Das Frauenhaus in Schweinfurt bietet betroffenen Frauen und Kindern, auch aus dem Landkreis Haßberge, seit fast 40 Jahren eine Zuflucht. Die Zahl der verfügbaren Plätze und die finanzielle Ausstattung reichen bei Weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken.
Eckehard Kiesewetter Kreis Haßberge — Sie sind oftmals die letzte Zuflucht - leider allzu oft auch eine Enttäuschung, denn sie sind fast ständig ausgebucht. So sehr, dass jede zweite Frau, die in einer akuten Gewaltsituation Unterschlupf sucht, abgewiesen werden muss. Es geht um Frauenhäuser wie das des Vereins "Frauen helfen Frauen" in Schweinfurt, der wiederum dem Paritätischen Wohlfahrtsverband angehört. Der Einzugsbereich ist der größte aller 38 Frauenhäuser in Bayern: die gesamte Region Main-Rhön mit rund 436 000 Einwohnern. Auch der Landkreis Haßberge gehört dazu, in dem häusliche Gewalt durchaus genauso verbreitet ist wie anderswo. Man tabuisiert das Problem nur allzu gerne.
Dass auch Frauen aus dem Kreis Haßberge Schutz in Schweinfurt, Bamberg oder Coburg suchen, bestätigen Polizeibeamte, ohne allerdings konkrete Zahlen nennen zu können. Allein bei der Inspektion Ebern verzeichnete man im vergangenen Jahr 19 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt. "Jeder Fall ist einer zu viel", sagt Dienstellenleiter Siegbert Weinkauf. Laut Helmut Will von der Opferhilfeorganisation Weißer Ring gibt es im Landkreis Haßberge im Schnitt 20 bis 25 Fälle häuslicher Gewalt pro Jahr.
Die Schweinfurter Einrichtung bietet zwölf Frauenplätze, so viele schreiben die staatlichen Frauenhausrichtlinien vor. Folgte man einer Empfehlung des Europarates müssten es, gemessen am Bevölkerungsproporz, rund 60 sein.
"Meistens müssen wir doppelt so viele Frauen abweisen wie wir aufnehmen können", sagt Gertrud Schätzlein (67), die gerade die Verantwortung im Frauenhaus Schweinfurt abgab. Neue Leiterin ist die Sozialpädagogin Ute Hofmann.
Im Jahr 2017, für das Gertrud Schätzlein kürzlich Zahlen vorlegte, mussten 68 Schutzsuchende abgewiesen werden. Ausgebucht! Und es fehlt am Geld, an staatlicher Unterstützung. Dabei hatte die damalige Sozialministerin Emilia Müller schon 2015 Abhilfe versprochen. Sie wurde damals aufgerüttelt durch eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg, die eklatante Defizite in Bayerns Frauenhäusern aufzeigte. Inzwischen gibt es etwas mehr Geld vom Staat für die Beratung und die Kinderbetreuung. Aber auf den Durchbruch wartet man bis heute vergebens. Wie schwer die gesundheitlichen Folgen von Gewalt und wie gravierend die Auswirkungen auf die Kinder sind, wird laut Gertrud Schätzlein heute noch unterschätzt.
"Leuteverarscherei"
"Wir hatten eigentlich gedacht, 2018 würde das Jahr der Frauenhäuser werden", sagte jüngst Dieter Sauer, Leiter des Sozialamtes am Landratsamt Haßfurt, vor dem Kreisausschuss. Seit Jahren laboriere man an einem Konzept, doch auch die Hoffnung, dass vor der Landtagswahl noch etwas passiert, sei verpufft.
Immerhin hat die heutige Sozialministerin Kerstin Schreyer mehr Geld, eine bessere Personalausstattung und ein Gewaltpräventionsprogramm angekündigt. Getan hat sich wenig, kritisiert beispielsweise Rita Stäblein. Die Grünen-Kreisrätin prangert die jahrzehntelange Unterfinanzierung der Frauenhäuser an. Sie spricht von einer Hinhaltetaktik der Regierung auf dem Rücken von Gewaltbe-troffenen und des Frauenhauses, von Endlosdiskussionen und von "Leuteverarscherei". Stäblein hofft auf eine Gesetzesinitiative und solide Finanzierung des Frauenhauses, weil es "leider dringend gebraucht wird".