Wenn man auf der Ware sitzen bleibt...

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Auf und neben seiner Ware: Wolfgang Seyfried in seinem Laden in Trossenfurt, den er jetzt mit einem Abverkauf aufgeben muss Foto: Klaus Schmitt
Auf und neben seiner Ware: Wolfgang Seyfried in seinem Laden in Trossenfurt, den er jetzt mit einem Abverkauf aufgeben muss  Foto: Klaus Schmitt

Der Elektromeister Wolfgang Seyfried gibt sein Geschäft in Trossenfurt auf. Das Internet ist schuld, dass "nichts mehr läuft". Das ist aber nicht das einzige Problem des 65-jährigen Unternehmers.

klaus schmitt

Auf den Mund gefallen ist er nicht, der Wolfgang Seyfried. Es kann durchaus passieren, dass ein Kunde Seyfrieds Laden in Trossenfurt betritt, weil er schnell mal ein paar Batterien für die Fernbedienung seines Fernsehgeräts braucht. Heraus kommt der Kunde mit einem neuen Fernseher.
Zugegeben: Das klingt ein bisschen nach Klischee. Stimmt. Ein Funken Wahrheit, vielleicht sogar mehr als ein Funken ist aber dabei. Wer den 65-jährigen Wolfgang Seyfried kennt, der weiß, dass der Unternehmer in einem Kundengespräch zu überzeugen weiß.
Aber seit einigen Jahren klappt selbst das nicht mehr. Seyfried gibt seinen Elektroladen in der Raiffeisenstraße in Trossenfurt auf. Er sieht "keine Zukunft" mehr für ein Geschäft dieser Größenordnung. Er wird, ja er muss zumachen, "weil nichts mehr läuft".
Auf 270 Quadratmetern verkauft er alles, was irgendwie mit Strom zu tun hat. Weiße Ware (Waschmaschinen, Kühlschränke) ebenso wie braune Ware (Unterhaltungselektronik). Eine Spezialisierung, wie sie andere Geschäfte längst eingeleitet und umgesetzt haben, ist für Wolfgang Seyfried ein Fremdwort. Hier bekommt man alles.
Der 65-Jährige führt einen Tante-Emma-Elektroladen. Die Preise stehen noch handgeschrieben auf kleinen Papierzettelchen an den Warenregalen.
Konkurrenz hatte Seyfried schon immer. Vor Jahren kamen die großen, bundes- und europaweit agierenden Elektronikmärkte dazu. Aber die seien nicht das Problem, meint er. Das Problem für ein Unternehmen wie das von Seyfried, das in den vergangenen 40 Jahren seines Bestehens durchschnittlich immer aus sechs Mitarbeitern bestand und heute nur noch aus ihm und einer 450-Euro-Kraft, ist das Internet. Das ist die Konkurrenz, die Geschäften wie dem von Wolfgang Seyfried das Leben sehr schwer macht. "Der ausschlaggebende Punkt ist das Internet", fasst der 65-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung zusammen. Besonders ärgerlich: Immer öfter kommt es vor, sagt der Unternehmer, dass sich Kunden bei ihm beraten lassen. Und kaufen werden sie das empfohlene Gerät dann über das Internet.
Hans-Georg Häfner, Kreishandwerksmeister und selbst Unternehmer in der Elektrobranche im nahen Eltmann, bestätigt diesen Trend: Kunden informieren sich beim Fachmann und kaufen dann im Internet. "Das ist die Zeit", sagt Häfner bitter und macht eine Rechnung auf, die verdeutlicht, wie sich kleine Händler heute schwertun. Während früher Geschäfte in der Größenordnung Seyfrieds etwa 20 bis 30 Waschmaschinen oder ähnliche Großgeräte im Jahr veräußert haben, seien es heute null, schildert der Kreishandwerksmeister.


Die Lebensleistung

Dazu kommt für Wolfgang Seyfried ein weiteres Problem. Die "guten Kunden" werden immer weniger. Damit meint er vor allem die ältere Generation, die bei ihm eingekauft hat. Dieser Kreis stattet seine Wohnungen im Alter nicht mehr mit neuen Geräten aus - oder stirbt einfach weg.
Um ein Geschäft am Leben zu erhalten, zählt auch die Lebensleistung wenig. Vor 40 Jahren hat Wolfgang Seyfried seinen Meister gemacht. Er baute sein Gewerbe mit Elektroinstallationsarbeiten und Geschäften zunächst in Fürnbach und im ehemaligen Raiffeisenlager in Trossenfurt sowie später in Kirchaich auf. Etwa 30 Lehrlinge hat er in dieser Zeit ausgebildet.
Trossenfurt muss er jetzt schließen, Fürnbach läuft als Lager und Kirchaich als kleines Geschäft weiter. In Trossenfurt versucht er, die Waren in einem Abverkauf mit satten Rabatten loszuwerden. Dann soll auch das Gebäude verkauft werden. Wie lange der Abverkauf laufen wird, weiß er noch nicht. Eines weiß er aber jetzt schon. Dass er sein Geschäft in Trossenfurt abwickeln muss, "das schafft mich".
Bleibt eine Frage beim Blick in den Laden mit den handgeschriebenen Preisschildern: Wäre es nicht sinnvoll gewesen, in der Vergangenheit zu modernisieren, um am Markt zu bestehen? Seyfried schüttelt den Kopf: "Ich bin froh, dass ich das nicht gemacht habe. Dann hätte ich jetzt noch mehr Inventar."