor dem Amtsgericht Haßfurt verantworten.
Ein junger Mann aus dem Steigerwald musste sich vor dem Haßfurter Amtsgericht verantworten, weil er seinen Mitfahrer in erhebliche Gefahr gebracht hatte. Symbolfoto: Benjamin Nolte/dpa


Ein schwerer Autounfall hatte für einen Havaristen aus dem Steigerwald am Montag (15. Juni) ein Nachspiel vor dem Jugendschöffengericht, das ihn wegen schweren gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldauflage in Höhe von 2500 Euro an den Jugendhilfefonds Haßberge verurteilte. Seinen Führerschein ist er außerdem für weitere drei Monate los.

Auf dem Weg zur Polizei kommt es zum Streit - 20-Jähriger verliert die Beherrschung

Der ungewöhnliche Unfall passierte am Vormittag des 4. Mai 2019 zwischen Karbach und Fabrikschleichach. Damals waren der Angeklagte und sein Beifahrer auf dem Weg zur Polizeistation in Haßfurt, wo der Angeklagte den heute 16-Jährigen wegen Diebstahls anzeigen wollte. Der Angeklagte hatte den Verdacht, dass der Beifahrer zuvor 7600 Euro aus einer Geldkassette gestohlen hatte, als er in der Wohnung des Angeklagten übernachtete.

Während der Fahrt kam es nach Angaben von Verteidiger Alexander Wessel zum Streit. Der Angeklagte habe seine Beherrschung verloren und sei mit 96 Stundenkilometern absichtlich und ungebremst nach rechts in eine Wiese gefahren. Nach 25 Metern habe das Fahrzeug den Bodenkontakt verloren, sei abgehoben und habe sich mehrfach überschlagen.

Der Beifahrer war nicht angeschnallt und erlitt Knochenbrüche im Arm und in der Hand, sowie eine Rückenzerrung, und musste eine Woche im Krankenhaus behandelt werden. Der Angeklagte selbst erlitt eine komplizierte Nasenbeinfraktur sowie Schnittwunden und musste einen Tag lang im Krankenhaus verbringen. Seine Nase wird im nächsten Jahr in Erlangen erneut operiert. Am Auto des Angeklagten entstand ein Totalschaden von rund 400 Euro.

 Gefährliche Körperverletzung: Der Fall wurde vor dem Jugendschöffengericht verhandelt

Der Angeklagte gab an, dass der 16-Jährige im selben Dorf wohne und er ihn gegen Bezahlung einige Male gefahren habe. Als der 16-Jährige bei ihm übernachtete, hätten am nächsten Tag 7600 Euro gefehlt. Die Eltern des Diebes hätten das Geld, das für einen Autokauf angespart war, gefunden und ihm zurückgegeben. Der 16-Jährige wurde bereits wegen Diebstahls verurteilt. In der Geldkassette fanden Polizeibeamte neben dem Restbetrag von 2400 Euro auch zwei Gramm Marihuana, das nach Überzeugung des Angeklagten der 16-Jährige ihm "untergejubelt" habe.

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Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe sah im Elternhaus des Angeklagten einen Grund für die psychische Labilität des Angeklagten. Dessen Eltern trennten sich, als er 17 Jahre alt war. Mit seinem alkoholkranken Vater habe es öfters Streit gegeben. Es sei "schlimm zuhause gewesen", habe der Angeklagte gesagt.

"Das hätte ganz anders ausgehen können", schrieb der Staatsanwalt dem Angeklagten hinter die Ohren. Er solle froh sein, dass keine Fußgänger unterwegs waren und das Fahrzeug in einem Feld landete - und nicht etwa an einem Baum. Die Tat sei "unverantwortlich" gewesen, sagte der Anklagevertreter und forderte eine Jugendstrafe von sechs Monate auf Bewährung, fünf Monate Fahrsperre und 2500 Euro Geldauflage. Verteidiger Wessel bezeichnete die Tat als "Kurzschlusshandlung" und hielt eine Geldauflage für angemessen. Das Gericht sah keine "Schwere der Schuld" vorliegen. Der Verurteilte sei in einer "gewaltigen Ausnahmesituation" gewesen, sagte Richter Martin Kober. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.