Stephan Herbert Fuchs Sie alle sind absolute Raritäten: Herzogin Olga, Geheimrat Dr. Oldenburg oder Kaiser Wilhelm. Dabei handelt es sich weder um alten Landadel, noch um Persönlichkeiten der Zeitgesc...
Stephan Herbert Fuchs Sie alle sind absolute Raritäten: Herzogin Olga, Geheimrat Dr. Oldenburg oder Kaiser Wilhelm. Dabei handelt es sich weder um alten Landadel, noch um Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, sondern um seltene Obstsorten, die Fachleute jetzt wieder in Oberfranken entdeckt haben.
Im Rahmen eines Obstsortenprojekts wurden sie und mehrere hundert weitere seltene Sorten jetzt erfasst, kartiert, vereinzelt sogar vermehrt und ausgebracht. "Wir konnten bereits 820 Bäume aus 180 Sorten auf 120 Teilflächen in Oberfranken pflanzen", sagte Projektleiter Gerhard Bergner von der Höheren Naturschutzbehörde an der Regierung von Oberfranken, bei der Übergabe der Kartierung an Gudrun Brendel-Fischer. Die Landtagsabgeordnete aus Heinersreuth ist Bezirksvorsitzende des Verbands für Gartenbau und Landespflege.
Eine absolute Rarität ist die Kleine Pfalzgräfin, eine höchst seltene und längst vergessene Apfelsorte, die am Kirchberg von Gesees im Landkreis Bayreuth entdeckt wurde. Deutschlandweit sei bislang kein zweiter Baum bekannt, sagte Bergner. In Gesees gibt es einen kleinen Lehrpfad, der mit mehreren großformatigen Tafeln auf seltene Apfel- und Birnensorten hinweist. Die Gelbgraue Rosenbirne gehört genauso dazu wie der Gravensteiner oder der Pfaffenhofer Schmelzling. Sie alle konnten jetzt wieder in Oberfranken nachgewiesen werden.
Das 2013 gestartete Projekt ist Teil der bayerischen Biodiversitätsstrategie. Deren Ziel ist der langfristige Erhalt von gefährdeten Sorten. In jedem oberfränkischen Landkreis (mit Ausnahme von Hof) sind jeweils zwei bis drei Streuobstbestände ausgewählt und von dem Pomologen Wolfgang Subai aus Heidenheim kartiert und per GPS festgehalten worden. 7000 Apfel- und Birnenbäume aus 30 Teilflächen hat der Obstbaumkundler erfasst und darauf 285 verschiedene Sorten bestimmt.
Mehr als die Hälfte der vorhandenen Sorten habe bislang gar nicht bestimmt werden können, so Projektleiter Bergner. Mithilfe des Ökologisch-Botanischen-Gartens der Universität Bayreuth und einer Baumschule sei dann bei bislang 180 Sorten eine Vermehrung gelungen.
Ziel des Unterfangens sei der Erhalt der Vielfalt. "Ein Thema, das viele Menschen interessiert", stellte der Fachmann fest. Entsprechende Vorträge, Seminare und Exkursionen der Obst- und Gartenbauvereine seien stets ausgebucht gewesen. Zum einen solle das noch vorhandene Wissen festgehalten und weitergegeben, zum anderen der eine oder andere neue Obstkundler ausgebildet werden. Dazu sei es wichtig, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und bei den Menschen ein Verständnis dafür zu entwickeln.
"Uns geht es auch darum, ein Bewusstsein für den Wert heimischen Obstes zu schaffen", sagte Gudrun Brendel-Fischer. Es müsse nicht immer der Granny aus Neuseeland sein. Statt Obst vom anderen Ende der Welt einzufliegen, sollte der Verbraucher ruhig auch mal einen Apfel oder eine Birne aus heimischen Gefilden probieren.